Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Untergang des Römischen Reiches Deutscher Nation – bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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       Dominium maris Baltici

      Ein Weltkrieg wie der dreißigjährige hinterlässt Kriegsmüdigkeit, aber auch Kriegsbereitschaft; denn von den Konflikten, die ihn herbeiführten, werden nur einige, und auch die nicht zur Befriedigung aller gelöst werden. Nicht nur die Besiegten hatten Opfer bringen müssen, auch die Sieger, die ja verschiedene und zum Teil entgegengesetzte Interessen hatten, mussten in manchen Punkten nachgeben und sich auf spätere Gelegenheiten vertrösten lassen. Es gab nach dem Krieg nicht nur eine ausgesogene, erschöpfte Bevölkerung, sondern auch Armeen, die ihre Landesherren nicht entlassen wollten und konnten, und in denen noch die Lust an ihrem Geschäft und die Begierde nach dem Gewinn brannte, den es mit sich bringen konnte. Die Gewinner im Dreißigjährigen Krieg waren Frankreich und Schweden. Frankreich war vorläufig gesättigt, Schweden war trotz seines Ländergewinns am Krieg verarmt.

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      Gustav Adolf

      Schon Gustav Adolf hätte den Krieg ohne französisches Geld nicht führen können; nach seinem Tod hatte die Krone ihre Domänen an die adligen Herren verschenken müssen, die von jeher in Schweden mächtig waren und es vollends im Kriege wurden. Bedrohlich erhob sich die Frage, wie die zurückkehrenden Soldaten ernährt werden sollten.

      Mit Gustav Adolf war die schwedisch-protestantische Linie des Hauses Wasa im Mannesstamm ausgestorben. Nachdem seine Tochter Christine abgedankt hatte, bestieg Karl Gustav von Zweibrücken als nächster Verwandter den Thron.

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      Karl Gustav von der Pfalz-Zweibrücken später als Karl X. Gustav König von Schweden. Geboren am 8.11.1622 in Nyköping, verstorben am 13. Februar 1660.

       Während manchmal kleine Reichsfürsten ihre Soldaten, die sie nicht entlassen wollten, aber nicht bezahlen konnten, irgendeiner kriegführenden Macht überließen, erwog Karl Gustav den Ausweg, mit seinem erprobten Heer einen Eroberungskrieg zu beginnen. Der Krieg konnte die Soldaten ernähren, konnte seinem Land die breitere Grundlage schaffen, die ihm fehlte, und befriedigte zugleich die angeborenen Neigungen und Talente des jungen Königs. Karl X. Gustav war unförmlich dick und schwer; aber unternehmend, abenteuerlustig und ein ausgezeichneter Feldherr, reich an Einfällen und jeder Lage gewachsen. Übrigens war er verschlossen, ob außer seinen kriegerischen Interessen etwas in ihm vorging, und was es war, erfuhr man nicht.

      Seit Jahrhunderten kämpften Dänemark, Schweden und die deutsche Hanse um das, was man damals das Dominium maris Baltici nannte, die Beherrschung der Ostsee, das heißt um das Recht, mit den angrenzenden Ländern Handel zu treiben und die damit verbundenen Zölle zu erheben; in der neueren Zeit war die Hanse aufgelöst und aus dem Wettbewerb ausgeschaltet.

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      Wenn Karl X. Gustav sich auf Polen warf, so verfolgte er damit die Politik, die sein großer Vorgänger Gustav Adolf ihm gewiesen hatte. Das agrarische Polen war zwar nicht gewerbetreibend und keine Handelsmacht; aber es besaß einen hervorragenden Handelsplatz in der Stadt Danzig, die Gustav Adolf nicht hatte überwinden können, und in der Provinz Litauen einen Küstenstrich, der ausgenützt werden konnte. Außerdem gab es noch andere, besondere Verhältnisse, die Polen und Schweden zu Feinden machten.

