Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben. Else Ury
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben - Else Ury страница 5

Название: Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben

Автор: Else Ury

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750297593

isbn:

СКАЧАТЬ Ein gelblichbrauner Sengfleck machte sich bereits auf dem weißen Wachstuch, das die Tischdecke ersetzte, bemerkbar.

      Erschreckt schielte Suse auf das verdorbene Wachstuch, das den Tisch bedeckte. Denn eine Tischdecke hielt Herbert für unmännlich, außerdem störte sie ihn bei seinen verschiedenen zoologischen Liebhabereien.

      »Jetzt knöpfe aber die Ohren auf, Mensch. Ich werde dir Unterricht im Rauchen geben. Sonst blamierst du mich auf der nächsten Jugendwanderung. Hier, nimm die Zigarette, lutsch nicht dran wie ein Säugling am Gummipfropfen. So – ziehen mußt du. Dampf ausstoßen – Volldampf – nicht husten – na, nun wird's ja!« Der Lehrer holte ein altes Tintenfass als Aschbecher herbei und rauchte selbst kunstgerecht seiner Schülerin die Zigarette vor.

      Hochrot im Gesicht vom Husten und von der Aufregung versuchte Suse, es dem Bruder gleichzutun. Wenn sie nun alle beide davon lungenkrank wurden! Aber es rauchten doch so viele Leute – ja Große, aber Kinder? Schließlich war man doch mit vierzehn und ein halbes Jahr noch nicht groß, wenn man es auch gern sein wollte. Mit Todesverachtung hielt Suse die Zigarette zwischen den Lippen. Abscheulich schmeckte sie, gar nicht knorke. Wenn sie sich nicht vor ihrem Zwilling geschämt hätte, würde sie das ekelhafte, brennende Ding bestimmt in den Aschbecher oder vielmehr in das Tintenfass werfen. Und dann waren auch da noch andere Augen, vor denen es Suse peinlich war, als Untersekundanerin hinter Herbert zurückzustehen. Feuchtschwarze Hundeaugen sahen mit ungeheurem Interesse den ersten Rauchversuchen von Professors Zwillingen zu. Bubi, der Köter, saß aufrecht auf den Hinterbeinen und verwandte voller Hochachtung keinen Blick von seinem jungen Herrn. Suse schielte zu den Laubfröschen, zu den Bewohnern des Aquariums und Terrariums, zu den weißen Mäusen hinüber, die alle Herberts Stubengenossen und Freunde waren. Ob die am Ende auch das Publikum für ihre erste Zigarette bildeten?

      Gottlob, das glimmende, weiße Röllchen wurde kleiner, auch wenn man nicht daran zog. Es verbrannte von selbst.

      Herbert hatte bereits seinen Zigarettenstummel kunstgerecht im Tintenfass ausgedrückt. Jetzt griff er nach der zweiten Zigarette.

      »Mensch, du rauchst ja mit sechzig Kilometer Geschwindigkeit. Halte dich dran, wenn du mit mir Schritt halten willst, Suse.« Ritsch – da brannte Zigarette Nummer zwei.

      »Herbert, um's Himmels willen, du bekommst bestimmt eine Lungenentzündung, wenn du so viel rauchst. Bitte, bitte, tu das olle Ding fort«, beschwor ihn Suse.

      »Quatsche bloß keine Opern. Ich muß Ringe durch die Nase rauchen lernen. Das muß man in der Untersekunda können.«

      Ach, du Himmel – was verlangte man nicht alles in der Untersekunda. Soweit verstieg sich Suses Ehrgeiz nicht. »Ob Paul wohl Ringe rauchen kann?« überlegte sie.

      »Unser Ferienkind Paul? Na, der ist der Richtige. Neulich hat Vater ihm mal, als er Sonntags bei uns war, eine Zigarette nach Tisch angeboten. Sicher aus Spaß. Da hat er einen roten Kopf bekommen und gedankt. Er rauche nicht.«

      »Und Vater fand das sehr verständig von ihm. Dabei ist der Paul doch schon sechzehn Jahre alt. Wenn Paul nicht raucht, brauche ich es auch nicht zu können.« Entschlossen warf Suse ihre Zigarette in den Tintenfass-Aschenbecher.

      Vier Augen sahen sie mißbilligend an: zwei schwarze Hundeaugen und zwei blaue Jungenaugen. »Wie kannst du verlangen, daß das neue Mädchen ›Sie‹ und ›Fräulein Suse‹ zu dir sagt, wenn du noch solch ein Baby bist und nicht rauchen kannst«, brummte Herbert.

      »Sie wird sich doch nicht gleich was von mir vorrauchen lassen – und, und – ach Gott, mir ist mit einem Male so eklig zumute – ganz Übel.«

      »Mensch, kannste nicht mal 'ne halbe Zigarette vertragen?« Geringschätzig blickte der unentwegt paffende Herbert auf seinen Zwilling. »Grün und gelb kariert siehste aus, Suse. Geh auf den Balkon in die frische Luft«, lachte er sie aus.

