The Butterfly Tales: Imogen. Nadja Losbohm
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Название: The Butterfly Tales: Imogen

Автор: Nadja Losbohm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783753188775

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СКАЧАТЬ Zeit verging und Prinz Anrai kam es vor, als hätte er jeden Winkel der Burg nach Prinzessin Laoghaire abgesucht. Ob sie tatsächlich das Dorf als ideales Versteck erwählt hatte? Aber nein. So einfältig konnte selbst sie nicht und hingegen der Anordnung ihres Vaters hinausgegangen sein. Trotzdem warf er einen Blick zum Fenster hinaus, um nach verräterischen Fußspuren im Schnee zu suchen, die von der Burg wegführten. Erleichterung machte sich in ihm breit, als er den Schnee unberührt vorfand, der am Vormittag gefallen war.

      „Hm, wo könnte sie sein?“, überlegte er und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn. Er musste lange nachdenken, bis ihm der Ort einfiel, an dem er noch nicht nachgesehen hatte: im Ostturm. Doch war es wirklich möglich, dass Prinzessin Laoghaire dorthin gegangen war? In dem Turm gab es lediglich ein Zimmer und dieses war, seit Prinz Anrai denken konnte, verschlossen. Selbst die langjährige Dienerschaft konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, was sich dort oben befand, da der Schlüssel zu dem Raum verloren gegangen war. Nachfragen bei seinem Vater waren ebenso wenig gestattet wie bei seiner Mutter, die für gewöhnlich die Ruhe in Person war. Nur wenn es um den Ostturm, der im Gegensatz zu den übrigen Türmen aus unbekanntem Grund eine doppelte Zinnenkrone besaß, und sein Geheimnis ging, geriet Herzogin Ailís in heftige Aufregung. Prinz Anrai zuckte mit den Schultern und lief in Richtung des Turms. Einen Versuch war es wert.

      Außer Atem erreichte Prinz Anrai die Stufen, die den Ostturm hinaufführten.

      „Laoghaire? Bist du da oben?“, rief er und lauschte auf Antwort. Doch es blieb alles still. Er fragte sich, ob er sich geirrt hatte und sie doch nicht hierhergekommen war. Machte er sich lächerlich, suchte an völlig falscher Stelle und jeden Moment würde sie hinter ihm stehen und Buh! rufen, dabei schallend lachen? Stirnrunzelnd blickte er hinter sich. Nein, er war allein.

      „Also schön“, sagte er zu sich selbst, „ich gehe hinauf und schaue nach, ob du dort bist. Aber das ist mein letzter Versuch. Wenn ich dich jetzt nicht finde, sollst du eben verschollen bleiben.“ Und so erklomm er die Stufen eine nach der anderen und erreichte schließlich die verriegelte Tür zu dem rätselhaften Raum. Allerdings – die Tür war gar nicht abgeschlossen. Im Gegenteil, sie stand weit offen und in der Mitte des runden Zimmers saß seine Schwester auf dem Boden und starrte vor sich hin. Prinz Anrai wusste nicht, worüber er sich mehr wundern sollte: über die geöffnete Tür, in deren Schloss kein Schlüssel steckte, oder über seine Schwester, die Löcher in die Luft schaute.

      Schmunzelnd und mit verschränkten Armen vor der Brust lehnte er sich gegen den Türrahmen. „Wie bist du hier hereingekommen, Schwesterchen?“, fragte er. Als Antwort zog sich Prinzessin Laoghaire eine der Nadeln aus ihren Haaren, mit denen sie widerspenstige Strähnen zähmte, und zeigte sie ihrem Bruder. Anerkennend pfiff Prinz Anrai. „Ich bin überrascht, welch ungeahnte Talente du besitzt, liebste Schwester. Wo hast du nur gelernt, Türen auf diese Weise aufzubekommen?“

      „Glyn“, sagte sie nur, weiterhin vor sich hin starrend. Einer der Küchenjungen, der einen Narren gefressen hatte an ihr, dachte Prinz Anrai grinsend, auch wenn es schon skandalös war, was einer der Bediensteten ihr beigebracht hatte. Er würde wohl mit ihm ein ernstes Wörtchen reden müssen.

      „Und wie oft hast du dir auf diese Weise bereits Zutritt zu Orten verschafft, an denen du nicht sein solltest?“, hakte er weiter nach.

      „Probiert habe ich es schon öfter. Heute war es das erste Mal, dass es tatsächlich geklappt hat und die Tür aufgesprungen ist“, antwortete sie ihm nach wie vor abwesend.

