Mit Sudoku und Beratung an die Börse. Leonie Reuter
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Название: Mit Sudoku und Beratung an die Börse

Автор: Leonie Reuter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783847620174

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СКАЧАТЬ Gutachten. Daraus resultierten viele nützliche Erkenntnisse, die in mehr oder auch manchmal weniger professionelle Präsentationen verpackt wurden. Das gesamte Geschehen wurde von den äußerst engagierten Beratern gelenkt, die sich sehr bemühten, auch ihre Geschäftskontakte von diesem großen Vorhaben profitieren zu lassen. Alles geschah selbstverständlich, um die gesamte Verwaltung entsprechend zu erneuern und umzustrukturieren oder wie es im Beraterdenglisch hieß, „zu changen“.

      Die meisten Bediensteten der Außenverwaltung, die durch die Befragungen der Beraterfirmen zumeist erstmalig in Kontakt mit Beratern kamen, hatten zunächst Berührungsängste und taten sich teilweise ein wenig schwer im Umgang mit den weltmännischen Geschäftsleuten.

      Im weltoffenen Ministerium sah man die Angelegenheit hingegen vollkommen anders und versuchte sich innerhalb von drei Jahren völlig flexibel dem neuen Vokabular anzupassen. Schnell gab es keine Beratungen mehr, sondern nur noch meetings. Wenn dieses meeting das erste seiner Art war, sprach man von kick off meeting, bei dem kein hand out fehlen durfte, damit der workload stimmte.

      Die Referatsleiter im Ministerium übertrafen sich gegenseitig beim Praktizieren des neuen Wortschatzes und stellten damit wieder einmal mehr unter Beweis, dass doch tatsächlich im Ministerium die tüchtigen und lernfähigen Beamten eingesetzt waren, die sich erheblich von der Außenverwaltung abhoben. „Aber auch denen da draußen werden wir noch beibringen, was ein hand out ist“, erklärte der Staatssekretär persönlich in einer lockeren Mittagstischrunde in der ministeriellen Kantine. Stolz erwähnte der Staatssekretär bei jeder passenden Gelegenheit, dass selbst seine Vorzimmerdame Frau Büchner sehr schnell begriffen hätte, was eine cashcow sei.

      „Schließlich sind ja selbst die Vorzimmerdamen im Ministerium mit außergewöhnlichen Sprachtalenten gesegnet. Was man von der Außenverwaltung ja nun leider wirklich nicht sagen kann“, ließ der Staatssekretär im Kreise seiner Vertrauten mit dem Unterton des Bedauerns verlauten, während er mit einem energischen Schnitt sein Rinderfilet vor sich auf dem Teller zerlegte.

      In der ignoranten Liegenschaftsverwaltung lachte man doch tatsächlich zunächst über die geplante Umstrukturierung. Insbesondere die vielen englischen Begriffe waren Gegenstand von Hohn und Spott. Und wenn kein „Ministerieller“, wie die Außenverwaltung die Damen und Herren im Ministerium bezeichnete, in der Nähe war, wurden gerne ein paar flotte Sprüche und Witze über das Immobilienunternehmen mit den Käschkaus gemacht. Immer mehr Angestellte fingen – möglicherweise aus Unsicherheit – an, Witze über Berater zu erzählen. So machte ungefähr ein halbes Jahr nach der genialen Idee des Staatssekretärs in der Außenverwaltung dieser Witz die Runde:

      Ein Berater, der mit allen Attributen seiner Zunft ausgestattet ist (Audi TT, Rolex, GPS System usw.) hält mit seinem Audi TT eines Tages in der Lüneburger Heide neben einer Schafherde und sagt zu dem Schäfer: „Wenn ich Ihnen sage, wie viele Schafe Sie haben, bekomme ich dann ein Schaf?“ Der Schäfer sagt zu und der Berater holt sein Notebook, sein JPS und rechnet und schreibt und rechnet noch einmal. Nach einer ganzen Zeit sagt er: „478 – Sie haben 478 Schafe.“ „Richtig“, sagt der Schäfer. Der Berater nimmt sich ein Tier und will wieder in den Audi steigen.

      Da sagt der Schäfer: „Wenn ich Ihnen sage, welchen Beruf Sie haben, bekomme ich dann mein Tier zurück?“ „Selbstverständlich“, sagt der Berater. Ohne zu zögern sagt der Schäfer: „Sie sind Berater“. „Richtig, aber wie haben Sie das so schnell heraus bekommen?“ fragt der Berater verblüfft. „Ganz einfach“, sagt der Schäfer. „Sie sind gekommen, obwohl Sie keiner gerufen hat. Sie haben mir etwas gesagt, was ich ohnehin schon weiß. Und nun geben Sie mir bitte meinen Hund zurück.“

      Als der Staatssekretar aufmerksam gemacht durch seinen Unterabteilungsleiter, im Ministerium diesen Witz im Intranet lesen musste, war seine Toleranz gegenüber der Außenverwaltung - zumindest für diesen Tag - am Ende. Unverzüglich wurde der IT Experte angewiesen, in „seinem“ Intranet für Ordnung zu sorgen. Weiterhin wurde ein Berater damit beauftragt, ein Kommunikationskonzept für einen besseren Umgang zwischen Bediensteten und externen Beratern zu erstellen. Als er alle Weisungen des Staatssekretärs in dieser Angelegenheit ausgeführt hatte, eilte der Unterabteilungsleiter an das Telefon, um den Witz seinem Freund im Verteidigungsministerium zu erzählen.

