The Butterfly Tales: Imogen. Nadja Losbohm
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Название: The Butterfly Tales: Imogen

Автор: Nadja Losbohm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783753188775

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СКАЧАТЬ fragte er somit.

      „Die Dealan-Dè brauchen zum Leben nicht viel. Wir ernähren uns von Blütennektar und –staub“, antwortete sie ihm.

      „Aha, und was ist im Winter?“, hakte Blake nach.

      „In unserem Reich gibt es keinen Winter, kein Eis, keinen Schnee. Dort blühen die Blumen das ganze Jahr über, und wenn wir unsere Heimat verlassen, gibt es genug Proviant, den wir mitnehmen können.“ Sie löste ihren Arm, den sie um Blakes Hals gelegt hatte, um sich festzuhalten, und klopfte mit ihrer Hand auf ihre Hüfte, wo ein kleiner lederner Beutel an einem Gürtel befestigt war, in dem sie ihre Wegzehrung aufbewahrte. „Was die Heilerinnen angeht: Ja, wir bekommen keine eurer Krankheiten wie Erkältungen. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht verletzen können. Wir stolpern, fallen und brechen uns den Fuß. Wir stoßen uns den Kopf und bluten. Unsere Heilerinnen versorgen uns mit ihrer Magie, sodass nach wenigen Minuten nichts mehr von einem gebrochenen Knochen zu spüren und von einer Platzwunde nichts zu sehen ist.“

      „Wie überaus praktisch“, merkte Blake unter ihr an. „Wieso kommt ihr dann nicht in unsere Welt und helft den Menschen mit euren Künsten, statt auf irgendeinen Zeitpunkt zu warten, der in ferner Zukunft liegt? Wenn das überhaupt alles stimmt.“ Prophezeiungen und schwammige Aussagen – pah! In Blakes Augen war das bloßer Humbug. „Und was zum Henker ist dieser verdammte Schatz, von dem du ständig redest?“, fuhr er sie an. Geduld war noch nie eine seiner Stärken gewesen. Er wollte stets alles und das am besten sofort. So ging es ihm auch mit Imogens Erklärungen.

      „Unsere Welt existiert im Verborgenen. Die Begegnungen, die mit euch beiden im Übrigen eingeschlossen, von unseres- und euresgleichen sind abzählbar an einer Hand, geschweige denn, dass euresgleichen von uns gehört hätte“, murmelte Imogen. „Wenn das Schicksal es aber nun so wollte, dass unsere Völker aufeinandertreffen, dann ist das so“, fügte sie achselzuckend hinzu, während Blake schnaubte.

      „Schicksal – was für ein Irrsinn“, nuschelte er so leise, dass Imogen es nicht hörte und sie weitersprach.

      „Es ist uns strengstens untersagt, den Menschen zu helfen, indem wir ihre Gebrechen heilen, oder uns in ihre anderweitigen Belange einzumischen. Es heißt, ihr müsst all das Elend durchmachen, durch es wachsen, aus ihm lernen.“

      „So ein Blödsinn!“, entfuhr es Blake heftig. „Was sollen wir lernen? Dass es egal ist, wie viel Gutes man tut, wie gut man sich benimmt, denn am Ende leidet man trotzdem? Das ist es nämlich, was ein Menschenleben bedeutet: Leiden, das von kleinen Momenten der Freude unterbrochen wird. Wenn man Glück hat.“

      „Wenn wir euch vor der vom Schicksal festgelegten Zeit helfen, dann droht uns das Entfernen unserer Flügel. Ein Schmetterling ohne Flügel: das Zeichen dafür, dass man versagt hat. Es ist ein Zeichen der Schande“, sagte sie, ihre Stimme zuletzt auf ein Flüstern gesenkt.

      Blake schnalzte missbilligend mit der Zunge. Er sah in ihren Worten nur eines: Die Dealan-Dè, so wundersam sie auch sein mochten, standen den Menschen in ihrer Arroganz in nichts nach und dachten zuallererst an sich selbst. Allerdings hätte er noch ewig so weiter mit ihr diskutieren können und wäre doch nicht auf einen Nenner mit ihr gekommen. Als er es hinter sich schniefen hörte, runzelte er die Stirn. Es war Imogen, die anfing zu weinen. Aufgrund der Vorwürfe, die er vorgebracht hatte? Großartig, dachte er, eine flennende Frau, ein heulender Schmetterling hockt auf meinem Rücken. Was sollte er jetzt tun? Er konnte mit so etwas nicht umgehen. Ein Beweis dafür war seine nächste Frage. „Ist das der Grund, wieso dir ein Flügel fehlt?“

      Imogen schluchzte herzzerreißend und presste ein Ja hervor. Sie weinte bitterlich und Blake ließ sie, bis sie sich soweit gefangen hatte, dass sie reden konnte. „Ich kann, ich darf nicht sagen, was der Schatz genau ist. Nur so viel, dass ich ihn beschützen sollte und gescheitert bin. Ich hatte schon sehr lange Wache gehalten, bin nur für einen kurzen Moment eingenickt. Das nächste, das ich weiß, ist, dass ich von mehreren Händen gepackt durch den Dreck gezerrt wurde, man mich festband und mir meinen Flügel abschnitt. Sie haben dabei gelacht, über mein Schreien und mein Flehen, haben Scherze gemacht und sich darüber ausgelassen, welch erbärmlichen Anblick ich bieten werde mit einem Flügel.“

      Imogens Verzweiflung wuchs stetig und ließ sie mehr und mehr zittern, sodass es selbst Blakes Herz erweichte. Kurzerhand setzte er sie ab und wies sie an, auf einem Baumstumpf Platz zu nehmen.

