Graf Petöfy. Theodor Fontane
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Название: Graf Petöfy

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754179338

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СКАЧАТЬ so klingt es denn in den Tiefen meiner Seele: ›Was du vom Lamm zu Mittag ausgeschlagen, bringt nur der Gugelhupf zurück.‹ Oh, ein himmlisches Wort, bei dem ich ordentlich fühle, wie's hier mithupft. Und nun geh, Hanning, geh; ich habe ein drittes Haus von hier etwas appetitlich Braunes im Schaufenster stehen sehen, heute früh, als wir von der Promenade kamen, und die leere Straße sieht mir nicht darnach aus, als ob sich Öslau mittlerweile daran vergriffen haben könnte... Hier mein letzter Fünfguldenschein!«

      »Ach, Fräulein Phemi, wenn Sie nur nicht immer vergessen wollten, daß wir Krachzeiten haben.«

      »Unsereins hat nie Krach, Hannah. Übrigens wecke keine traurigen Gedanken in mir, denn schließlich und auf einem Umwege bin ich doch daran beteiligt. Und nun geh, ehe es zu spät ist. Wir leben zwar in einer gedankenarmen Zeit, aber die Not einer Öslauer Kaffeestunde macht auch den Ärmsten erfinderisch. Also vite, vite.«

      Hannah ging. Als sie fort war, beugte sich Franziska vor und sagte: »Du kannst dir gratulieren und stolz sein, Phemi, bei Hannah in solcher Gunst zu stehen. Eigentlich hält sie nicht viel von uns. Ihr Vater war Totengräber, und davon ist ihr was geblieben. Und am meisten wundert es mich, daß sie mit dem Blondkopf so gut steht, mit der Lysinka. Sie hat ordentlich einen Narren an dem Kind und erklärt es rundheraus für einen Engel. Und das geht doch schlechterdings nicht, oder das ganze Kapitel von der Erbsünde...«

      »Nichts davon! Um darüber zu sprechen, muß man so studiert sein wie du. Das alles ist nicht mein Sach. Aber wenn du dich über die Hannah wunderst, weil sie trotz all ihrer Tugend an dem Kinde hängt und dem Kinde nicht die Mutter und der Mutter nicht das Kind anrechnet, so zeigst du nur, wie wenig du die Menschen kennst. Und bist doch an die Vierundzwanzig.«

      »Eben gewesen«, lachte Franziska.

      »Nun, siehst du! Freilich, ich könnte deine Mutter sein oder wenn nicht geradezu deine Mutter, so doch deine Stiefmutter...«

      »Dazu bist du wieder zu gut und verwöhnst mich zu sehr.«

      »Also deine Mutter. Und nun höre. Was ich dir hinsichtlich deiner Hannah und ganz speziell hinsichtlich ihrer Liebe zu dem Kinde zu sagen habe, das heißt einfach...«

      »Nun?«

      »Das heißt einfach: es lebt sich am besten mit der Tugend.«

      »Das hat einen Doppelsinn.«

      »Ich wollt ihm den Doppelsinn nicht geben, und stünde mir auch schlecht an. Es soll nur heißen: es lebt sich am leichtesten und am bequemsten mit guten und unschuldigen Leuten. An Tadel oder Vorwurf ihrerseits ist nie zu denken. Im Prinzipe sind sie streng und streng auch gegen sich selbst. Aber was von anders Geartetem an sie herantritt, dagegen sind sie mild, und es ist fast, als freuten sie sich, eine Bekanntschaft damit zu machen. Es soll sich ja, wie die Katholiken sagen, das Heilige durch Handauflegen fortpflanzen etwa nach Art eines elektrischen Stroms, und so strömt auch vielleicht ein kleiner, prickelnder Strom des Unheiligen von unsereinem aus. Jeder nach seinen Mitteln und Kräften.«

      »Ach, Phemi, wie du nur redest! Du bist ja gar nicht so.«

      »Man kann sich nicht unheilig genug machen. Eine durchgängerische Demut ist das letzte Mittel, sich wenigstens einen Schimmer aus der ewigen Strahlenkrone zu retten... Aber ums Himmels willen, Fränzl, sieh dich um, da kommt ja Graf Egon.«

      Franziska hatte sich vorgebeugt und erkannte nun auch ihrerseits den Grafen, der eben drüben aus dem Hotel getreten war und noch einmal zurücksah, um nach einem Balkon hinauf zu grüßen, der am ganzen ersten Stock entlanglief und durch Holzpfeiler getragen wurde. Sein Gruß selbst aber galt einer alten Dame, der Gräfin.

