Название: Die Herren von Telkor - Die Trollhöhle
Автор: Daniel Sigmanek
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844267891
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Im Licht der Fackel erschien an der Wand plötzlich ein Schatten, schwärzer als jedes Schwarz. Er formte sich einige Sekunden lang, ließ die bizarrsten Figuren entstehen und nahm schließlich Gestalt hunderter Libellen an. Der Kobold prallte entsetzt zurück und stieß gegen Regan. Dieser erwachte aus der Lähmung und war im Stande, sich zu bewegen. Sein Morgenstern (den er plötzlich wieder in der Hand hielt) wütete verheerend, während Allo die anderen aus ihrer Starre befreite. Tado griff nach der Fackel. Die Libellen hatten inzwischen herausgefunden, wie sie Regans Waffe ausweichen konnten, und versuchten nun, ihrerseits anzugreifen. Sie setzten sich auf seine Arme, wurden zu formlosen Schatten, die ihn bei jeder Bewegung behinderten.
Tado zündete eines der herumfliegenden Wesen an. Dieses begann, wie wild durch die stickige Luft zu gleiten und steckte den Hauptteil seiner Artgenossen an, welche tot zu Boden fielen.
Die wenigen Libellen an Regans Körper ließen von ihm ab und flatterten davon. Jedoch hatten sie dort, wo sie ihn berührten, blutende Wunden hinterlassen.
„Seht ihr jetzt, warum ich euch davon abhalten wollte, stehen zu bleiben?“, fragte Allo vorwurfsvoll, aber auch mit einer nicht zu überhörenden Spur von Triumph in der Stimme.
Sie setzten ihren Weg ohne weitere Pause fort, selbst der verwundete Regan (dessen Waffe übrigens wieder verschwunden war). Unterwegs begegneten sie einigen Labyrinthspinnen und einigen Höhlenkäfern, die Allo natürlich ordnungsgemäß einfing. Zwei weitere Stunden verstrichen.
Tado verdrängte die Erschöpfung einfach, die sich wieder in ihm ausbreiten wollte und fragte Regan etwas, das er schon lange wissen wollte: „Welcher Zauber lässt dich deine Waffe eigentlich jederzeit materialisieren?“
Der Goblin sah ihn einen Moment lang an. „Es ist interessant, dass es dir aufgefallen ist. Viele bemerken diese Art der Magie gar nicht. Es ist ein einzigartiger Zauber, der von dem Volk der Goblins entwickelt und perfektioniert wurde. Dabei handelt es sich um eine Art Bündnis, das man mit seiner Waffe eingeht. Die gesamte Zeremonie zu erläutern würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, aber nachdem dieses Ritual durchgeführt wurde, ist man in der Lage, die Waffe an jedem beliebigen Ort erscheinen und auch wieder verschwinden zu lassen. Dieser Zauber ist jedoch nur auf einen einzigen Gegenstand anwendbar, auch wenn dieser zerstört werden sollte, ist das Ritual nicht erneut durchführbar. Es gibt nur wenige Goblins, die diese Fähigkeit besitzen, und außerhalb unseres Volkes beherrscht sie niemand.“
Tado war erstaunt. So eine Fähigkeit hätte er auch gerne gehabt. Er beschloss, bei der nächsten Gelegenheit einmal zu fragen, ob nicht auch er dieses Ritual durchführen könne. Erst einmal galt es jedoch, aus diesem Labyrinth herauszukommen. Nach dem Zwischenfall mit den Libellen schritten sie nun schneller aus und kamen - Tados Gefühl nach - recht gut voran. Sie passierten unzählige Gabelungen und Kreuzungen, mal fiel der Gang sacht ab, dann stieg er wieder ein Stück an.
Eine weitere Stunde verstrich. Schließlich begannen sich Mutlosigkeit und Hunger in den fünf Wanderern auszubreiten. Gegen Letzteres konnten sie etwas unternehmen, in dem sie im Gehen Teile ihres Proviants verspeisten.
Irgendwann führte der Gang in spitzem Winkel nach rechts. Doch als sie um die Ecke bogen, blieb der Kobold, der selbstverständlich ihre Führung übernommen hatte, so abrupt stehen, dass Tado noch zwei Schritte weiterging, ehe er dies überhaupt bemerkte. Aus seinen Gedanken gerissen, blickte er sich nach dem Grund für das plötzliche Anhalten um. Der Gang sah aus wie immer: gemauert und absolut symmetrisch führte er schnurgerade weiter - und endete ungefähr zehn Schritte entfernt vor einer Wand. Sein Herz machte einen überraschten Sprung, der beinahe schon wehtat. Fassungslos blickte er das aus übereinander gestapelten Steinen bestehende Ende des Tunnels an. Sollte etwa der ganze Weg bis hierher umsonst gewesen sein?
