Название: Die Spur führt nach Altötting...
Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Leo Schwartz
isbn: 9783847654636
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Mario ließ es sich schmecken und war pappsatt. Es war lange her, dass er ein deutsches Frühstück genoss. Vor allem die Brezeln hatten es ihm angetan und er konnte nicht genug davon bekommen. Er hatte nicht nur den gestrigen Tag über, sondern auch am Abend nichts mehr gegessen und war völlig ausgehungert. Durch die ganze Aufregung hatte er nicht mehr an Essen gedacht. Frieda kam fertig angezogen mit Schuhen, Jacke und Tasche in die Küche und die beiden räumten den Tisch ab.
„Ich würde vorschlagen, wir fangen mit den Arbeitsstellen von Melanie und Giuseppe an. Zuerst gehen wir zum Supermarkt, der öffnet um sieben Uhr. Danach gehen wir zu den Stadtwerken.“
„Darf ich vorher noch kurz ins Bad?“
Frieda nickte enttäuscht, sie wollte unbedingt sofort los. Mario versprach, sich zu beeilen. Er amüsierte sich über den wachen Geist und das Temperament seiner neuen Freundin und hatte Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Das war gut so, denn das lenkte ihn von seinen Sorgen ab.
Der Supermarkt befand sich nur zwei Straßen entfernt und Frieda Votteler war hier offensichtlich bekannt wie ein bunter Hund. Es gab kaum eine Person, die sie nicht begrüßte. Auf Nachfragen bezüglich ihrer Begleitung gab sie freimütig Auskunft darüber, dass es sich um einen Verwandten der Familie Pini handelte.
Im Supermarkt trommelte Frieda Melanies ehemalige Arbeitskolleginnen zusammen und stellte Mario vor.
„Von einem Tag auf den anderen war Melanie nicht mehr hier und wir bekamen von der Geschäftsleitung die Information, dass sie das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen gekündigt hat.“ Diese und ähnliche Informationen bekamen sie von jeder Kollegin zu hören. Mario war schnell klar, dass Frieda alle bereits diesbezüglich befragt hatte, denn die ehemaligen Kolleginnen seiner Tante waren von den erneuten Fragen genervt.
Niedergeschlagen verließen die beiden den Supermarkt, vor allem Mario hatte sich mehr von der Befragung versprochen. Er hatte deutlich gespürt, dass seine Tante Melanie und die übrige Familie Pini hier sehr beliebt waren und keiner verstehen konnte, dass sie so Hals über Kopf gekündigt hatte. Das streute erneut Salz in seine Wunde und bestärkte ihn in seiner Annahme: Das Verschwinden seiner Familie war nicht normal.
Bei den Stadtwerken war man weniger kooperativ, sie wurden bereits am Empfang abgewiesen. „Über ehemalige Mitarbeiter geben wir keine Auskunft,“ war die knappe Antwort des Pförtners.
„Das hätte ich mir ja denken können, dass Sie uns keine große Hilfe sind. Aber unser Geld nehmen Sie natürlich. Wenn man aber mal eine kleine Frage hat, wird man abgewimmelt.“ Frieda war außer sich von der rohen Art des Mannes, der sich aber durch Friedas Schimpftirade nicht aus der Ruhe bringen ließ. Er bat sie, das Gelände zu verlassen und bezüglich dieses Anliegens nicht mehr vorstellig zu werden.
Natürlich wusste Frieda, welche Schule die beiden Mädchen besuchten, denn stolz sagte sie: „Die beiden gehen auf das Albert-Einstein-Gymnasium in Reutlingen.“
Mario musste schmunzeln, da er früher die gleiche Schule besuchte.
Sie nahmen den Bus nach Reutlingen und Mario beschloss, dass er sich dringend einen Wagen besorgen musste, um flexibler und mobiler zu sein.
Im Gebäude des Gymnasiums, das sie kurz vor halb zehn betraten, nahm Mario sofort diesen typischen Geruch der Schule wahr. Er wurde fast etwas wehmütig, denn er hatte seine Schulzeit in sehr guter Erinnerung. Er war beileibe nicht der beste Schüler, aber bis auf wenige Ausnahmen hatte er riesiges Glück mit den Lehrern und Klassenkameraden. Vor allem Mathematik, Geschichte und Deutsch waren seine Lieblingsfächer, während er auf Englisch, Physik, Chemie und vor allem auf Sport gerne verzichten konnte. Mario sah sich um. Es hatte sich in den Jahren sehr viel verändert, trotzdem erkannte er das eine oder andere Detail.
