Название: Die Spur führt nach Altötting...
Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Leo Schwartz
isbn: 9783847654636
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„Was ist das eigentlich mit deinem anderen Haus in Reutlingen, dessen Unterlagen du gestern mit Baumann durchgegangen bist? Hast du etwa außer deinem Pfullinger Haus wirklich noch ein anderes?“
Sie verstand sofort, worauf Mario hinauswollte und grinste, während sie weiter in ihrer Klatschzeitung blickte.
„Geerbt, gekauft, wie das eben so geht.“
„Du meinst, du hast mehrere Häuser?“
„Kann sein.“ Frieda lächelte nur und wollte nicht darüber sprechen, auch sie hatte ihre Geheimnisse.
„Daher also deine Kenntnisse über das Grundbuchamt. Du bist ein richtiges Luder, das hätte ich dir nicht zugetraut.“
Diese Frieda! So eine durchtriebene Person! Nach außen hin tat sie so harmlos und in Wirklichkeit hatte sie es faustdick hinter den Ohren. Sie war also vermögend, das war ihm nun klar. Er freute sich für sie, denn zu viele alte Menschen hatten nicht viel oder gerade genug zum Leben. Das hatte er nicht nur auf dem Jakobsweg hautnah mitbekommen, sondern vor allem in Venezuela. Die große Armut in manchen Gegenden ging ihm an die Nieren.
Mittags nahmen sie das Essen im Bordrestaurant ein. Trotz der angenehmen Unterbrechung war Mario von der Zugfahrt genervt. Endlich waren sie in München angekommen, wo sie in den Zug nach Mühldorf umsteigen mussten. Während sich Marios Laune wegen der riesigen Menschenmassen auf dem Münchner Bahnhof immer mehr verschlechterte, war Frieda von den Eindrücken überwältigt. Sie plapperte ständig und zeigte in alle Richtungen. Dann stiegen sie in den Zug nach Mühldorf ein. Der war zwar leer, aber sehr dreckig. Sie mussten lange suchen, um einen einigermaßen sauberen Sitzplatz zu finden. Sie schwiegen die meiste Zeit und Frieda war kurz eingenickt. Mario war genervt und hatte genug von Zügen. Endlos zog sich die Strecke hin und er schwor sich, dass sie auf keinen Fall die Rückfahrt mit der Bahn vornehmen würden. Er musste Frieda davon überzeugen, dass ein Leihwagen die bessere Lösung war. Frieda schlief und er lehnte sich zurück. Er dachte an Conny. Wie es ihr wohl ging? Was sie jetzt gerade machte? Er vermisste sie und verdrängte die Erinnerungen an sie.
Endlich kamen sie in Mühldorf an und mussten abermals umsteigen; dieser Zug fuhr nun nach Altötting, dem Ziel ihrer Reise. Dieser Zug gab Mario echt den Rest, denn einen langsameren Bummelzug hatte er noch nicht erlebt. Zeitweise hatte er das Gefühl, dass die Fußgänger schneller waren als sie. Frieda war inzwischen auch genervt, denn sie nörgelte über die mangelnde Sauberkeit, zumal die Toilette nicht zu benutzen war, sie war defekt. Nach zwanzig Minuten Fahrt erreichten sie endlich kurz vor fünfzehn Uhr den Wallfahrtsort Altötting. Es war stark bewölkt und für die Zeit im Mai eigentlich viel zu kalt. Zum Glück kannte sich Frieda in Altötting gut aus, da sie bereits früher schon mehrere Male in Altötting war und daher wusste, dass es direkt am Kapellplatz ein schönes Hotel gab. Sie nahmen ein Taxi und fuhren die kurze Strecke direkt dorthin, denn Frieda wollte auf keinen Fall ihren schweren Koffer bis zum Hotel hinter sich herziehen. Er könnte beschmutzt oder gar ruiniert werden. Der Koffer war zwar alt, aber wenig benutzt. Außerdem hingen sehr viele Erinnerungen daran. Der Taxifahrer unterhielt sich während der nur fünfminütigen Fahrt angeregt mit den beiden. Frieda war überglücklich, dass ihr Zimmer einen direkten Blick auf den Kapellplatz und somit auf die Gnadenkapelle hatte. Mario interessierte der Blick aus seinem Zimmer herzlich wenig, er sah nicht einmal hinaus. Nachdem sie ihr Gepäck verstaut und sie sich etwas frisch gemacht hatten, gingen sie in einen gemütlichen Gasthof, der ihnen von dem Taxifahrer empfohlen wurde. Dort beratschlagten sie bei einem kühlen Weißbier und einer kleinen Brotzeit, wie sie nun vorgehen würden.
