Mein Blutsbruder: Der Orden der Schwarzen Löwen – Die Jagd auf eine Mörderbande. Tomos Forrest
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Читать онлайн книгу Mein Blutsbruder: Der Orden der Schwarzen Löwen – Die Jagd auf eine Mörderbande - Tomos Forrest страница 5

СКАЧАТЬ Treibern vor Sonnenaufgang losgezogen waren. Diese Mitteilung beunruhigte mich doch etwas aufgrund der vertraulichen Information, die mir Sepp in der Nacht gegeben hatte. Aber so wusste ich den König unter dem Schutz seiner beiden Vertrauten, nahm meinen Platz an der Tafel ein und langte kräftig beim Frühstück zu.

      Viel Zeit blieb auch gar nicht mehr, die königlichen Jäger baten schon bald zum Aufbruch, und ich hatte meine Gewehre bereits vor dem Schlafengehen ausgepackt und entölt, um sie heute Morgen gleich zur Hand zu haben. Der Bärentöter erhielt frische Zündhütchen, der Henry-Stutzen war geladen, und gleich darauf brachen wir auf, um einem schmalen Pfad auf den ersten Berg zu folgen. Als wir mit dem Aufstieg begannen, erkannte ich nach und nach auch die ersten Treiber, die weit über uns waren und sich in ihren dunklen Jacken kaum von dem Hintergrund unterschieden. Jeder von ihnen trug Bergschuhe aus festem Leder, die Sohlen mit eingeschlagenen Nägeln versehen. Diese Schuhnägel waren ganz spezielle, die einen eisernen Rand um den Schuh bildeten und dem Menschen überhaupt erst den richtigen Halt gaben. Außerdem hatte jeder von uns auch einen kräftigen Bergstock, die meisten mit einer eisernen Spitze. Diese oft aus Haselnussholz gefertigten Stöcke waren insbesondere beim steilen Abstieg unentbehrlich und bremsten den zu raschen Gang. Viele der Jäger trugen dazu Rucksäcke aus grünem Leinen, in denen sich etwas Proviant, Munition und die Steigeisen befanden. Mit diesen Rücksäcken wurde auch die erlegten Gämse hinuntergebracht, nur wenige Treiber hatten eine Kraxen dabei, ein hölzernes Tragestell, auf dem sie wahre Lastenwunder ins Tal schleppen konnten.

      Der Anstieg wurde schmaler und steiler, ich spürte, wie ich warm wurde, und hatte dabei doch ein aufmerksames Auge auf meine Umgebung. Ein paar verkrüppelte Latschenkiefern säumten den Pfad, von den Treibern war hier nichts mehr zu sehen. Dann tauchte plötzlich Anton wieder bei uns auf, der ein ganzes Stück vorausgeeilt war. »Der Herr Ludwig sitzt dort drüben bei der dicken, verkrüppelten Latsche hinter dem Stein. Herr Carl ist daneben. Hier, der vornehme Herr Baron nimmt dort drüben den Platz an der Klamm ein und zwei der Jäger sind an seiner Seite zum Laden und nachschießen. Der Friedrich und die beiden Jäger dort auf der linken Seite. Wir beiden gehen noch ein Stück weiter.«

      Damit war die Einteilung gegeben, und beim Weitergehen hoben die anderen Schützen die Hand, um sie an ihren Plätzen kenntlich zu machen. Ich erkundigte mich nicht nach dem Verbleib von Sepp, weil ich annahm, dass er mit Anton im Bündnis stand und der mir schon noch sagen würde, wo wir ihn treffen konnten.

      Kaum hatten wir unsere Positionen erreicht und waren schussfertig, als ein paar kleine Steine die Wand herunterpolterten und gleich darauf die erste Gams sichtbar wurde. Es war eine alte Geiß, die ihre Gruppe anführte, aber sie war auf der Hut. Noch einmal polterten kleine Steine hinter ihr herab, und jetzt verstand ich, wer das verursachte. Die Treiber wollten damit die Gämsen auf uns zutreiben, aber noch zögerte die Anführerin, bis ein ungeduldiger, mächtiger Bock aus der noch in der Klamm versteckten Gruppe zu ihr trat und windete.

      Als hätten sich die Tiere darüber abgesprochen, blieb der Bock auf dem Platz stehen, den die Leitgeiß noch eben innehatte. Jetzt traten mehrere Jungtiere nach und nach heraus, und ich hob langsam den Stutzen, um den ersten Bock zu empfangen. Doch zuerst musste ich auf den Schuss des königlichen Jägers warten, und der krachte gerade in diesem Augenblick. Zuvor aber hatte ich schon die kleine, blaue Wolke aufsteigen gesehen, und als der Schall an mein Ohr drang, war das Wild schon mit einem ungeheuren Sprung ein Stück den Hang hinunter, strauchelte und fiel schließlich.