      Aber Suse kam nicht mehr so weit. Das Mittagessen, von dem ungewohnten Zigarettengenuss gehoben, ließ sich nicht länger im Magen zurückhalten. Suse erbrach es.

      »Da haben wir die Bescherung und noch dazu in meinem Zimmer. Du bist wirklich noch nicht reif für die Untersekunda«, begann der Bruder zu räsonieren.

      Suse hörte ihn gar nicht. Ihr war jämmerlich schlecht zumute. Sie wankte in ihr Zimmer, wusch sich, und legte sich auf ihr Bett. Nur nichts sehen, nichts hören.

      Ihr Zwilling kam mit seiner Zigarette Nummer zwei auch nicht bis ans Ende. Gerade als er sich anschicken wollte, Minna zu bitten, sein Zimmer zu säubern, wurde ihm mit einem Male schwarz vor den Augen. Und dann erging es ihm ähnlich wie seinem Zwilling. Bubi begleitete sein Würgen mit Gejaule.

      Als die Zwillinge nicht zum Kaffee erschienen, schüttelte die Mutter verwundert den Kopf. Unpünktlichkeit zu den Mahlzeiten war sie nicht von ihren beiden eßlustigen Sprösslingen gewöhnt. Noch dazu heute, wo der Vater der Versetzung zu Ehren Pfannkuchen zum Kaffee mitgebracht hatte.

      Ach, Professors Zwillinge konnten die Versetzungspfannkuchen heute nicht genießen. Als die Mutter hinaufkam, zu sehen, wo sie geblieben, lag eins hüben und eins drüben als halbe Leiche. In der Verbindungstür aber saß miefend der Wache haltende Bubi.

      Der Zigarettenrauch in dem Zimmer, die Bescherung auf dem Fußboden – da wußte die erfahrene Frau Bescheid. Ihre Zwillinge hatten heimlich geraucht, sie hatten ihren Tribut zollen müssen. Schadete ihnen gar nichts, den beiden, daß sie einen Denkzettel erhalten hatten.

      »Ausbruch des Vesuvs«, erklärte Herbert mit Galgenhumor, trotzdem ihm noch hundsmiserabel zumute war.

      Daß Minna mit ihrem Korb abzog, daß die neue Emma ihren Einzug hielt, machte kaum Eindruck auf die zwei. Was fragte Suse augenblicklich danach, ob man »Sie« und »Fräulein« zu ihr sagte. Gegen die Wand gerollt, lag sie da und wollte nichts sehen und nichts hören in ihrem Elend. Auch Herberts Großmannssucht hatte einen kleinen Dämpfer erhalten. Fürs erste hatten Professors Zwillinge genug vom Rauchen.

      3. Kapitel

      Der Sonntagsgast

      Am Sonntag war Paul Liedtke ein für allemal Gast bei Professors. Die ganze Woche freute er sich auf das Sternenhaus, so hieß das hübsche Landhaus des Professors der Sternenkunde allgemein in Jena. Zeigte es doch rings um das Gesims in blauem Grunde die bekanntesten Sternenbilder.

      Paul war eine Waise. Vor Jahren, als Professors Zwillinge noch in Berlin wohnten, war er mit Herbert und Suse, obgleich er älter war als sie, in der Waldschule befreundet gewesen. Später, als er nach dem Tode seiner Mutter in ein Waisenhaus kam, vergoldeten die Ferien, die der arme Junge bei Professor Winter verleben durfte, das graue Einerlei seiner schweren Kindheit.

      »Unser Ferienkind« hieß Paul im Sternenhause. Dort kehrte er regelmäßig zu Weihnachten und für die Sommerferien ein. Der Professor und seine Frau hatten den strebsamen wohlerzogenen Knaben menschenfreundlich in ihr Haus geladen, damit dem blassen Jungen, der in den engen Mauern des großstädtischen Waisenhauses aufwuchs, die notwendige Erholung zuteil wurde. Für Professors Zwillinge war das längere Zusammensein mit Paul immer ein Fest. Von Ferien zu Ferien machte man Pläne, was man alles unternehmen wollte, wenn »Paulchen« wieder kam. Die Eltern hielten das Zusammensein ihrer Kinder mit dem armen Waisenknaben für sehr wünschenswert. Es war ganz ersprießlich, daß die beiden mal sahen, wie gut sie es in treuer Elternobhut hatten, wenn ihnen auch nicht immer jeder Wunsch erfüllt wurde. Erst beim Vergleichen erkennt man, was man besitzt. Außerdem wirkte auf Herbert, der öfter etwas vorlaut war, Pauls bescheidenes, höfliches Wesen jedesmal günstig.

СКАЧАТЬ