Sichelland. Christine Boy
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Название: Sichelland

Автор: Christine Boy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844242553

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СКАЧАТЬ weiß, könnte genau diese Information durch Folter von den Hantua herausgepresst werden! Außerdem hätten wir bald ein Gefolge von mehreren hundert - wenn nicht tausend Mann! So gewinnen wir keinen Krieg! Also hör auf zu nörgeln, Sham! Niemand hat gesagt, dass es einfach werden würde, aber....“

      „Aber du bist ein Cas, wie alle hier.“ unterbrach Lennys Rahor. „Du hast die Fähigkeit, für die Blicke anderer unauffindbar zu bleiben. Und es ist möglich. Du wirst es sehen.“

      Damit war die Diskussion beendet und Sham verbeugte sich ergeben. Er wusste ja, dass Lennys und Rahor recht hatten. Nur wie so oft war auch diesmal sein Temperament mit ihm durchgegangen. Er war dünnhäutig geworden in den letzten Tagen. Nicht, wegen des Krieges, sondern weil er sich Sorgen machte. Um seine Herrin, die mit den Gedanken oft woanders war. Um seine Gefährten, die von Log in Manatara gefangen gehalten wurden. Und um Sara, die plötzlich weggelaufen war. Es fiel ihm schwer, jetzt geduldig und besonnen zu handeln und doch musste er es. Selbst sein bester Freund Rahor war nicht mehr so beherrscht wie sonst, das hatte er ja gerade am eigenen Leib erfahren. Früher, da wäre es der Oberste Cas gewesen, der ihn, den Jüngsten in der Runde, die Ruhe und Überzeugung vermittelt hätte, an der es ihm jetzt fehlte. Aber der Krieg veränderte die Menschen, auch die Cycala. Sham-Yu spürte, dass er nicht immer auf den großen Freund hoffen konnte, sondern dass er selbst lernen musste, mit seinen Problemen umzugehen.

      Er sah nach Süden. Vor ihm türmten sich die Berge Valahirs auf. Noch befanden sie sich in einer Felslandschaft, in der sie die Pferde gut antreiben konnten, denn Hindernisse waren weithin sichtbar. Bald schon würde sich das ändern. Vielleicht noch eine Stunde, dann mussten sie absteigen und die Pferde an den Zügeln über unwegsame Stellen und schmale Grate führen.

      Die Schwierigkeit an dieser Strecke lag nicht in den steilen Aufstiegen oder engen Pässen, sondern in den endlosen Abgründen, die links und rechts zu klaffen pflegten. Auch hier gab es kaum Lagerplätze und noch weniger Unterschlupf vor neugierigen Blicken, sie konnten immer nur weiterwandern, bis sie schließlich den Bogen erreichten – einen kurzen, breiten Tunnel, der geradewegs durch ein Felsmassiv auf ein Hochplateau führte. Von dort aus mussten sie einen schmalen Pfad hinabsteigen – mit den Pferden beinahe unmöglich zu bewältigen. Wie die Erfahrung zeigte, aber eben nur beinahe. Und dann dauerte es nicht mehr lang und der für die Sichelländer unangenehmste Abschnitt wartete auf sie. Und mit ihm die Ursache dafür, dass keiner sich darum riss, den Ostbogen zu durchqueren.

      Noch war dieser Ort weit entfernt. Es war Abend geworden, aber in dieser Nacht würde der Vollmond genug Licht spenden, dass sie auch die gefährlichen Stellen gut passieren konnten. Vor morgen Mittag würden sie aber den Bogen kaum durchqueren.

      Als es schließlich dunkel wurde, musste Sham-Yu zugeben, dass ihr Unterfangen vielleicht doch nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Kaum jemand wagte es, bei Nacht durch diese Gegend zu reisen – schon gar nicht mit zehn Pferden im Schlepptau. Die berittenen Sichelländer waren allesamt nach Westen gezogen, die südlichsten Fußtruppen aus Askaryan aber waren noch nicht weiter als bis zum Fuß der Berge vorgedrungen. Und diese hatten sie längst überholt. Sie waren wieder allein im Gebirge.

      Von Osten her kamen Horem und Karuu zwischen einigen Felsen hervor. Ihre Gesichter waren ernst und sie machten gar nicht erst Anstalten, Rahor Bericht zu erstatten, sondern hielten direkt auf eine nicht weit entfernte Wasserstelle zu, wo Lennys auf sie wartete. Schnell beeilten sich die anderen Cas, ihnen nachzukommen, niemand wollte ihre Meldung verpassen.

      „...größere Gruppe.“ hörte Sham-Yu Horem gerade sagen, als er zu ihnen stieß. „Ich denke, mindestens zwanzig. Und eine ebenso große wohl noch einige Tage früher. Die Spuren sind nicht mehr frisch, aber unverkennbar.“

      „Das ist merkwürdig. Warum sollten die Hantua die Strapazen der Berge auf sich nehmen? Von Zrundir aus ist der einfachste Weg nach Süden der durch die Valaschlucht. Sie haben gar keinen Grund, den Ostbogen zu wählen.“

      „Was war das eben?“ fragte Rahor, der ebenfalls die ersten Sätze versäumt hatte. „Hantua? Hier? Seid ihr sicher?“

      Horem nickte.

