Schnee von gestern ...und vorgestern. Günther Klößinger
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Название: Schnee von gestern ...und vorgestern

Автор: Günther Klößinger

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783737520829

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СКАЧАТЬ Sie in der Zwischenzeit vielleicht etwas ausgiebiger speisen? Unsere Tageskarte sieht Coq au vin vor!“

      „Ich glaube, wir auch!“, sagte Prancock, nachdem er Ilkas zustimmendes Nicken registriert hatte.

      Der Portier bedankte sich und verschwand mit einer kurzen Verbeugung in die Küche.

      „Das war’s jetzt aber endgültig mit dem Stress“, stellte Ilka mit erleichtertem Seufzen fest, „nun ist aber wirklich Urlaub!“

      Jeannie sah sich um: Die Ordnung in ihrem Wohnzimmer war wiederhergestellt, nichts erinnerte mehr daran, dass sie hier fast umgebracht worden wäre. Die Regale standen wieder an ihrem Platz, in ihnen waren Bücher aufgereiht, als wären sie nie herausgenommen worden. Bilder und Poster hingen wieder an den Wänden. Ihr größter Schatz, die Kristallkugel, war wie durch ein Wunder heil geblieben und ruhte wieder auf ihrem roten Samtkissen. Die Überreste zerfetzter Poster hatte Mehmet bereits zum Papiermüll gebracht. In der Diele waren Nick und Robert mit dem Übermalen der Hetzparolen an den Wänden beschäftigt. Penny räumte mal hier, mal da ein wenig herum, blieb aber plötzlich vor einer noch nicht übertünchten Wand stehen, las die üblen Sprüche und erstarrte. Ihr Gesicht wurde immer finsterer, eine lange Denkfalte zog sich über ihre Stirn, dann pfiff sie durch die Zähne.

      Robert rückte seinen missglückt gefalteten Papierhelm zurecht und auch Nick unterbrach die Streicharbeiten.

      „Kommt mal her!“, rief Penny den Jungen zu, ohne den Blick von der Wand abzuwenden.

      „Was gibt’s denn?“, fragten die beiden und gingen zu der Detektivin.

      Penny blickte die zwei gesprenkelten Nachwuchsmaler an und deutete auf die Graffitis.

      „Ja, und?“, fragte Nick. „Sind halt Faschosprüche!“

      „Sicher“, meinte Penny, „aber ich habe den Eindruck, wir haben es hier nicht mit einem dumpfen, primitiven Mob zu tun, sondern mit einer intelligent geplanten Aktion!“

      „Quatsch“, widersprach Nick, „solche Schlägertypen sind doch nur Dumpfbacken und Dünnbrettbohrer!“

      Energisch schüttelte Penny den Kopf, wobei sie mit dem Zeigefinger auf einen bestimmten Spruch deutete: „Asylanten sind biologisch abbaubar!“

      „Ihr könnt sagen, was ihr wollt, Nick: Dumpfbacken schreiben vielleicht ,Kanacken raus‘, ,Ausländerpack‘ oder ,Araberfotzen killen‘, aber dieser Spruch deutet auf einen differenzierteren, wenn auch perversen Humor hin. Ich glaube, hier will nur jemand den Eindruck erwecken, dass da hirnlose Schläger am Werk waren.“

      „Aber wozu denn das?“, schaltete sich Robert ein.

      „Um etwas zu vertuschen!“

      „Und was?“

      „Wenn ich das wüsste, wäre mir auch wohler!“, sagte Penny und zuckte mit den Achseln.

      „Kaum zu fassen!“, keuchte Fox, als er seinen Koffer zwischen das Bett und den Wandschrank hievte.

      „Was denn?“, fragte Ilka nach, die sich im Bad um ihren Kulturbeutel kümmerte.

      „Na, dass wir tatsächlich noch ein Quartier gefunden haben!“, schnaufte Prancock und mühte sich damit ab, den festgezurrten Gürtel zu öffnen, der den Koffer zusammenhielt.

      Ilka lächelte und fuhr sich bedächtig mit einer Bürste durchs Haar. Zufrieden betrachtete sie sich dabei im Badezimmerspiegel. Etwas Müdigkeit funkelte in ihren Augen, aber Anspannung und Anstrengung waren ihr nicht mehr anzusehen.

      „Dazu gibt’s ein passendes Sprichwort, Herr Kommissar!“, rief sie Fox zu, der mit wachsender Verzweiflung an der Schnalle herumnestelte.