Er war der Verzweiflung nahe. Sekunden der Fassungslosigkeit verstrichen. Mit einem wütenden Aufschrei warf er sich gegen die Wand. Der Aufprall war nicht so hart, wie er befürchtet hatte. Sondern härter. Er glitt einfach durch die Wand hindurch und flog auf der anderen Seite ungebremst und völlig überrascht auf spiegelglatten Boden. Die Tatsache, dass er sich nicht mehr auf dem gewohnten Fels befand, ignorierte er im Moment einfach und sah zu der Wand, durch die er eben hindurchgerauscht war. Eine Hand tauchte wie aus dem Nichts auf, wurde zum Arm und schließlich trat Spiffi vollends durch die Mauer. Kaher und Regan folgten ihm. Nach kurzem Zögern erschien auch Allo.
„Mir scheint, etwas trübt meine Sinne oder sind wir eben tatsächlich durch eine Mauer gegangen?“, fragte der Goblinkönig mehr zu sich selbst.
„Ich denke schon“, antwortete der Kobold, „Allerdings konnte ich mich nicht erinnern, jemals zuvor an diese Stelle gekommen zu sein“
Tados Schulter schmerzte vom Aufprall, als hätte er sich damit in glühende Kohlen gelegt. Trotzdem sah er sich um. Der Gang, indem sie sich jetzt befanden, besaß die gleichen gemauerten Wände wie der Rest des Labyrinths. Der Boden aber war mit faustgroßen, blankpolierten, bunten Steinen gepflastert, glatt und absolut ebenmäßig. Der Anblick versetzte Tado in Staunen. Auf eine Frage an Allo, was das für Steine seien, antwortete er nur mit: „Ich glaube, ihr nennt es Edelsteine.“ Kaher, der den Satz mitbekommen hatte, wurde nun hellhörig: „Wenn das wirklich alles Edelsteine sind, dann liegen hier unvorstellbare Werte einfach so herum!“ Fast ein bisschen wehmütig betrachtete er das glitzernde Pflaster.
„Und was nützen euch diese Steine?“, fragte Allo schließlich. Kaher war so perplex über die Frage, dass er ihn nur verständnislos ansah. Der Kobold fuhr fort: „Ich meine, sie haben doch keinen praktischen Nutzen.“
„Aber bei uns werden sie auch als Zahlungsmittel benutzt, und mit dieser Menge“, er machte eine weit ausholende Geste und schlug Spiffi dabei gegen die Nase, „hätten Generationen ausgesorgt.“
Der Kobold teilte die Euphorie des Goblinkönigs offensichtlich nicht im Geringsten, denn er schüttelte nur den Kopf und ging weiter. Nach kurzem Zögern folgten ihm die anderen. Der Gang schien sich endlos weit dahinzuziehen. Ihre Schritte schlugen unheimliche Echos aus dem Pflaster, die weit in den Gang hineinhallten.
Nach einer halben Stunde Fußmarsch kamen sie an einen aus gläsernen Steinen gemauerten Brunnen. Darin befand sich trotz des roten Scheins der Fackel hellblau schimmerndes Wasser. Tado schöpfte eine handvoll und trank. Die Schmerzen in der Schulter verschwanden urplötzlich und einige kleine Schrammen, die er sich bei seiner Stolpertour durch die Wand zugezogen hatte, schlossen sich vor seinen Augen.
„Das muss Wasser von der Quelle des Lebens sein!“, rief Regan aufgeregt. Allo nickte nur: „Vor langer Zeit legten einige Kobolde, Vorfahren meines Volkes, diese Stätte hier tief im Innern des Labyrinths an. Ich hielt es immer für eine Legende.“
Während Kaher immer noch fasziniert den Boden betrachtete, holte Spiffi seine mittlerweile leere Wasserflasche aus dem Rucksack und tauchte sie in das Wasser. Sie blieb leer.
„Ich sagte euch doch, dass man das Wasser nur mit besonderen Gefäßen transportieren kann“, erwiderte Kaher daraufhin.
„So etwas wie das hier vielleicht?“, fragte Regan, der einmal um den Brunnen herumgelaufen war und mit einer Vielzahl von Behältern aus einem Tado unbekannten Material in den Armen wiederkam. Nachdem der Goblin alles abgestellt hatte, nahm er sich eines der flaschenförmigen Objekte und tauchte es in das Wasser. Diesmal blieb es nicht leer, sondern füllte sich bis oben hin. Regan schloss den Behälter mit einer Art Korken. Tado und die anderen taten es ihm gleich. Mit diesem Wasser würde es eine Leichtigkeit sein, stundenlang unermüdlich durch endlose Gänge zu marschieren, ohne je pausieren zu müssen.
Eine ganze Weile besahen sie sich noch den Brunnen und den СКАЧАТЬ