      „Ja, aber es ist, wie gesagt, schon drei oder vier Tage her. Neuere Spuren konnten wir nicht entdecken. Es scheint, als hätte Zrundir mehrere Verbände über Valahir geschickt. Die Hantua sind nicht so gut zu Fuß und das Gelände hier liegt ihnen nicht. Sie kommen sicher nur langsam voran. Wir müssen damit rechnen, dass wir ihnen spätestens in den Sümpfen begegnen.“

      Die Singenden Sümpfe.

      Sham-Yu dachte nicht gerne daran. Eben jene Gegend, die viele Cycala dazu brachte, sich lieber an den Westbogen zu halten. Niemand war gerne dort. Er hatte von dem Gerücht gehört, dass der Schmied Akosh seine Sichel und seinen Kelch dort versteckt hatte, als die lange Zeit des Durstes eingeläutet worden war. Er hatte damals, wie auch Lennys und alle anderen Batí, dem Bluttrinken abgeschworen, um zu verhindern, dass der Krieg aus purem Begehren weitergeführt wurde. Doch anders als die Shaj hatte er damals auch dem Kampf entsagt und die beiden heiligen Gegenstände dort verborgen, wo er aus freien Stücken wohl niemals hingehen würde. Ähnliches hatte Lennys mit ihrem Kelch getan. Er war in einer Höhle nahe des Nebeltempels gelegen. Diese Geschichte wiederum kannten nur wenige. Damals, als die Kämpfe schon vorüber gewesen und sich noch zahlreiche Sichelländer im Süden verborgen hatten – verletzt und nicht mehr fähig, die weite Reise in ihre Heimat anzutreten - , damals als Urgul von Angengund, den man jetzt als Menrir von Ontur kannte, sich um das cycalanische Volk verdient gemacht hatte, weil er viele von ihnen beherbergt, versorgt und gepflegt hatte – damals war Lennys nicht mit ihnen gekommen. Sie war weit gegangen, von Gahl durch die Singenden Sümpfe, wo Akosh zurückblieb, bis hin zum Nebeltempel im Osten. Niemand wusste, warum. Und dort hatte sie dann den Kelch versteckt, in einer Höhle. Man sagte, sie wäre nicht allein gewesen, die Hantua hätten sie auch dort noch verfolgt und sie habe sie alle geschlagen. Ein letztes Mal habe sie das Blut getrunken und dann, mit noch feuchten Lippen, den silbernen Kelch von sich gegeben. Dem Tode näher als dem Leben habe sie sich dann wieder aufgemacht, quer durchs Gebirge bis hin zum Ostbogen – einen Weg, von dem niemand je zuvor gewusst hatte, dass es ihn gab – und schließlich hatte sie Askaryan erreicht. Es war der Moment gewesen, in dem niemand mehr daran gezweifelt hatte, dass sie eine der größten Herrscherinnen aller Zeiten sein würde.

      Doch dann kehrten Sham-Yus Gedanken zurück zu dem, was ihn an die alte Geschichte erinnert hatte.

      Die Sümpfe.

      Morast. Stickige, dunstige Luft, die ihm Sommer so heiß war, dass einem der Atem stockte und die ihm Winter zu klirren schien. Aber selbst bei eisigen Temperaturen gefror der Boden nicht, denn die Wärme, die das verrottende Unterholz und die fauligen Pflanzen absonderten, reichte aus, um weiterhin unvorsichtige Wanderer versinken zu lassen. Es roch nach Dung und Moder, allerlei Getier bevölkerte Luft und Erde, krabbelte in die Kleidung und plagte einen jeden, der dumm genug war, sich dort hindurchzuwagen. Zugegeben, zu dieser kalten Jahreszeit war es weniger unangenehm, die Sümpfe zu besuchen als in der Sommerhitze, ein Vergnügen blieb es aber dennoch nicht. Er hoffte, dass sie dort nicht länger als unbedingt nötig bleiben würden. Die Aussicht, ausgerechnet dort der ersten Hantua-Abordnung zu begegnen war alles andere als angenehm, denn dadurch würde sich ihre Reise durch die unbeliebte Gegend nur noch weiter verzögern.

      Die meisten Cas hingen wie Sham-Yu ihren eigenen, gar nicht so unterschiedlichen Gedanken nach. Sie sprachen wenig miteinander, und wenn sie es taten, dann redeten sie über unverfängliche Themen wie das Wetter, den Weg oder die spärlichen Mahlzeiten, die sie sich dann und wann gönnten. Eine längere Pause war allzu bald noch nicht in Sicht. Die Mondpferde brauchten wenig Schlaf, nur Wasser musste man ihnen regelmäßig bieten.

      Sham-Yu schätzte, dass der eigentliche Ostbogen noch ein paar Stunden entfernt war, fünf oder sechs vielleicht. Es war lange СКАЧАТЬ