      „Weißt du“, begann er zu sagen und trat in das Zimmer, „wenn du dir schon die Mühe machst, hier einzudringen, dann hättest du die Wahl eines Versteckes zu Ende treffen sollen. Setzt dich einfach hier mitten auf den Boden. Tss!“ Prinz Anrai sah sich in dem runden Zimmer um und allmählich begann er zu begreifen, wieso seine Schwester sich nicht weiter bemüht hatte, sich zu verbergen. Es gab nichts hierin, keinen Schrank, keine Kiste, kein Bett, keine Vorhänge, nur den staubigen Teppich, auf dem sie mit ihrem guten Kleid saß, und die Tapete, die das Rund, lediglich unterbrochen von der Tür und einem Fenster, vom Boden bis zur Decke umspannte.

      „Hast du so etwas schon einmal gesehen?“, fragte Prinzessin Laoghaire ihren Bruder, der den Kopf schüttelte. Etwas Vergleichbares hatte er noch nie erblickt, obwohl er in seinem jungen Leben bereits unzählige adlige Häuser besucht und vieles an Prunk und Glanz zu Gesicht bekommen hatte. Doch das hier war etwas gänzlich anderes. War es ein gewaltiges Stück Papier oder ein feinst gewebter Teppich? Prinz Anrai lief zu der Wand und strich mit seinen Fingern darüber.

      „Es ist tatsächlich eine kunstvoll bemalte Tapete“, bemerkte er und trat einige Schritte zurück, um sich die Wand zu betrachten. Er musste sich um die eigene Achse drehen, um alles davon in Augenschein nehmen zu können.

      „Meinst du, was sie zeigt, ist nur Fantasie oder ein Stück Geschichte unseres Landes?“, fragte Prinzessin Laoghaire. Ihr Bruder setzte sich neben sie auf den Boden und ließ seine Blicke weiter über die zahlreichen bunten Abbildungen wandern, die an der Wand prangten.

      „Ich glaube, es ist nur Fantasie. Wenn es Geschichte wäre, müssten die Gelehrtenbücher neu geschrieben werden oder hast du schon einmal etwas von kämpfenden Schmetterlingen gelesen?“, fragte Prinz Anrai und deutete auf ein Wesen, das mit seinen Flügeln tatsächlich Ähnlichkeit mit einem Schmetterling aufwies. Doch es war auch ein Mensch.

      „Aber es gibt noch mehr als das. Sieh nur“, sagte Prinzessin Laoghaire, sprang auf und lief zu der Wand. „Hier, dieser grimmig dreinblickende Mann in seinem dunklen Mantel und über ihm das gottgleiche Wesen, das er verbittert ansieht. Und dort“, sie trat ein paar Schritte zur Seite und zeigte am unteren Rand der Tapete auf eine Höhle, „darin ist ein Schatz verborgen.“

      „Ja, schon“, unterbrach sie ihr Bruder. „aber über dem Schatz ist das Gesicht eines Kindes zu sehen. Hier“, er krabbelte auf allen vieren über den Boden und tippte auf das junge Gesicht, das etwas blasser gezeichnet, aber dennoch zu erkennen war, „das ergibt keinen Sinn.“

      „Ich verstehe auch nicht ganz, was das bedeuten soll. Aber sieh her“, meinte Prinzessin Laoghaire, „da sind Schmetterlinge in hellen Farben, aber auch Falter mit blau-schwarzen Flügeln, die gegeneinander kämpfen. Es kommt mir vor wie ein Kampf Gut gegen Böse. Klingt das nicht aufregend?“, rief sie und klatschte verzückt in die Hände. „Und schau, da ist noch mehr“, rief sie und eilte zu einer anderen Stelle der Wand hinter Prinz Anrai. „Pferde, ein Reitertrupp, Schwertkämpfer, ein Schloss, ein Königreich und dort – ist das ein Liebespaar? Oh ja, wie schön“, seufzte sie und betrachtete sich die zwei winzig klein gezeichneten Figuren in der untersten Ecke, die von einem roten Band und kleinen Schmetterlingen und Herzen umgeben waren.

      „Tss! Ja, ganz toll. Ist dir auch aufgefallen, worauf sie stehen?“, warf Prinz Anrai ein, rutschte über den Boden zu seiner Schwester und zeigte ihr, was er meinte.

      „Ist das –?“, begann sie.

      „- ein Grab?“, beendete er die Frage für sie. „Ja, ich denke schon. Es sieht ganz danach aus.“ Für einen Moment schwiegen die beiden Geschwister und hingen ihren eigenen Gedanken nach.

      „Wer hat sich das alles nur ausgedacht?“, flüsterte Prinz Anrai schließlich, „und vor allem, wozu?“

      „Ich habe das Gefühl, als wollte derjenige uns eine Geschichte hiermit erzählen“, meinte seine Schwester und strich zärtlich über die Wandverkleidung, deren Farben allesamt verblasst waren, doch die Grundfarbe Blau war noch ausreichend erkennbar. Am oberen Rand zur Decke hin war es Petrol, das sanft in ein Türkis überging, das sich zur Mitte der Tapete in Grün wandelte und zum Boden hin heller wurde. Zarte, filigrane Efeuranken, einstmals in Dunkelblau gemalt gewesen, das hier und СКАЧАТЬ