      Egon war allein, nur von einer Ulmer Dogge begleitet, einem prächtigen Tier, das augenscheinlich ungeduldig seinem Herrn auf der chaussierten Straße bis an die Veranda hin vorauflief. Einen Augenblick später aber war auch der junge Graf heran und gewahrte die beiden Damen, die sich anscheinend in ihre Tapisserie vertieft hatten. Er fuhr ganz ersichtlich zusammen, als ob ihm die Begegnung mit ihnen mehr ein Schreck als eine Freude gewesen wäre, fand sich aber rasch wieder zurecht und trat an die Brüstung heran, um beide mit aller Courtoisie zu begrüßen.

      Phemi hatte sich zum Gegengruß erhoben und überstürzte den Grafen sofort mit einer Frageflut, die keine Dämme kennen zu wollen schien, am wenigsten aber den der Diskretion. Endlich schwieg sie.

      »Meine Gnädigste«, lächelte Graf Egon, »alles zu beantworten, müßt ich den letzten Zug abwarten können, was mir leider versagt ist. Aber ein Anfang ließe sich wenigstens machen, immer vorausgesetzt, daß Sie geneigt sind, mir einen Platz an Ihrem Kaffeetische zu gönnen.«

      Er voltigierte, während er dies sagte, leicht über die Brüstung hin und setzte sich in einen Gartenstuhl, den er selber aus einer Ecke herangeschoben.

      »Ehe ich aber beginne«, fuhr er fort, »denn Fragen sind einer Gegenfrage wert, bitte ich, mir sagen zu wollen, was Sie nach diesem Erdenwinkel geführt hat?«

      »Ich war krank«, antwortete Franziska, »viele Wochen lang, und die stillen Tage hier sollen mich wieder gesund machen.«

      All dies war in einem durchaus ruhigen Tone gesprochen, und doch klang ungewollt und ungewußt etwas wie Vorwurf darin. Egon geriet denn auch in eine leise Verwirrung, an der die Sprecherin erst er kannte, welche Bedeutung er ihren Worten gegeben hatte. Sie fuhr daher rasch und mit soviel Unbefangenheit wie möglich fort: »Es ist erquicklich, die reine Luft hier zu genießen, am erquicklichsten aber ist doch die geistige, darin ich lebe. Wenn ich nicht irre, hat irgendein alter oder neuer Philosoph ausgesprochen, es mache nichts so gesund wie Heiterkeit, und die Wahrheit dieses Satzes hab ich hier an mir selbst erfahren. Denn Sie müssen wissen, Graf Egon, es gibt nichts Heitereres und Vergnügteres als eine Tragödin. Nicht wahr, Phemi?«

      Diese patschelte die Hand, die Franziska, während sie so sprach, ihr gegeben hatte, zugleich aber nahm sie selber das Wort und sagte: »Was das für Anwandlungen sind! Ich bitte dich, ich soll mich nicht auf das Archidukale hin ausspielen, und du spielst dich auf das Sentimentale hin aus. Und nun wirst du schließlich noch rot und scheinst als ›Naive‹ nicht einmal zu wissen, daß mit Hilfe solcher Anspielungen nie und nimmer das geringste verraten wird. Und wenn Graf Egon auch raten wollte bis an den Jüngsten Tag, er erriete doch nicht, um was es sich hier handelt.«

      »Ich fürchte wirklich, nein.«

      »Nun, siehst du. Zudem soll man an den kleinen Freuden des Lebens nicht ohne Not vorübergehen, das verübeln einem die Schicksalsmächte, von denen ich schon von Metier wegen zu reden weiß. Und zu diesen kleinen Freuden des Lebens gehört es auch, in Geheimnissen und Anspielungen zu sprechen. Einige sagen freilich, es sei ein schlechter Ton und nicht artig. Aber was ist artig? Eine Beschäftigung für arme Leute.«

      »Gut, es mag so sein, aber du hast umgekehrt eine zu stark ausgeprägte Neigung, dich unter Ignorierung der armen Leute mit deinen Königinnen zu verwechseln. Ist es nicht so, Graf Egon?«

      »Im Gegenteil, meine Gnädigste. Bedaure, widersprechen zu müssen. Ich meinerseits bin immer nur überrascht, unsere Freundin in so genialer Weise die Rollengebiete wechseln und aus der Sprache der Königinnen in die der echtesten Weiblichkeit übergehen zu sehen.«

      »Eine Genialität«, lachte Phemi, »die Sie mutmaßlich überschätzen. Immer, mit Ausnahme der Pastoren, ist es einem jeden ein liebes und leichtes, aus dem Aufgesteiften in das Natürliche zu verfallen. Erinnern Sie sich der mythologischen Gottheiten, und wie begierig dieselben allezeit waren, aus ihrer Göttlichkeit herauszutreten. Und nun gar erst die Götter und Göttinnen dieser Welt! Als Hofmann sollten Sie wissen СКАЧАТЬ