Название: Das Leben ist ´ne Session
Автор: Frank Gahler
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844257328
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Ich habe es immer sehr genossen, wenn die Umstände es erlaubten, dass wir mehrere Nächte hintereinander in ein und demselben Hotel verbleiben konnten. Selten genug kam das ja in unserem Vagabundenleben vor. Ab und an ergab es sich aber, wie eines Tages im Interhotel Magdeburg. Wir sollten zwei Tage direkt in der Stadt in den beiden vorhandenen Studentenclubs spielen und ein Gig fand irgendwo in der Nähe von Magdeburg statt, so dass wir eben drei Nächte in diesem Hotel bleiben konnten. Da wir wie immer die Zimmer auf den letzten Drücker buchten, gab es leider keine „normalen“ Zimmer, sondern wir mussten zwei Nächte mit zwei teureren aber sehr viel komfortableren Suiten vorlieb nehmen. Wir fanden, dass wir uns das durchaus auch mal gönnen durften, zumal damals in einer Stadt wie Magdeburg andere Hotels zu finden ein schier unmögliches Unterfangen darstellte. Hinzu kam, dass wir nun aber wirklich zur Genüge in räudigen, drittklassigen Absteigen und wenig komfortablen Studentenwohnheimen hausen mussten, was das ach so romantisch wirkende „Bluesfeeling“ zwar ins unermessliche steigern half, aber auf Dauer auch etwas ermüdend war.
Hier darf ich mal eben erwähnen, dass ich mir im Christlichen Hospiz (!) in Halle - mal abgesehen davon, dass man in diesem Hause zu nun wirklich unchristlicher Morgenstunde mittels einer Glocke zum Gebet geweckt wurde – dass ich mir also in dieser christlichen Schlafstätte tatsächlich Sackratten zugelegt hatte. Wie um alles in der Welt sollte ich dies irgendjemandem zu Hause erklären? Ohne Fremdkörperkontakt! Das glaubt dir doch keine Sau!
Ralf Mätzold, der zu dieser Zeit für uns so’n bisschen die Geschäfte gemanagt hat, besorgte mir dann aus der Apotheke so eine höllisch brennende Salbe, mit der ich mir zwei, drei mal den Sack einschmieren musste und nach einigen heißen Bädern war das leidige Thema beendet – uff!
Na jedenfalls freuten wir uns schon auf den unerwarteten Luxus im Interhotel Magdeburg. Bei der unumgänglichen Anmeldung an der Rezeption kam dann wieder mal das lächerlich neurotische Kontrollbedürfnis der DDR dergestalt zum tragen, dass mit peinlichster Genauigkeit Anmeldezettel, die genau mit den Angaben im Ausweis verglichen wurden, ausgefüllt werden mussten. An diesem Tag aber hat Linke, der alte Schussel, seine Ausweispapiere zu Hause liegen lassen. Was also tun? Wir hatten keinen Bock auf stundenlange Diskussionen mit den Mädels am Tresen, also inszenierten wir zur Ablenkung ein wohl organisiertes Durcheinander so nach der Art: „warte mal, gib mal noch mal den Zettel her – ach nee, mein Ausweis – äh die Nummer iss nich richtig, ach so HIER soll die Adresse also hin – kann ich noch mal vergleichen – wo sind wir denn hier eigentlich – sagen se mal, haben sie auch Zimmerservice...?“ Na jedenfalls gelang es uns die Tante an der Rezeption derart kirre zu machen, dass Micha ohne Ausweis aber mit einem pikobello Anmeldezettel mit Fantasieausweisnummer einbuchen konnte. Nach dieser schweißtreibenden Prozedur wir also ab zum Studentenclub.
