ATTENTI AL CANE! - e al padrone. T. F. Wilfried
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Название: ATTENTI AL CANE! - e al padrone

Автор: T. F. Wilfried

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741827426

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СКАЧАТЬ sorgte.

      Solche und unzählige andere Einflussgrößen wären notiert worden, um ein Muster zu erhalten, an dem man sich orientieren konnte. Derartige Orientierungsmuster bedeuteten Kurt sehr viel. Und als ehemaliger Mathematikstudent besaß er das nötige Rüstzeug, die Welt zu vermessen.

      In seinem Logbuch war alles aufgezeichnet. Genützt hat es ihm dennoch nichts. Zu leicht verlor Kurt seine Orientierung. Weshalb er letztlich in einer Werkstatt für Behinderte gelandet war.

      Zudem litt Kurt an Kontrollzwängen. Es konnte vorkommen, dass er Tom-Tom noch nach Feierabend mehrmals anrief, um sich zu vergewissern, dass er den Wasserhahn in der Umkleidekabine wieder zugedreht hatte, den er insbesondere in Krisenzeiten arg strapazierte. Denn unter Waschzwang litt Kurt ebenfalls.

      Kurt entschuldigte sich für jeden Anruf. Er wusste, dass er den Wasserhahn zugedreht hatte. Kontrolliert hatte er natürlich auch. Vermutlich mehrmals.

      Wie auch immer. Tom-Tom hätte sich für seine unüberlegte Anmache wirklich ohrfeigen können. Er hätte Kurt niemals auf Schneckensuche geschickt. Aufgabenstellungen ohne konkret planbare Abläufe bargen zu viele Gefahren. Dann verlor sich Kurt in der Welt. Es war nicht nur unprofessionell. Es war regelrecht eine persönliche Schikane an Kurt gewesen. Für Dinge, die Kurt gar nicht beeinflussen konnte. Darum war er ja bei ihnen in der Werkstatt gelandet.

      Kurt hatte es nie leicht gehabt. Er kam aus einer Familie, die ziemlich ab vom Weg war. Kurts Vater hatte sich bei erstbester Gelegenheit von der Ruhrtalbrücke zwischen Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig gestürzt. Tom-Tom konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, dass diese Wahl immer noch besser gewesen war, als sich mit Kurts Mutter jedes Wochenende die Rudi Carell Show ansehen zu müssen.

      Tom-Toms erste Begegnung mit Kurts Mutter sollte eine einzige Katastrophe bleiben. Nervös nestelte diese zunächst an der Tischdecke, dann an den Servietten und fiel ihm bei mindestens jedem zweiten Satz ins Wort. Kurt, du arme Sau, hätte er schreien mögen. Doch wer hätte es hören wollen?

      Immerhin hatte Kurts Vater der Familie ein abbezahltes Einfamilienhaus hinterlassen.

      Dazu eine stolze Betriebsrente und eine unanfechtbar fällige Lebensversicherungs-Police. Denn der Risikovorbehalt war pünktlich vor Suizid abgelaufen. Auch Kurts Vater überließ die Dinge nicht gern dem Zufall.

      Er hatte sich exakt am Folgetag des ersten Jahres seit Abschluss von der Brücke gestürzt. Die Versicherung muckte zwar eine Zeitlang. Konnte die Auszahlung aber nicht verhindern. Zusammen mit einem kleinen Aktienpaket und Grundstücken im Norden Deutschlands, die Kurts Vater von einer alleinstehenden Tante geerbt hatte, war die Familie im herkömmlichen Sinne unabhängig. Man hätte auch sagen können: wohlhabend.

      Was aber nichts am bescheidenen Lebensstil änderte. Kurt benötigte nicht viel. Und seine Mutter war von Statur klein, in ihrer Geisteshaltung kleinlich und hielt auch ihre Ausgaben auf kleinster Flamme. Mit anderen Worten: Sie war geizig wie ein Schotte und ein Schwabe zusammen.

      Tom-Tom hatte damals nicht wirklich verstanden, was Kurt damit meinte, als dieser ihm en passant sagte: »Herr Tom-Tom. Wenn Sie einmal eine Überschwemmung im Keller haben. Stellen Sie die Möbel auf Erasco-Konserven. Das sind die besten. Die halten mindesten fünfzehn Jahre. Alle anderen Sorten, die wir ausprobiert haben, waren spätestens nach acht Jahren hinüber.«

      Als Tom-Tom dann das erste Mal bei Kurt im Keller stand, wusste er sofort, was Kurt gemeint hatte. Zwei Kellerräume wirkten aufgeräumt. Die Regale und Kommoden standen ordentlich in Reih und Glied. Aufgebockt auf Konservendosen. Natürlich Erasco, wie sich Tom-Tom mit bücken und in Augenschein nehmen versicherte.

