Graf Petöfy. Theodor Fontane
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Название: Graf Petöfy

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754179338

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СКАЧАТЬ du zurück?«

      Franziska schüttelte den Kopf. »Nein, nicht zurück. Eine Sehnsucht ist etwas anderes als der Wunsch, es wiederhaben zu wollen. Was sollt ich auch da? Mit einer Schauspielerin ist es ein eigen Ding. Im Petöfyschen Hause gilt sie viel oder vielleicht viel, aber im Hause von Bäckermeister Utpatel, auf dessen Bank wir immer saßen und Butterblumenstengel zusammensteckten, in dessen Hause gilt sie wenig oder nichts. Nein, Hannah, nicht zurück! Aber zurück oder nicht, die Liebe bleibt, und einen Gruß wollen wir wenigstens in die Heimat hinüberschicken.«

      Und sie nahm eine Handvoll Schnee vom Boden und warf ihn nach Norden zu. Der Nachtwind aber, der ging, zerstäubte den Ball wieder und trug die Kristallchen blinkend durch die Luft.

      Fünftes Kapitel

      Einige Wochen lang setzte sich der Verkehr Franziskas mit dem Petöfyschen Hause fort, dann aber brach er etwas auffällig ab, und selbst die Besuche, die der Graf noch eine Zeitlang in dem Eckhause der Salesinergasse gemacht hatte, hörten auf. Es hieß, was auch zutraf, er sei verreist, und erst von Paris aus gab er wieder ein Lebenszeichen und entschuldigte sich in den verbindlichsten Worten seiner plötzlichen Abreise halber. Aber so verbindlich diese Worte waren, so waren sie doch kühler als gewöhnlich oder wenigstens befangener.

      Franziska fühlte das heraus, war indessen an derartig wechselnde Vorgänge zu sehr gewöhnt, um ein besonderes Gewicht darauf zu legen.

      Anders in dem engeren Zirkel, der sich nach wie vor an jedem dritten Abend im Salon der Gräfin versammelte. Hier wurde nicht bloß dem Ausbleiben des Fräuleins, sondern weit mehr noch der Abreise des Grafen eine gewisse Bedeutung beigelegt, bei welcher Gelegenheit man nicht unterließ, sich die seltsamsten Dinge zuzuflüstern. Der alte Graf sei regelrecht verliebt oder interessiere sich wenigstens bis zur Torheit für das junge Fräulein, und so sei denn die ganze Pariser Reise nichts weiter als eine Flucht. Die Gräfin habe mit Rücksicht auf den eigensinnigen Charakter des Grafen anfänglich seiner Reise widersprochen, natürlich nur in der Absicht, ihn durch solchen Widerspruch in seinem Plane desto fester zu machen. Andere dagegen wollten von dem allem nichts wissen und hoben ihrerseits hervor, daß die »jours de fête« für den alten Grafen vorüber seien; sie begegneten aber nur dem Spott aller medisanten Klub- und Kasinohabitués, die nicht müde wurden, auf den siebenzigjährigen Goethe, ja zuletzt sogar auf König Sigurd Ring hinzuweisen, der noch mit neunzig Jahren in Leidenschaft verfallen und auf die Freite gezogen sei. Der Graf aber sei Vollblutungar und könne mehr.

      Ein Echo dieser Gespräche würde zweifellos auch bis zu Franziska hinauf gedrungen sein, wenn diese nicht durch ein nervöses Fieber, in das sie bald nach der Abreise des Grafen verfiel, vor allem derartigen Gerede bewahrt geblieben wäre. Sie lag wochenlang in jenem apathischen Dämmerzustande, der der Begleiter und fast auch der Freund dieser Krankheit ist, und als endlich dieser Zustand geschwunden und ihr ein wenigstens umschleiertes Interesse für die Dinge des Lebens zurückgekehrt war, da waren viele Wochen vergangen und beinahe heiße Sommertage da, trotzdem erst Frühling im Kalender stand.

      Am letzten Apriltage saß Franziska an ihrem Fenster und sah zum ersten Male wieder auf das bunte Treiben der Stadt unten, und siehe da, noch ehe die Mitte des Mai heran war, war sie schon in einem jener reizend gelegenen, in weitem Halbkreise die Hauptstadt nach Süden hin umziehenden Villendörfer einquartiert und genoß hier die Wonne der Rekonvaleszenz. Es hatte sich dabei so glücklich getroffen, daß eine befreundete Kollegin – und zwar um so befreundeter, als sie das Fach der hoben Tragödie kultivierte – mit ihr in die Sommerfrische gegangen war, einer Molkenkur halber, die sie sich unter Hinweis auf ihr »total erschöpftes Organ« vom Theaterarzt hatte verordnen lassen. Eine Verordnung, in die dieser lächelnd, aber doch zugleich auch mit der Bemerkung gewilligt hatte: »Wollte Gott, Fräulein Phemi, daß ich mich annähernd Ihres Organs erfreute.«