       Zu Ende des 16. Jahrhunderts war ein schwedischer Prinz, der die Anwartschaft auf den schwedischen Thron hatte, König von Polen geworden. Da er zum Katholizismus übergetreten war und dem neuen Glauben mit Leidenschaft anhing, so dass er ihn nicht nur in Polen, sondern auch in Schweden verbreiten wollte, wurde er in Schweden nicht zur Regierung zugelassen; vielmehr kam es dort zu strengen Gesetzen gegen das katholische Bekenntnis. Unter Ausschließung des katholischen Wasa, der in Polen regierte, kam die protestantische Linie mit Karl IX. auf den schwedischen Thron, dem im Jahr 1611 sein Sohn Gustav Adolf folgte. Der polnische Vetter, König Sigismund, behauptete sein Recht. Er war ein energischer, ehrgeiziger Fürst, der nach dem Aussterben des Hauses Rurik sein Auge auch auf Russland warf. In dem Krieg zwischen Polen und Schweden, den die polnischen Ansprüche auf Schweden herbeiführten, gelangte zwar Gustav Adolf nicht zum entscheidenden Sieg, doch kam es zu einem Waffenstillstand, der Estland und Livland in seinem Besitz ließ. Russland, wo inzwischen das Haus Romanow den Thron bestiegen hatte, war vom Meer abgedrängt. Der Umstand, dass der Kaiser Polen unterstützt und durch Wallensteins imperialistische Politik sich am Meer festgesetzt hatte, bewog Gustav Adolf in den großen festländischen Krieg sich einzumischen; er wollte verhindern, dass das Meer, welches er als das seinige betrachtete, in die Gewalt einer anderen, noch dazu katholischen Macht geriet.

      Jetzt eben, in der Mitte des 17. Jahrhunderts, hatten die Moskowiter, wie man die Russen damals nannte, unter dem Zaren Alexei Michailowitsch Polen angegriffen.

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      Zar Alexei Michailowitsch von Russland, „der Sanftmütigste“ ( russisch Алексей Михайлович Тишайший; * 19. März 1629 in Moskau; † 29. Januar 1676.

      Sollten sie den Schweden zuvorkommen? Sollte Schweden nicht vielmehr die bedrängte Lage Polens ausnützen? Ein leiser Geruch von Verwesung ging von Polen aus und lockte die Geier. König Johann Casimir von Polen war der letzte Spross der katholisch-polnischen Wasa, ein schwächlicher, zum Regiment untauglicher Herr, unter dem die Adelsrepublik sich unaufhaltsam auflöste. Es war töricht von einem so hilflosen Herrscher, die Nachfolge Karl Gustavs in Schweden nicht anzuerkennen und ihm dadurch einen Vorwand zum Angriff zu geben; es fehlte zwar auch sonst nicht an Streitpunkten zwischen Polen und Schweden, die sich hätten benützen lassen.

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      Johann II. Kasimir als König von Polen, Titularkönig von Schweden, Großfürst von Litauen (1609 – 1672)

      Schrecken und Unruhe verursachte Karl Gustavs Schilderhebung in ganz Europa. Ohnehin war der Krieg zwischen Frankreich und Spanien noch im Gang, und ein Zusammenstoß zwischen England und Holland drohte. Diese Kriege aber waren wenigstens auf zwei Gegner beschränkt; der im Osten, fürchtete man, würde um sich greifen. Große Aufregung entstand namentlich am Berliner Hof. Als Karl Gustav um Bundesgenossen warb, stimmte der kühne Graf Waldeck sogleich dafür, die Gelegenheit zu ergreifen, bei der viel zu gewinnen sei: ein Krieg an der Seite Schwedens gegen das katholische Polen fügte sich durchaus in die Ziele, die er sich für Brandenburg gesetzt hatte.

       Friedrich Wilhelm, dem die Entscheidung zufiel und der die Verantwortung tragen musste, rang mit Begier und Furcht. Siegte Schweden, so konnte er die Unabhängigkeit des Herzogtums Preußen erlangen, das er von Polen zu Lehen trug, ein höchst willkommener Machtzuwachs; war er aber sicher, dass es siegen werde? Die Schweden malten den Zustand Polens so aus, als liege es bereits in den letzten Zügen; aber der preußische Gesandte in Polen war nicht derselben Meinung und warnte. Die Räte waren mit einem so gewagten und treulosen Schritt, wie die Waffenerhebung gegen Polen sein würde, nicht einverstanden, namentlich die Kurfürstin, die Oranierin Luise Henriette, beharrte dabei, dass Friedrich Wilhelm als redlicher Mann dem König von Polen, dem er den Vasalleneid geschworen habe, treu bleiben müsse.

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      Luise (auch Louise) Henriette von Oranien-Nassau (* in Den Haag; † in Cölln, in zeitgenössischen Dokumenten werden die Daten mit 26. November und 8. Juni noch im Julianischen Kalender angegeben) war Kurfürstin von Brandenburg und die erste Ehefrau des Großen Kurfürsten.

      Aber grade das, СКАЧАТЬ