Supermugge, obwohl zu dem Zeitpunkt schon klar war, dass dies die letzten Auftritte von Basti sein sollten. Angekratzt wie immer und mit einem Adrenalindruck, der jedem ungeübten Erdenbürger die Schädeldecke öffnet schlagen wir also spät in der Nacht in diesem wunderbaren Hotel auf. Micha Linke, Basti Baur und Kalle Jung hatten eine gemeinsame Suite. Micha und Basti war’n jedenfalls der Meinung sich nach dieser Ackerei ein schönes heißes und vor allem gemeinsames Bad gönnen zu müssen. Klar, warum nicht – also lümmelten sich beide bewaffnet mit einer weiteren Flasche Wodka in das geräumige Interhotel – Suiteplanschbecken. Nach einer Stunde Badegenuss war auch die blöde Flasche ausgenuckelt. Nutzlos geworden flog das leere Teil in hohem Bogen wie es sich für richtige Kerle gehört durch die Badeduft geschwängerte Luft und zerschellte folgerichtig auf dem gefliesten Fußboden. Als dann beide nach vollendeter Körperreinigung aus der Wanne stiegen und sich dabei aber auch nicht den Hauch einer Verletzung zuzogen wurde wieder mal auf eindrucksvolle Weise das Klischee bestätigt, dass Kindern und vor allem Besoffenen nix passiert. Merke: Willst du über Scherben laufen musst du vorher Wodka saufen!
DAS MONSTER VOM SCHILKINSEE
Ich bin das Monster vom Schilkinsee
Ich tu Euern Lebern ganz bestimmt nicht weh
Ich habe die Schwachen ganz besonders gern
Bei manchem andern brauch’ ich drei oder vier Stern’
Doch dann bin ich gut
Dann bin ich gut
Und nimmst Du mehr als drei, vier, fünf Schluck von mir
Bleib ich noch `n Weilchen bei Dir
Und bist Du mal einsam – einerlei
Mit mir im Schädel gehen Deine Sorgen vorbei
Elefanten und Mäuse kommen Dich dann besuchen
Hahahahahahahahahahahaha
Komm doch, komm doch, Du musst mich versuchen
Weil dann fühlst Du Dich gut
Dann fühlst Du Dich gut
Und nimmst Du mehr als drei, vier, fünf Schluck von mir
Bleib ich noch `n Weilchen bei Dir
Und eines Tages verlierst Du Dein Ziel
In Deiner Hose passiert auch nich’ mehr viel
Deine Hände zittern – am Morgen ist Deine Murmel schwer
Du lallst nur noch „mein Freund vom Schilkinsee muss her!“
Dann fühlst Du Dich gut
Ja dann fühlst Du Dich gut
Ich bin das Monster Vom Schilkinsee
Ich tu euern Lebern nur so’n ganz klein wenig weh
Ich habe die Schwachen ganz besonders gern
Bei manch einem andern brauch’ ich drei oder fünf Stern
Dann bin ich gut
Dann bin ich delikat
Und nimmst Du mehr als drei, vier, zehn Schluck von mir
Bleib ich noch lange bei Dir
Auf alle Fälle hatte unser Michi scheinbar noch nicht genug gefeiert. Mit lediglich einem Slip aufs spärlichste bekleidet machte sich der unternehmungslustige Knabe mit dem Fahrstuhl auf den Weg in die Hotelhalle um dort ganz speziell der Rezeption seine Aufwartung zu machen. Eben da angekommen wollte Micha un – be – dingt das dicke Gästebuch einsehen, da er noch einige trinkfeste Gäste in diesem großen Haus vermutete. Großes Glück, dass zu dieser Zeit (ca. 4.00 Uhr früh) kein Schwein mehr die Lobby bevölkerte und noch größeres Glück, dass es sich bei der anwesende Nachtschwester um eine Künstlersympathisantin mit hervorragendem Humor handelte.
Nebenbei bemerkt, möchte ich an dieser Stelle mal eben meinen größten Respekt gegenüber Micha zum Ausdruck bringen: der Bursche hat gut und gerne das doppelte dessen, was ein erwachsener Mann so an Alkohol wegzerren kann niedergemacht – verbunden mit den leider üblichen Ausfallerscheinungen wie z.B. Verlust jeglicher Sprachmotorik vor Sonnenuntergang, schwere Einschränkung des Gleichgewichtsystems sowie unerwartetem Besuch einiger Elefanten und Mäuse, und zwar offenen Auges.
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