      Der Rest des Kellers war weniger gut in Schuss. Kommoden, die mit zwei Regalfüßen schief im knöcheltiefen Wasser standen.

      Geborstene Konservendosen und verrostete Überreste. Den ehemaligen Inhalt mochten Ratten weggeholt haben. Da Kurts Familienbesitz in Überschwemmungsgebiet stand, hatte schon sein Vater Vorsorge getroffen und sämtliche Einrichtungsgegenstände im Keller auf tatsächlich Konservendosen gestellt. Und es waren exakt die Erasco-Konserven, welche noch als intakte Stützen dienten. Alle übrigen Konserven hatten sich bereits ergeben.

      Kurts Vater hatte peinlich genau und penibel auf jede Konservendose ein Etikett aufgeklebt, auf dem Tag des Einsatzes als Stützfuß und Kaufdatum der Konserve vermerkt waren. Die meisten Dosen hatten maximal acht, wenige neun Jahre gehalten. Kurts Geheimtipp war mittlerweile in der Tat über zwanzig Jahre im Einsatz und sah von außen betrachtet noch durchaus Vertrauen erweckend aus.

      Obwohl Tom-Tom sich nicht für einen Konservendosenexperten hielt, hatte er sich dennoch vorgenommen, dem Hersteller eine anerkennende Notiz mit Kurts gesammelten Erfahrungen zu schicken. Gemacht hatte er es dann doch nicht. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Hersteller diesen Dauertest verstehen, geschweige denn gewinnbringend verwerten könnte.

      Kurt war dem Ganzen ziemlich allein und schutzlos ausgesetzt. Seine Schwester hatte sich mit vierzehn Jahren von einem Mitglied einer durchziehenden Provinzband schwängern lassen und war mit ihm durchgebrannt. Kurt hatte ihn immer nur den Roadie genannt. In den Bittbriefen, die seine Schwester regelmäßig an die Familie schrieb, - nicht, ohne ein aktuelles Bild vom Enkelkind beizulegen - war ihr Auserwählter natürlich Bandleader mit vorübergehender Pechsträhne.

      Mal war der Arm aufgrund einer wilden Bühnenshow gebrochen. Für einen Leadgitarristen durchaus ein Handicap.

      Mal hatte die Stimme nach unendlichen Zugaben versagt. Stimmband-Entzündung. In der Version war er dann wohl der Leadsänger der aufstrebenden Nachwuchsband.

      Für Kurt blieb er der Roadie, welcher nur aus Versehen nicht bei der Schaustellertruppe am Riesenrad als Mitreisender gelandet war. Seine Mutter schickte dennoch immer wieder Geld. Wenn auch nie die geforderten Beträge.

      In dieser Familie kannte aber jedes Mitglied die Spielregeln. Daher war Kurt sich sicher: Seine Schwester hatte bei ihren Angaben einen ordentlichen Aufschlag sicherheitshalber gleich eingerechnet.

      Damit war es an Kurt, sich um seine Mutter zu kümmern. Die sah das natürlich genau umgekehrt. Zumal Kurt ja zwischenzeitlich in einer Behindertenwerkstatt gelandet und damit ausgewiesen nicht selbständig lebensfähig war. Doch letztlich bildeten Kurt und seine Mutter eine unselige Symbiose, die anscheinend nur der Tod aufzulösen vermochte. Und genau so sollte es auch kommen.

      Kurt hatte zwar sein Abitur noch mit exzellenten Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern abschließen können.

      Doch bereits zu der Zeit - sein Vater war kurz zuvor in den Suizid gegangen - hätte man sehen können, dass die Dinge keineswegs normal liefen. Entsprechend hatte Kurt sein Mathematikstudium im dritten Semester abbrechen müssen. Diese Semester verkürzten ihm dann zwar seine Elektroniker-Lehre. Doch auch das nur zu dem Ergebnis, bei Woolworth als Substitut vorübergehend eine kleine Elektroabteilung leiten zu dürfen.

      Der ganze Kram aus Fernost in billigem Plastiklook und albernen Farben bereitete Kurt körperliche Schmerzen. Also tat er, was er in Krisenzeiten immer tat. Er schaffte sich seine eigene Welt.

      Anfangs durchaus noch interessiert an der hiesigen. So wollte er, als das Rendezvous, welches er auf eine Kontaktanzeige in der Zeitung hin in Aussicht hatte, endlich anstand, auf Nummer sicher gehen und mietete für einem Samstagabend den kompletten Bankett-Saal des Schlosses Hugenpoet in Essen-Kettwig.

      Seine СКАЧАТЬ