Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Untergang des Römischen Reiches Deutscher Nation – bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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СКАЧАТЬ die ständischen Rechte im Besitz einer selbstbewussten, gewissenhaften, charaktervollen Bürgerschaft. Überhaupt hatte sich hier das ständische Wesen viel folgerichtiger als anderswo in Deutschland entwickelt und gesetzlich gefestigt, und wenn die Stände im erbitterten Kampf mit despotischen Fürsten vorübergehend zurückweichen mussten, behaupteten sie sich doch in Ehren. Stände erhielten sich bis in die neuere Zeit in Sachsen und in Mecklenburg, wo die Ritterschaft sich nicht zum Segen des Landes ihrer Rechte bediente.

       Als Staaten im Staat waren die Städte den Fürsten ein Dorn im Auge. Nach dem Beispiel, das sie ihnen in früherer Zeit gegeben hatten, suchten jetzt die Fürsten aus ihren Territorien abgeschlossene Wirtschaftsräume zu machen, und dabei waren ihnen die Städte mit ihren Zöllen und Stapelrechten im Wege. Wie hätte nicht auch der Reichtum der großen Städte und die Menge ihrer gewerbstätigen Einwohner und ihre Handelsbeziehungen die Fürsten anlocken sollen? Wagten sie sich nicht an den eigentlichen Reichsstädten zu vergreifen, machten sie umso mehr Jagd auf diejenigen Städte, die an Macht und Ansehen Reichsstädten glichen, auch sich als solche fühlten und gebärdeten, aber versäumt hatten, sich die Reichsstandschaft rechtmäßig zu sichern in Zeiten, wo diese Würde Kosten mit sich brachte, ohne dass ein Gewinn damit verbunden zu sein schien. Zu diesen gehörte Magdeburg, das sich zur Zeit Karls V. durch Überzeugungstreue und Standhaftigkeit ausgezeichnet hatte und im Dreißigjährigen Krieg ein Opfer seines protestantischen Charakters geworden war; die Stadt hatte verdient, auf dem Friedenskongress berücksichtigt zu werden. Wirklich brachten es die Bemühungen der protestantischen Mächte zuwege, dass ein Artikel des Westfälischen Friedensinstrumentes ihren Ansprüchen Rechnung trug.

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      Stadt Magdeburg um 1600

       „Der Stadt Magdeburg“, hieß es da, „wird ihre alte Freiheit und das Privilegium Ottos I. vom Jahre 940, obwohl es durch die Ungunst der Zeit verlorengegangen ist, von der Kaiserlichen Majestät erneuert werden, ebenso das ihr von Ferdinand II. verliehene Festungsprivilegium.“ Die Erneuerung des sagenhaften Privilegs Ottos I. bedeutete jedoch nichts weiter als einen vorläufig aufgestellten Grundsatz, dessen Verwirklichung erkämpft werden musste. Das zu früh triumphierende Magdeburg sah ein, dass es seine Anstrengungen fortsetzen, womöglich verdoppeln musste, wenn es sein Ziel erreichen wollte. Niemand konnte seine Interessen besser vertreten als der Bürgermeister Otto von Guerike, dessen physikalische Untersuchungen und Entdeckungen ihm die Teilnahme der hohen Häupter sicherte. Wie fast alle wissenschaftlich begabten Menschen des 17. Jahrhunderts war er erfüllt von der Einsicht, dass nur die Mathematik unumstößliche Wahrheitsbeweise bringen könne, dazu noch Erfahrung und Experiment im Gegensatz zu den flatterhaften Hypothesen. Seine Beobachtung der Luft führte ihn zu der Erfindung des Wettermännchens, eines Barometers, mit dessen Hilfe einmal ein Sturm vorausgesagt wurde, ferner der Luftpumpe und der sogenannten Magdeburger Halbkugeln, mittels welcher er die Gewalt des Luftdrucks anschaulich machte. Es waren luftleer gemachte kupferne Kugeln von einer Elle im Durchmesser, die von 24 Pferden nicht auseinandergerissen werden konnten.

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      Otto Guericke, ab 1666 von Guericke (Aussprache und ursprüngliche Schreibung: „Gericke“) (* in Magdeburg; † in Hamburg) war ein deutscher Politiker, Jurist, Physiker und Erfinder. Bekannt ist er vor allem für seine Experimente zum Luftdruck mit den Magdeburger Halbkugeln,