Frieda war fasziniert von dem hellen, sauberen Gebäude und kam aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Sie erzählte Mario in allen Einzelheiten, bei welchen Gelegenheiten sie bereits hier gewesen war. Sie wurde von der Familie Pini zu Schulfesten, Theateraufführungen und auch zu Konzerten eingeladen, was sie immer gerne annahm. Sie hatte keine Familie und somit keine Enkel. Die Mädchen waren ihr sehr ans Herz gewachsen und sie fühlte sich in den letzten Jahren wie deren Großmutter.
Das Sekretariat fanden sie ohne Probleme, denn das kannte Mario noch von früher. Mittlerweile war es viel größer und natürlich moderner. Auch die Sekretärinnen waren hübscher.
„Mein Name ist Mario Pini und ich bin auf der Suche nach meinen Cousinen Laura und Maria Pini, die bis vor Kurzem hier zur Schule gingen. Ich war viele Jahre im Ausland und bin auf der Suche nach meiner Familie. Wäre es möglich, in Ihren Schulakten nachzusehen, ob irgendetwas über den neuen Wohnort zu erfahren ist?“ Mario setzte sein charmantestes Lächeln auf und die Sekretärin war seinem Charme nicht abgeneigt. Sie lächelte ebenfalls und setzte sich sofort an ihren Computer. Ihre Miene versteinerte sich, sie sah verstohlen zu Mario, murmelte ein kurzes Moment bitte und kam dann mit dem Rektor zurück. Der warf einen Blick auf ihren Bildschirm und wandte sich dann an Mario.
„Leider können wir zu den beiden Schülerinnen nichts sagen. Tut mir leid, wir haben keinen Vermerk darüber, dass wir Ihnen gegenüber Auskunft geben dürfen.“
Mario und Frieda starrten den Mann an.
„Wie sollen wir das verstehen? Heißt das, Sie wissen etwas und können uns nichts sagen? Oder dürfen Sie nichts sagen?“ Mario verstand die Welt nicht mehr. Was war hier los?
„Wie gesagt, von uns bekommen Sie keine Auskunft, es tut mir leid. Bitte verlassen Sie das Schulgelände.“
„Sie werfen uns raus?“
„Bitte verlassen Sie das Schulgelände,“ wiederholte der Rektor, dem das alles hier sichtlich unangenehm war, zumal fünf weitere Personen anwesend waren, die jetzt mucksmäuschenstill dem Geschehen lauschten. Frieda startete abermals eine Schimpftirade, die aber nichts brachte.
„Wenn Sie sich weigern, das Schulgelände zu verlassen, müssen wir die Polizei rufen.“ Das war deutlich. Mario nahm Frieda an die Hand und zog sie, immer noch schimpfend, aus dem Gebäude. Sie gingen drei Straßen weiter Richtung Marktplatz und setzten sich auf eine Bank, Frieda hatte sich etwas beruhigt.
„Was nun?“ Frieda hatte einen hochroten Kopf und war sehr erschöpft.
„Wie sieht es aus mit Freunden oder Melanies Familie?“
„Die habe ich alle schon angerufen oder angesprochen. Die wissen genauso viel wie wir, glaub mir.“
„Dann gehen wir jetzt zur Polizei.“
„Zu diesen Pfeifen?“ Frieda schrie so laut, dass einige Passanten verstohlen zu den beiden rüber sahen. „Das hab ich doch versucht, die machen doch nichts, denen ist das ziemlich egal.“
„Vielleicht nicht, wenn ich als Verwandter nachfrage. Einen Versuch ist es wert. Kommst du trotzdem mit?“
„Darauf kannst du Gift nehmen.“
Schweigend gingen die beiden zur Polizei, die nur wenige Straßen entfernt war. Man konnte Frieda Votteler die Anspannung ansehen, denn ihr Atem wurde schneller und ihr Gesicht war immer noch knallrot. Sie hatte die Polizei noch nie gemocht und hatte, seit sie denken СКАЧАТЬ