      Nun gaben auch die anderen Jäger Feuer, aber ich hatte das Nachsehen. Die Leitgeiß hatte sich plötzlich mitten im Lauf den steilen Hang hinunter herumgeworfen und floh jetzt über einen kleinen Bach in ein Latschendickicht, wohin ihr alle Tiere folgten und unserer Sicht damit entzogen waren.

      Auf der Strecke waren drei Tiere geblieben, und Anton neben mir gab einen zufriedenen Grunzlaut von sich.

      »Das ist recht, dass der Herr Ludwig so gut getroffen hat. Da wird er nicht nur zufrieden sein, es wird auch noch ein gutes Handgeld für alle geben.«

      »Ist die Jagd denn schon vorüber?«, wollte ich enttäuscht wissen.

      »Aber nein, was denkst du? Das war der erste Durchgang, wir sind noch nicht einmal warm geworden! Drüben in der Wand stehen noch gut zweihundert Tiere, also Geduld!«

      »Zweihundert?«, echote ich. Mir war nicht ganz klar, wie Anton auf eine derartig große Anzahl kam. Aber dann sah ich, wie er mit Adleraugen die Felswand absuchte und mich dann am Ärmel zupfte.

      »Nicht ganz eine Viertelstunde, und die nächsten kommen herüber. Du wirst dir aussuchen, welches Tier du schießen willst!«

      Ich traute dieser Aussage nicht, aber dann bewies mir Anton seine Fähigkeit, das Verhalten der Gämsen vorauszusehen. Die Treiber waren längst an anderer Stelle, und diesmal gab es keine Ankündigung, keine Steine, die über Felsen polterten. Kaum zeigte sich das Wild, stieg seitlich von mir eine blaue Wolke auf, der Schuss brach, und ein junger Bock fiel auf die Seite. Der König hatte erneut getroffen, und jetzt kam auch ich zum Schuss. Ich nahm den Druckpunkt mit dem Zeigefinger, aber als ich durchzog, musste sich die anvisierte Gams bewegt haben. Jedenfalls zeichnete sie stark, brach nach einem Sprung in die Hinterläufe und wollte sich wieder aufrichten, als sie mein zweiter Schuss tödlich traf.

      »Verflucht, was macht der Kerl?«, rief neben mir Anton verärgert. »Ja, ist das denn zu glauben? Halt da drüben!« Mit dem lauten Ruf erhob sich der Tiroler, riss sich den Hut vom Kopf und schwenkte ihn hin und her. Natürlich waren dadurch auch die letzten Tiere aufgeschreckt und in der nächsten Klamm mit ein paar schnellen Sprüngen verschwunden.

      Erst jetzt bemerkte ich die Ursache für den Ärger meines Nebenmannes. Es war der Baron, der sich hinter seiner Deckung erhoben hatte und einen raschen Schuss abfeuerte. Doch die Richtung gefährdete andere Schützen, und nun wurde die Jagd natürlich sofort unterbrochen. Ohne nach rechts oder links zu sehen, sprang Anton unseren Hang herunter und lief laut schreiend, mit den Armen gestikulierend zu Baron von Falkenstein hinüber, der seine Büchse gesenkt in den Händen hielt.

      »Verfluacht no amol eini!«, brüllte Anton in einer Lautstärke, die über das gesamte Jagdgebiet schallte. Gleich darauf stand er vor dem völlig verdatterten Baron, riss ihm die Büchse aus der Hand und schleuderte sie mit einem Fluch beiseite, und der war zwar für alle verständlich, aber nicht zu übersetzen: »»Himmelhergottzagramentkruzifixhallelulijalecktsmiamarschscheißglumpverreckts!«

      Anton war in seiner Wut über den unglücklichen Schützen derart in Rage geraten, dass er in seinen Tiroler Dialekt verfiel. Jetzt aber war auch der Baron dunkelrot im Gesicht angelaufen und brüllte zurück:

      »Was fällt dir eigentlich ein, du Hundsfott? Kommst daher und reißt mir das Gewehr aus den Händen, wirfst es auf die Steine, und denkst, das lasse ich mir gefallen? Du wirst mir dafür den Schaden bezahlen, wenn ich die Waffe zum Büchsenmacher bringen muss!«

      Anton aber packte den Baron mit beiden Händen an der Jacke und antwortete in seiner bisherigen Lautstärke:

      »Verfluacht noamol eini, was glabt’n der Saufratz, wer er isch?«

      Schon hob er die rechte Faust zum Schlag, als eine begütigende Stimme hinter ihm sagte: »Lass es gut sein, Anton. Er wird es nicht absichtlich gemacht haben!«

      Der Jäger drehte verwundert seinen Kopf und ließ die Hand sinken.

      »Oh, Maje… Herr Ludwig!«

      Nun waren aber auch von allen Seiten die Jäger und Treiber zusammengelaufen, um zu hören, was es da gegeben hatte. Endlich straffte der Baron seine Gestalt und nahm sich zusammen. Eben noch vor Wut bebend, verbeugte er sich höflich vor dem König und blieb noch einen Moment in der devoten Haltung, vermutlich, СКАЧАТЬ