      Nachdem sehr viel Schweiß und auch nicht unerhebliche Summen Geld in die Vorbereitungen geflossen und daneben auch einige Monate in das Land gegangen waren, brauchte das Kind, wie der Staatssekretär sein Projekt liebevoll nannte, nun langsam einen Namen. In einer großen Konferenz auf dem Petersberg wurde mit Führungskräften der Außenverwaltung, die genau genommen aus fünf durch das Ministerium ausgewählte Behördenleiter bestanden, darüber diskutiert, was man juristisch gesehen, denn nun genau erschaffen solle.

      Vom Ministerium waren von allen beteiligten Abteilungen Vertreter angereist, so dass ungefähr 87 Personen aus dem Ministerium anwesend waren. Nicht zu vergessen die 23 Berater. Zwei Tage wurde darum gerungen, ob nun eine Bundesgesellschaft, eine Kommanditgesellschaft, eine Aktiengesellschaft oder vielleicht doch ein kommunaler Betrieb entstehen sollte. Im Ergebnis der anstrengenden Sitzung gingen fünf Berater vor Freude strahlend nach Hause, da sie einen Auftrag für ein Gutachten zur Bewertung der Sach- und Rechtslage erhalten hatten.

      Das Gutachten sollte noch in jenem Jahr erstellt werden und alle wesentlichen Entscheidungskriterien für das Ministerium behandeln. Leider stellte sich heraus, dass ein Gutachten nicht reichte und weitere Folgegutachten notwendig wurden. Dafür mussten in einem aufwendigen Haushaltsverfahren jedoch erst einmal neue Finanzmittel bereitgestellt werden.

      Nach einem weiteren halben Jahr entschied sich der Staatssekretär, der langsam die Geduld verlor, in einer einsamen Nacht- und Nebelaktion für die Rechtsform der GmbH. „Eine GmbH ist immer gut,“ ließ er im Kreise seiner Mitarbeiter verlauten, „denn dann muss im Notfall keiner haften. Ja, ich denke eben an alles“, fügte er triumphierend hinzu. Leider fiel dem Abteilungsleiter der Steuerabteilung, dem die Entscheidung zur Mitzeichnung vorlag, genau eine Woche später auf, dass bei dieser Rechtsform nicht unerhebliche Summen an Steuern an den Fiskus zu zahlen wären.

      Das teilte er in einem vertraulichen Gespräch dem Minister und dem Staatssekretär mit. Gegen neue sprudelnde Steuereinnahmen hatten die Vertreter des Staates zwar grundsätzlich überhaupt keine Einwendungen; diese Einnahmen aber selber zu finanzieren, war dann vielleicht doch nicht der richtige Weg, um mit der Sanierung des Staatshaushaltes zu beginnen. So wurde die Idee der GmbH Lösung still und einvernehmlich im Zimmer des Finanzministers für immer begraben.

      Es blieb nichts anderes übrig, als noch einmal alle Arbeitsgruppen neu ein zu berufen. Alle bisherigen Überlegungen wurden intensiv überdacht und viele neue Aspekte beleuchtet. Der Staatssekretär musste sich derweil wieder mit lästigen steuerlichen Fragen zu Außenhandelsabkommen und Umorganisationen der Zollverwaltung beschäftigen. Zudem standen Wahlen im Lande an, die die politischen Verhältnisse änderten.

      So verlor der Staatssekretär sein Lieblingsprojekt, das Immobilienunternehmen zwangsläufig ein wenig aus den Augen. Nach der Wahl wurden wie es so die allgemeine Übung war, viele Führungskräfte im Ministerium ausgetauscht. Da der Staatssekretär bislang jedoch weder positiv noch unangenehm aufgefallen war und auch niemand wusste, wo man ihn ansonsten hätte in seinen letzten verbleibenden Dienstjahren unterbringen könnte, überlebte er als einzige Spitzenkraft die Wahl in seinem Amt.

      Durch den neuen Finanzminister und die vielen neuen Ministerialdirigenten gab es nun nochmals vollkommen neue Überlegungen für die Umstrukturierung der Immobilienverwaltung, denn letztlich sollten ja auch parteipolitische Überlegungen bei diesem innovativen Projekt nicht vollkommen unberücksichtigt bleiben.

      Dem Staatssekretär, der sich mit seinen engsten Mitarbeitern in seiner Position gehalten hatte, und der nach Monaten wieder mit seiner Idee konfrontiert wurde, war das Thema mit dieser neuen politischen Richtung jedoch mittlerweile fast ein wenig lästig. Im СКАЧАТЬ