      „Stimmt!“, antwortete er seiner Freundin. „Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss eben der Berg zum Propheten kommen, oder?“

      „Ich dachte da eher an: ,Auch ein blinder Fox findet mal ’nen Bau.‘“

      Schelmisch grinste sie sich selbst an, legte die Bürste beiseite und forschte im abenteuerlichen Dschungel ihrer Toilettenutensilien nach einem Döschen mit Hautcreme. Verwundert stellte Ilka fest, dass keine verbale Retourkutsche erfolgte. Fox schien wirklich ebenfalls sehr müde zu sein. Ob sie nach dem Auspacken wohl noch viel mehr als einen kleinen Nachmittagsspaziergang und ein gemütliches Abendessen genießen würden?

      Fox schwitzte, beschloss aber, das Fluchen nur innerlich auszuleben – er wollte Ilkas unbeschwerte Urlaubsstimmung nicht unnötig gefährden. Sie reagierte oft mit Enttäuschung und Ärger auf seine Kraftausdrücke. „Meine Güte“, dachte er bei sich, „wie viele Schlösser habe ich schon geknackt, in wie viele Wohnungen von Tatverdächtigen bin ich ohne Schlüssel reingekommen, aber diesen dämlichen Gürtel um den Koffer bekomme ich nicht auf!“

      Er spielte mit dem Gedanken, das Leder mit seinem Taschenmesser zu durchtrennen. Da er aber keine Ahnung hatte, wo sich dieses Werkzeug gerade befand, riss und zerrte er weiter mit den Händen an dem Gurt. Mehr als er es hörte, spürte er ein schwaches Knacken der Schnalle. Noch ein Millimeter und sie würde nachgeben. Mit neuem Mut zog Fox wieder ruckartig an dem Riemen.

      Ilka hörte nur ein gewaltiges Poltern, einen Aufschrei und Flüche, die jede freiwillige Selbstkontrolle vermissen ließen. Verwundert, aber ohne echte Besorgnis stellte sie das Cremedöschen auf die Ablage über dem Waschbecken und ging in das Zimmer zurück. Erstaunt stellte sie fest, dass der Raum anscheinend leer war. Einen Augenblick später allerdings sah sie Fox’ Kopf hinter der Bettkante auftauchen.

      „Was ist denn los, Fox? Du siehst ja aus der Wäsche wie der Papst in der Peepshow!“

      „Lach nur, Kätzchen“, grunzte Prancock, „der blöde Gürtel ist gerissen!“

      „Und deswegen liegst du am Boden herum?“, spöttelte sie, trat an das Bett heran und stellte verwundert fest, dass Fox’ gesamte Wäsche auf dem Fußboden verstreut lag. Fragend sah sie ihren Freund an.

      Dieser zuckte mit den Schultern. „Das war die Fliehkraft!“, brachte er mit entschuldigendem Unterton vor.

      „Ein echtes physikalisches Phänomen: Die Fliehkraft verteilt Wäsche auf dem Fußboden?“

      „Quatsch! Ich hab wie blöd an dem Gürtel gerissen. Als der dann ratsch machte, hat es mich rückwärts flachgelegt, und dabei habe ich den Koffer umgeschmissen!“

      Ilka spielte die Empörte. „Aber nein, Liebster“, säuselte sie im Timbre einer alternden Operndiva, „mit Qualitätsware aus dem Hause ,Rouque-Zouque‘ wäre das nicht passiert!“

      Fox setzte sich ächzend auf und griff nach Ilkas Hand. Sachte zog er die junge Frau zu sich heran. Sie kniete sich neben ihn auf den Boden und begann ihm sanft durchs Haar zu streichen. Ihre Blicke begegneten sich und schienen sich wie die Pole starker Magnete anzuziehen. Keiner konnte oder wollte nun vom anderen lassen, und wie einem Naturgesetz folgend, fanden ihre Lippen sich. Mit sanftem Nachdruck kitzelte Ilkas Zunge sich den Weg zu der ihres Freundes durch. Ihre Liebkosungen ließen Fox’ Nackenhaare Spalier stehen. Eine warme Woge wie aus den sommerlichen Gewässern der Südsee erfasste Ilka. Die Augen schließen und sich wie ein Wellenreiter der Strömung hinzugeben, war alles, was sie jetzt wollte. Seine Hände fuhren in ihre Haare und umschmeichelten ihren Kopf wie die sanfte Gischt bei Ebbe. So wie das Meer, wenn es nur durch die einfache СКАЧАТЬ