„Das Einfachste wäre das Telefonbuch, aber damit kommt man heute nicht mehr weit.“
„Auf die Idee bin ich auch schon gekommen. Vorhin im Foyer des Hotels habe ich im Internet nachgesehen. Nichts, kein Peter Friedrich in Altötting.“
„Schade. Einwohnermeldeamt?“
„Können wir versuchen, ist aber fraglich, ob wir da einfach so Auskunft bekommen.“
„Denke ich auch, aber wir haben noch die Schulen, die Mädchen müssen ja schließlich zur Schule.“
„Du glaubst, dass sie sich hier in Altötting aufhalten könnten?“
Frieda nickte nur. Über diese Möglichkeit hatten sie bisher nicht gesprochen, da sie dafür nicht den leisesten Hinweis hatten.
„Also gut, dann suchen wir nach diesem Peter Friedrich und auch nach der Familie Pini.“ Mario verschwieg, dass er nicht im Geringsten daran glaubte, dass sich seine Familie hier aufhielt. Warum auch? Sie hatten keinen Bezug zu Altötting, warum sollten sie hierherziehen? Er war davon überzeugt, dass sie weder diesen Friedrich noch die Pinis hier finden würden. Er war sich mittlerweile nicht einmal mehr sicher, ob er in den Unterlagen des Maklers richtig gelesen hatte. Aber das alles verschwieg er seiner neuen Freundin, die im Gegensatz zu ihm fest daran glaubte.
Frieda strahlte ihn an. Sie hatte sich eine Theorie zurechtgelegt und dachte nun, dass Mario ebenso wie sie daran glaubte. Oder war es Wunschdenken?
„Gut, wir gehen zunächst zum Einwohnermeldeamt, das ist hier gleich am Kapellplatz im Rathaus. Ich war hier früher einige Male auf der Toilette.“ Frieda kannte sich wirklich gut aus. Aber sie hatten Pech, das Amt hatte seit sechzehn Uhr geschlossen. Beide ärgerten sich darüber, denn wenn sie gleich nach dem Einchecken ins Hotel hierhergegangen wären, hätten sie es noch schaffen können. Stattdessen hatten sie wertvolle Zeit in dem Gasthof vertrödelt. Aber es half nichts, gleich morgen früh um acht öffnet das Amt wieder und dann konnten sie ihr Anliegen vorbringen. Er sah Frieda an, dass sie erschöpft war, und lud sie daher zu einem feudalen Abendessen im Hotelrestaurant ein. Frieda trank einen halben Liter Wein. Mario musste sie zu ihrem Zimmer begleiten, denn ihr Gang war nicht mehr der sicherste. Auch Mario hatte sich nach der heutigen Bahnfahrt zur Belohnung einen guten Wein gegönnt und war ebenfalls sehr müde.
Nach einer überraschend ruhigen Nacht, in der beide gut geschlafen hatten, trafen sie sich um sieben Uhr zum Frühstück und langten bei dem üppigen Angebot ordentlich zu. Wenn das mit dem Essen so weiterging, würde Mario enorm an Gewicht zulegen, denn er war anfällig dafür und hatte sich in den letzten Jahren vor allem Kuchen und Torten verkniffen. Damit tat er sich nun schwer, denn in Deutschland lockte an jeder Straßenecke die Versuchung mit den verführerischsten Leckereien. Frieda machte sich über ihr Gewicht keine Gedanken und aß alles, worauf es sie gelüstete. Das war nicht erst im Alter so, das hatte sie schon immer so gemacht. Sie war ein Genussmensch und ließ sich das von niemanden ausreden. Auch nicht von ihrem Arzt, der zwar mit ihren Blutwerten immer zufrieden war, sie aber vorsorglich stets warnte und zur Vorsicht mahnte.
Kurz vor acht standen beide vor dem Einwohnermeldeamt, das nur wenige Gehminuten von ihrem Hotel entfernt war. Die Tür wurde pünktlich aufgeschlossen.
Die Dame im Einwohnermeldeamt war zwar sehr zuvorkommend, aber einen Eintrag konnte sie nicht finden, weder für Peter Friedrich, noch für die Familie Pini. Schade, das hatte nichts gebracht.
Sie setzten sich am Kapellplatz auf eine Bank und sahen dem nun zunehmenden Treiben der Wallfahrer zu. Einige Personen waren ganz bestimmt mit Bussen angereist, denn sie kamen in größeren Gruppen. Andere hatten Wanderkleidung an und waren СКАЧАТЬ