      Guerike verwandte seine Zeit und sein Geld am liebsten auf derartige wissenschaftliche Versuche; aber er war patriotisch genug, um einstweilen darauf zu verzichten und anstatt dessen als diplomatischer Vertreter seiner Stadt bei Kaiser und Reich für sie zu wirken. Dabei legte er seinen Ruf und seine Künste mit in die Waagschale und führte in Regensburg dem versammelten Reichstag das Schauspiel der Luftkugeln vor. Dem Kurfürsten von Mainz, Joh. Phil, von Schönborn, gefiel es so gut, dass er dem Bürgermeister seine Instrumente abkaufte. Auch das Wohlwollen des Kaisers Ferdinand III. und seines Sohnes und Nachfolgers erwarb er; aber er musste erfahren, dass alle seine Reisen, sein Aufwand, sein Betteln und Antichambrieren sowie sein berühmter Name die Sache nicht vom Fleck brachten. Der Kaiser hatte nicht den Mut, dem Kurfürsten von Brandenburg entscheidend entgegenzutreten; denn dieser war es, der mit angeblichen Ansprüchen auf den Besitz Magdeburgs auftrat. Immerhin konnte derselbe auf dem Weg des Rechts auch nichts erlangen, und gegen den Weg der Gewalt sprachen sich seine Räte aus. Friedrich Wilhelm berief sich ihnen gegenüber auf das Staatswohl, das immer herhalten musste: im Jahr 1666 zwang er die Stadt, eine Besatzung aufzunehmen und ihm zu huldigen, ihr blieb nichts übrig, als sich zu fügen. Otto von Guerike entging dem Verdacht nicht, er habe sich vom Kurfürsten bestechen lassen; denn dieser hatte sich für seine physikalischen Versuche interessiert und ihn in seinen Dienst gezogen.

       Ungefähr um dieselbe Zeit unterwarf sich der Kurfürst von Mainz mit französischer Hilfe die Stadt Erfurt und versuchte Schweden, sich Bremen einzuverleiben; in beiden Fällen wäre Friedrich Wilhelm gern den Bedrohten zu Hilfe gekommen; aber das Bewusstsein seiner Absichten auf Magdeburg, das ihn gleichsam zum Mitschuldigen jener Missetäter machte, hielt ihn zurück.

      Mit großer Standhaftigkeit wehrte sich die stolze Stadt Münster gegen ihren Bischof, am Ende aber doch vergeblich.

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      Stadt Münster

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      Braunschweig

      Braunschweig, die mächtige Hansestadt, die früher die Zwietracht der welfischen Herzoge hatte ausnützen können, um ihre Freiheit zu erhalten, stand im 17. Jahrhundert nicht mehr abenteuernden Fürsten, sondern einer methodisch geschlossenen Staatsgewalt gegenüber. Einem Heer unter Führung des Grafen Waldeck, der damals im Dienst der welfischen Herren stand, konnte die von keiner Seite unterstützte Stadt auf die Dauer nicht widerstehen. Denn das war eben der Charakter der Zeit: die Städte, die einst so fest zusammengehalten und sich gegenseitig Hilfe geleistet hatten, ließen einander im Stich und konnten einzeln besiegt werden; die Fürsten, die sich einst befehdet hatten und auch jetzt noch einander missgünstig bekämpften, hielten zusammen, wenn es galt, eine Stadt zu unterjochen. Rettete sich eine bedrängte Stadt, wie das zum Beispiel dem tapferen Bremen, wie es Hamburg und Köln gelang, so geschah das, weil das eigene Interesse der benachbarten Mächte mit dem der Städte zusammenfiel. Die Hanse, die im Jahr 1669 ihre allerletzte Versammlung abhielt, hatte tatlos zugesehen, wie sich Schweden und Dänemark, die nordischen Staaten, über die sie einst glänzende Siege erfochten hatte, sich ihrer stolzesten Glieder, Bremens und Hamburgs, zu bemächtigen suchten.

       Es ist nicht anzunehmen, dass die deutschen Fürsten aus Scheu vor einem Rechtsbruch die eigentlichen Reichsstädte nicht anfochten; sie vermieden aber wohl den Rechtsbruch, weil er vermutlich zu einem ernstlichen Konflikt mit dem Kaiser und mit allen den Fürsten geführt hätte, die, weil sie leer ausgegangen wären, sich dem Kaiser angeschlossen hätten. So erhielten Nürnberg, Frankfurt, Hamburg, Lübeck, Bremen und noch viele andere, die zu unbedeutend waren, um begehrt zu werden, ihre Selbständigkeit und manche den alten Flor; Hamburg ging sogar inmitten allgemeiner Verarmung stetigem Wachstum, zunehmendem Reichtum und Ansehen entgegen. Im Allgemeinen aber nahm der Wohlstand der einst so weitberühmten deutschen Städte ab. Er hatte auf den handeltreibenden und gewerbstätigen Bürgern, auf ihrer Wehrfähigkeit und ihrer politischen Macht beruht; Wohlstand und politische Macht waren durch den Krieg, der 30 Jahre lang währte, zugleich erschüttert. Waren sie immer noch begehrenswerte Vorratskammern für die geldlosen Fürsten, so war ihr Zustand mit der mittelalterlichen Blüte doch nicht zu vergleichen. Neben den neu entstehenden fürstlichen Territorien befanden sie sich in dem Nachteil solcher Gebilde, deren an sich gute und kräftige Organe mit der Umgebung nicht mehr zusammenpassen und deshalb verkümmern.

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      Kampf СКАЧАТЬ