      „Können eure Heilerinnen, na ja, das nicht reparieren?“, fragte er vor ihr kniend.

      Zu Boden blickend schüttelte sie den Kopf. „Dazu sind nicht einmal sie fähig“, presste sie hervor. Sie vergrub das Gesicht in ihren Händen und vergoss bittere Tränen. Es schien, als würden all ihre Gefühle, die sie seit dem Überfall auf sie zurückgehalten hatte, um einfach nur zu funktionieren und fliehen zu können, nun mit einem Mal aus ihr herausbrechen.

      Hilfesuchend sah Blake zu Arren auf. Dieser hatte eine Frau sowie zwei Kinder. Er musste wissen, was zu tun war. Allerdings war auch er ratlos im Angesicht dieser Situation. Wann sah man schon einen menschengroßen Schmetterling mit nur einem Flügel, der sich wegen der Schande grämte, die dies bedeutete, und tiefe Reue empfand für sein vermeintliches Versagen? Immer wieder murmelte Imogen Vorwürfe vor sich hin und schalt sich selbst für ihre Schwäche. Blake kannte derlei Gefühle sehr gut. Wie oft hatte er Bedauern empfunden für seine Entscheidungen? Wie oft hatte ihn sein Gewissen gequält aufgrund seiner verwerflichen Taten? Er konnte die Male nicht mehr zählen. Was er hingegen zählen konnte, war die Menge der Personen, die ebenso empfunden und ihn verstanden hatten: Es war genau eine gewesen, und diese saß direkt vor ihm.

      Behutsam zog Blake Imogen die Hände vom Gesicht, strich ihr einige lange braune, golden schimmernde Haarsträhnen zurück, die sich aus ihrem Zopf gelöst und ihr ein zusätzliches, willkommenes Versteck geboten hatten, und wischte ihr die Tränen von den Wangen. Eine für ihn wenig vertraute Geste, die sie beide überraschte. Noch mehr verwunderte es ihn, wie er mit einem Mal eine Verbindung zwischen sich und dem wundersamen Geschöpf spürte. Mochte es zuvor Imogens hübsches Gesicht gewesen sein, das ihn anzog, war nun etwas anderes da, was ihn gefangen nahm.

      „Du hast gesagt, wenn das Schicksal es wollte, dass wir uns begegnen“, begann er zu sagen, hielt kurz inne, als sie aufkeuchte, „dann ist das eben so. Wenn das Schicksal es wollte, dass dir dein Flügel genommen und der Schatz gestohlen wird, dann ist auch das so. Was geschehen ist, nach wessen Willen auch immer, ist geschehen. Die Vergangenheit kann man nicht ändern. Es ist unnütz über die Fehler, die in ihr liegen, nachzugrübeln und sich zu fragen, was gewesen wäre, wenn.“ Ihn selbst verwunderten seine Worte, und doch wusste er, dass sie aufrichtig gemeint waren. Er hätte sich gewünscht, dass jemand so mit ihm gesprochen hätte in seinen dunkelsten Momenten. Es hätte ihm so manches Elend erspart. So wie es Imogen in dem Augenblick anscheinend half. Ihr Schluchzen hatte aufgehört; die feuchten Spuren ihrer Tränen auf ihren Wangen begannen zu trocknen.

      „Du hast Recht. Ich muss nach vorne schauen und versuchen, Wiedergutmachung zu leisten“, sagte sie mit neuer Kraft, stand von dem Baumstumpf auf und zog Blake an seinem Ärmel mit sich.

      „Moment mal, kleiner Schmetterling“, rief Blake, packte ihr Handgelenk und stemmte sich gegen ihr Ziehen. „Du siehst aus, als würdest du einen Plan haben, wie diese Wiedergutmachung aussehen soll, und mir ist, als bestünde diese aus mehr als nur deiner Flucht vor deinen Verfolgern und unserem moralischen Beistand“, meinte er und deutete auf Arren, der gemütlich angetrottet kam und seltsamerweise erheitert wirkte. „Wieso grinst du so?“, fuhr Blake ihn an.

      Arren verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen einen Findling, der wie ein Tisch im Wald lag. „Ich genieße es nur, euch zuzusehen, wie ihr miteinander umgeht. Das ist wirklich sehr interessant und aufschlussreich“, antwortete СКАЧАТЬ