Graf Petöfy. Theodor Fontane
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Название: Graf Petöfy

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754179338

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СКАЧАТЬ Ja, wenn es eine Tragödin wäre, Volumnia oder Arria oder mindestens die alte Galotti. Das Fach der Heldenmütter ist, wenn nicht geradezu sakrosankt, so doch immer mehr oder weniger zulässig, eine Respektabilitätsflagge, die das Fahrzeug deckt. Aber Liebhaberin, Soubrette! Soubrette, die reine Piratenflagge!«

      »Doch wen soll sie rauben?«

      »Vielleicht mich«, lachte der Oheim und fuhr dann fort: »Es gibt keine Torheit, deren sie mich nicht für fähig hält. Sie würde schließlich jede verzeihen, aber die tollste hält sie für möglich. Sie sieht in mir einen ewigen Jüngling und beweist mir, daß mein Leben eine Kette von Jugendtorheiten sei, ja, sie hat sich, glaub ich, in den Kopf gesetzt, eine Jugendtorheit werde auch mein Leben beschließen. Zuletzt wär es nicht das schlimmste. Jedenfalls gut ungarisch, und am Ende stirbt sich's besser jugendlich als ältlich.«

      In diesem Augenblick hörte man Militärmusik, und der alte Graf erhob sich. »Ein Uhr. Es ist die höchste Zeit. Und nun mache der Tante drüben deinen Besuch und sondiere. Du mußt sehen, aus des Fräuleins Namen einigen Nutzen zu ziehen. ›Franziska Franz‹ – man kann kaum österreichischer aus der Taufe gehoben sein. Ist es nicht, als flattere der Doppeladler direkt über einem? Ich vertraue ganz deiner Klugheit. Und erzähl ihr auch, vielleicht käme Liszt; das macht sie guter Laune. Alles, was Pio Nono mit der Hand gestreift hat, ist gesegnet ein für allemal. Ich persönlich ziehe die Wolter vor.«

      Und so sprechend, gingen sie den Korridor hinunter bis an die Marmortreppe, wo man sich rasch trennte, der alte Graf, um dem Fräulein, Graf Egon aber, um der Tante seinen Besuch zu machen. Alles, was er eben gehört hatte, ging ihm durch den Kopf, ohne daß es ihn geradezu verstimmt hätte, denn er liebte den Oheim wirklich und verzieh ihm gern und leicht seinen dann und wann etwas exzentrisch auftretenden Theaterenthusiasmus. Aber wenn dieser Enthusiasmus auch noch größer und seine Liebe zum Oheim geringer gewesen wäre – der Onkel war eben ein »Erbonkel« und mußte daraufhin um so vorsichtiger behandelt werden, als das durch die Tante repräsentierte Gundolskirchensche Vermögen ohnehin in einer steten Gefahr war, von der Familie fort – und irgendeinem kirchlichen Orden, sehr wahrscheinlich dem der Liguorianer, zuzufallen.

      Drittes Kapitel

      So verging der Vormittag.

      Am Abend war das Fest, die junge Schauspielerin erschien und wurde der Gräfin Judith vorgestellt.

      Aber ehe diese Vorstellung stattfinden konnte, hatte sich ein Zwischenfall ereignet, der, wenn nicht das Fest selbst, so doch die Stimmung desselben ernsthaft in Frage gestellt hatte.

      Zu neun Uhr war geladen worden, und der alte Graf wartete schon der ersten Gäste, namentlich aber Judiths, als Egon in Begleitung zweier Freunde, der Grafen Pejevics und Coronini, erzherzogliche Adjutanten wie er, im Festsaal erschien und in sichtlicher Erregung auf den Oheim zuschritt. Dieser begrüßte die Herren mit der ihm eigenen Artigkeit, nahm aber an ihrer Haltung sehr bald wahr, daß etwas geschehen sein müsse.

      »Was gibt es, Egon?«

      »Gablenz...« Er stockte.

      »Nur heraus. Ich ahne.«

      »Hat sich erschossen. Eben hatten wir das Telegramm. Ich wollte nicht, daß dir unvorbereitet und inmitten deiner Gäste die Nachricht käme.«

      Die beiden jungen Grafen bestätigten die Mitteilung.

      Es war in einer kleinen, aus Lorbeer und Palmen arrangierten Nische, wo man das kurze Gespräch geführt hatte.

      Der alte Graf antwortete nicht, stützte sich nur auf einen Marmortisch, der hier samt ein paar Stühlen stand, und machte dann eine Handbewegung, in der er die Herren aufforderte, sich zu setzen. Gleich darnach aber nahm er selber Platz und sah, während er an seinem weißen Bart drehte, stumm vor sich hin. Es war augenscheinlich, daß er mit seinen Gedanken abwesend war und momentan seiner Besucher vergaß.