      Natürlich war auch Hannah mit draußen, und alle drei bewohnten ein halbes Parterre, das nach der Rückseite hin einen einfachen Garten mit Kaiserkronen und Feuerlilien, in Front aber eine durch Glasfenster und Leinwandwände geschützte Veranda hatte. Schräg gegenüber von ihnen befand sich ein großes, mit Oleanderbäumen umstelltes Hotel, und zwischen hüben und drüben lief ein chaussierter Straßendamm, auf dem, die heißen Mittagsstunden abgerechnet, ein beständiges Fahren war. Denn der Ort war nicht nur Eisenbahnstation, sondern von alter Zeit her auch Knotenpunkt vieler Straßen, die von hier aus strahlenförmig in die steirischen Vorberge hineinführten, ein entzückendes Hügelland, über das hinweg, sobald die Sonne zu sinken begann, das Hochgebirg in blauem Dämmer aufragte.

      Heute jedoch war der Abend noch fern, und beide Freundinnen saßen frühnachmittags in der Veranda, deren Glasfenster man ausgehoben hatte, weil es nach einer kurzen Regenzeit in den letzten Tagen wieder sehr warm geworden war. Auf einem hart an der Brüstung stehenden Tische lagen Muster, Decken und Wollknäuel umher, und die Tapisserienadel beider Damen, welche letzteren an einer großen Stickerei beschäftigt schienen, ging hurtig hin und her. Dabei war eine rechte Nachmittagsstille, nichts wach, und nur aus dem Garten kamen ein paar gelbe Schmetterlinge, haschten sich und flogen dann weiter die Straße hinunter. Franziska sah ihnen nach, bis sie schließlich über die Dächer hin verschwanden, und war noch in ihrem Sehen und Sinnen verloren, als vom Flur her ein reizender Blondkopf erschien, ein etwa zehnjähriges Mädchen, das an ihnen vorüber in Hast und Sturm auf die Straße zulief, einen Tonnenreifen vor sich, den es mit dem Handgriff eines allem Anscheine nach sehr eleganten Fächers schlug. An dem Reifen selbst waren kleine Blechstücke befestigt, und bei jedem Schlage gab es einen Klang, als ob ein Tambourin oder Kinderjanitschar geschüttelt würde.

      »Lysinka«, rief die Tragödin und lachte. »Sieh nur, Franziska, sie hat meinen besten Fächer genommen, ein Geschenk von Graf Pejevics von der letzten Redoute her. Ein wahres Prachtstück, ich meine den Fächer. Und nun hantiert der Unhold damit, als ob es ein Trommelstock wäre... Lysinka!«

      Aber die Kleine hörte nicht mehr, sondern jagte schon die chaussierte Straße weiter hinauf und auf das große, mit Oleanderbäumen umstellte Hotel zu, vor dem eben ein paar gelbe Reisewagen mit zurückgeschlagenem Verdeck hielten. Man sah ordentlich, wie das schwarze Leder in der Sonne brannte, während ein paar Hühner, die sich vom Hofe her eingefunden hatten, die Körner aufpickten, die zerstreut umherlagen. Hier machte Lysinka halt, sah sich inmitten der pickenden Hühner einen Augenblick um und jagte dann in geschickter Biegung, und die Veranda, wo Phemi und Franziska saßen, aufs neue passierend, nach der andern Seite hin die Straße hinunter.

      »Ein reizendes Kind!« sagte Franziska. »Du mußt es sehr lieben. Tust du?«

      »Gewiß tu ich's. Oder glaubst du, daß der hohe Stil der Tragödie dergleichen ausschließt? Auch Medea...«

      »Nichts von der. Ich will von Medea nichts wissen. Ich will nur wissen...«

      »Ein Geheimnis.«

      »Unter Schauspielerinnen gibt es keine Geheimnisse. Das solltest du wissen, Phemi. Zudem hab ich dir alles aus meinem Leben erzählt, Abenteuer und Nichtabenteuer.«

      »Nun gut; so rate.«

      »Gräflich? Hocharistokratie?«

      »Höher.«

      »Ah, ich seh schon, du willst dich auf einen Erzherzog hin ausspielen. Aber ehe ich dir das glaube...«

      Hannahs Erscheinen machte hier dem Gespräch ein Ende. Sie kam mit einem großen Tablett, das sie vorläufig auf die rechtwinklige Brüstung der Veranda setzte, legte dann sorglich ein Tuch und arrangierte den Kaffeetisch.

      »Und nun, Hannah, Juwel unserer Krone«, hob Phemi wieder an, »schaff uns auch etwas Krausgebackenes oder einen Napfkuchen oder, um auch in СКАЧАТЬ