      »Er war dir lieb und wert«, nahm Egon, dem die Situation peinlich zu werden anfing, endlich das Wort.

      Aber der Graf verharrte noch immer in seinem Schweigen. Erst nach einer Weile war es, als ob er erwache. »Lieb und wert, sagtest du, wohl, aber das sagt nicht genug. Er war mein Freund, das sagt mehr.« Und dabei flogen ihm die Lippen. »Ich weiß, es wird viel gegen ihn gesagt werden, und es ist viel gegen ihn zu sagen, oder doch manches. Aber gegen wen nicht? Er war ein vollkommener Kavalier und hielt es mit dem Wort: ›Ich marchandiere nicht.‹ Und an dem Festhalten an diesem Wort ist er zugrunde gegangen. Hätt er mit dem Ehrenpunkte marchandieren können, er lebe noch.«

      »Unter allen Umständen ein beklagenswerter Aus gang«, antwortete Graf Coronini, dem die Verteidigung in ihrem Überschwang und zum Teil auch in einer Verkennung des Tatsächlichen offenbar mißfiel. »Ein beklagenswerter Ausgang, und um so beklagenswerter, als der Zweck, um dessentwillen so gehandelt wurde, nicht erreicht wird. In gewollter Wahrung seiner Ehre hat er sie nur aufs neue bloßgestellt.«

      Ein scharfer Blick, der den jungen Grafen traf und in nicht geringe Verlegenheit brachte, schoß in diesem Augenblick aus dem von Natur schon etwas geröteten Auge des alten Petöfy. Zugleich aber nahm dieser wieder das Wort und sagte: »Graf Coronini, Pardon, aber dem Ernste solcher Fragen ist mit Alltagsbetrachtungen und einer landläufigen Moral nicht beizukommen. Ich bin mit Ihrem Vater, dem Grafen, jung gewesen, ein halb Jahrhundert liegt dazwischen, und so müssen Sie mir, einem alten Grognard, diese Sprache zugute halten. Es ist ein tiefes und schönes Wort, das Wort von der süßen Gewohnheit des Daseins; alles, was lebt, hängt auch am Leben, und nur der geht, der gehen muß. Unter den vielen Bücherweisheitssätzen, die mir von Grund aus zuwider sind, steht der von der besonderen Feiglingschaft derer, die das Pistol in die Hand nehmen, obenan. Nach dem bißchen Lebensweisheit, das ich mir anzueignen in der Lage war, hört das Pistol auf, wo die Feigheit anfängt, und hört die Feigheit auf, wo das Pistol an fängt. Wer es in die Hand nimmt, ist durch schwere Kämpfe gegangen. Achtung vor dem Unglück! Und nun gar der Ehrenpunkt; die Ehre! Jeder, der überhaupt davon hat, weiß allein, wo sie für ihn liegt oder nicht liegt. Bitten wir Gott insgesamt, daß der Kelch der Erniedrigung, welchen Inhalts er auch sein möge, gnädiglich an uns vorübergehe; wenn er aber doch kommt und der, der ihn trinken soll, ihn nicht trinken mag und gewaltsam und für immer seine Lippen dagegen schließt, so denk ich, wir respektieren den Toten und sein Tun.«

      Graf Coronini, den eine glückliche Leichtlebigkeit auszeichnete, sprach in gewinnendster Weise sein Bedauern über das ihm entschlüpfte Wort aus, und als wenige Minuten später unter einem raschen Zustrome der Saal sich zu füllen begann, zeigte sich's, daß der kleine Disput ein Glück für den Verlauf des Festes gewesen war. Der alte Graf, eine durchaus nervöse Natur, hatte sich in seiner Philippika gegen Graf Coronini nicht nur den aufsteigenden Groll, sondern vor allem auch die voraufgegangene schmerzliche Bewegung von der Seele heruntergeredet und ließ nun als Wirt bis zum letzten Geigenstriche nichts von seiner gewöhnlichen Liebenswürdigkeit vermissen.

      Seit jener Soiree war eine volle Woche vergangen, und selbst die jungen Demoiselles in dem gegenüber gelegenen Konfektionsgeschäfte hatten den anfänglich unerschöpflich scheinenden Gesprächsgegenstand als erledigt außer Kurs gesetzt, um sich in ihrer Eigenschaft als Chorus des Hauses Petöfy neuen intrikaten Fragen zuzuwenden.

      Es war Abend, nicht mehr ganz früh, und der Gaskronleuchter, der mit seinen Milchglasglocken über dem Arbeitstische hing, brannte schon seit Stunden.

      »Ich weiß etwas«, sagte Resi, die heute wie gewöhnlich den Chorführer machte.

      »Was?«

      »Die Franz ist heute bei der СКАЧАТЬ