Kleine Frau im Mond. Stefan Boucher
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Название: Kleine Frau im Mond

Автор: Stefan Boucher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754174128

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СКАЧАТЬ Haupt gesetzt hatte.

      »Ach, du bist nicht Manfred«, stieß sie hervor.

      Er rieb sich mit dem Zeigefinger unter der Nase entlang und spielte Bedauern. »Nein, damit muss ich mich seit meiner Geburt abfinden, dass ich Helmut heiße.«

      »Oh, und wo ist Manfred?« Sie hörte sich dummes Zeug reden, aber die Atmosphäre um sie herum war so betäubend, der Wein berauschend – oder andersrum – dass ihr jede Schlagfertigkeit abging.

      »Ich kann Ihnen nicht helfen, junges Fräulein. Ich sah den leeren Stuhl und dachte, hier wäre etwas frei.«

      »Nein, ist es nicht. Hau ab«, tönte es von der Seite. Manfred war zurück, neben sich der Kellner, der neue Getränke brachte. Und Saft.

      Der Junge in Feldgrau erhob sich, bewegte die Hand zur Mütze und grüßte Mara. »Bin schon weg, einen schönen Abend noch.«

      »Einen schönen Abend«, sagte sie leise zurück. Dann trank sie einen Schluck und bemühte sich, in das Gespräch einzusteigen, das er mit ihr entspann, aber sie hörte gar nicht richtig zu. Dieser Junge … so hübsch, so fremd, so überraschend aufgetaucht war er, wie eine Fata Morgana.

      »Wen suchst du«, fragte Manfred spitz, nachdem ihm aufgefallen war, dass Mara abwesend schien und ihre Blicke durch den Raum schweifen ließ.

      »Ehm, deine Freunde. Die Jungs von der SS.«

      »Jemineh, die waren doch in Begleitung.« Er schmunzelte. »Die sind schon weg. Du verstehst?«

      Nein, tat sie nicht. Obwohl, wenn sie nachdachte, verstand sie jetzt schon. Und stellvertretend für deren Freundinnen errötete sie schweigend. Manfred spürte, dass etwas anders war, und fragte danach.

      »Die Listen heute«, log sie. »2. SS-Panzerdivision. Sauerland wollte, dass wir die Verluste schnell bilanzieren, weil die nach Frankreich verlegt werden zur Auffrischung. Auf dieser Liste ... da hätten die drei sein können.«

      Manfred nickte. »Lass uns nicht jetzt davon sprechen. Wir sollten lieber tanzen.«

      Sie gab sich einen Ruck und ging mit ihm auf die Tanzfläche. Er würde sie nach Hause bringen müssen. Wenigstens bis zum Fasanenplatz. Die letzten Meter sollte sie alleine schaffen. Dann war sie vor dummen Bemerkungen der Winklers sicher – oder dem starrenden Blick von Heinz, obwohl der wahrscheinlich bereits schlief. Wenn der überhaupt jemals schlief.

      Montag, 20. März 1944

      Feierabend. Endlich. Mara blätterte Zeitschriften durch und Herr Darburg bekam Besuch von dem hochgewachsenen Herrn, den sie schon einmal kurz hier gesehen hatte. Der ehemalige Botschafter in Moskau, wie sie nun wusste. Auch er hatte sie erkannt und sogar mit einem beiläufigen Nicken gegrüßt. Herr Darburg und sie hatten vorher über Büroarbeit gesprochen und sie hatte die Liebe zu ihrer Remington erwähnt, als der stattliche Herr herangetreten war.

      Der Fremde, Graf von der Schulenburg, hatte lächelnd gesagt, dass er Remington kenne, aber seine Lebenserinnerungen wolle er dereinst auf einer großen schwarzen Continental schreiben. Dann hatten sich die beiden nach hinten in den Laden zurückgezogen. Dort flüsterten sie. Mara konnte trotzdem fast alles hören.

      »Siehst du Wilhelm? Es ist so gekommen wie ich es vermutet habe. ›Operation Margarethe‹ macht aus dem Verbündeten Ungarn den nächsten Feind. Und wir sind machtlos.«

      »Fritz, ich beschwöre dich …«.

      »Ach«, winkte der andere aufgebracht ab. Ein Ruck ging durch seinen hageren Oberkörper, als wollte er am liebsten fortlaufen. Doch er blieb. »Ist mir egal, wer was hört. Die Meldung ist rum und bald steht es in allen Zeitungen. Von Weichs hat Ungarn unter Kuratel gestellt, so sieht es doch aus. Horthy wurde in die Falle gelockt, vom Führer höchstpersönlich. Genauso wie ich damals, ‘41.«

      »Jaja, weiß ich doch«, war der Zeitungshändler noch immer um Mäßigung bemüht.

      War sie es, die ihn als Ohrenzeugin beunruhigte? Sie blätterte ja bloß seelenruhig durch die Magazine. Sobald er alleine war, würde sie ihn nach einem Heft fragen. Sicher hatte er eines für sie.

      »Bist du länger in Berlin, Fritz?« Es war offensichtlich, dass der alte Darburg das brisante Thema wechseln wollte.

      »Wie könnte ich?«, schnaufte der andere. »Ich bin im Dienst. Aber Alwine … vor ein paar Tagen rief sie in der Dienststelle Krummhöbel an, bei mir im Riesengebirge. Dreimal. Ich solle sofort nach Berlin kommen. Erst verlangte sie ihren schwarzen Mantel, der aber in Falkenberg auf der Burg liegt. Danach wollte sie plötzlich alle ihre Sachen wieder haben. Obwohl sie selbst alles dort in Sicherheit gebracht hat.« Er schwieg für einen Moment, als sammle er Kraft. »Ich habe den Bürgermeister von Falkenberg angerufen, der soll sich kümmern. Und ich bin hergekommen, aber ich muss gleich morgen früh wieder nach Schlesien zurück.

      »Und gerade jetzt geht es ihr …?«

      Fritz legte Wilhelm die Hand auf den Unterarm. »Gut, wie denn auch sonst? Sie lacht und scherzt. Das ist die Krankheit. Sie weiß von den Anrufen gar nichts, obwohl sie meine halbe Abteilung aufgewirbelt hat. Oh, wie es alles zusammenpasst. Irrsinn überall. Dort, hier, bei ihr. In der Politik. Jetzt verlieren wir Ungarn. Seit ich in Moskau diesen Wahnsinn vertreten und sogar überbringen musste, war ich nicht mehr so enttäuscht, Wilhelm. Nicht mehr so enttäuscht. Als Botschafter zuerst belogen werden, eiskalt belogen und dann sowas …«

      Darburg nickte bloß.

      Natürlich hörte Mara aufmerksam zu. Durch ihre Tätigkeit in der Wehrmachtauskunftstelle wusste sie jetzt sehr viel mehr vom Krieg und auch von Politik als zuvor – mehr als Vater. Aber der Arme saß ja den lieben langen Tag vor den Toren Berlins in seinem Stellwerk. Sie hatte kein richtiges Bild davon, wer Friedrich-Werner war. Sie wusste von Diplomaten nur das, was sie aus den Romanen kannte. Oft waren sie in dunkle Machenschaften verstrickt oder beauftragten Geheimagenten. Dieser hier schien ganz nett zu sein. Interessant. Ihre gesamte Menschenwahrnehmung hatte sich verändert, seit sie nicht mehr nur im Fahrkartenschalter saß. Nur aus dem alten Wilhelm Darburg wurde sie nicht schlau. Haltung, Gestik und sogar die Art zu sprechen war seinem Gegenüber so ähnlich. Doch passte der Zeitungsstand dazu in keiner Weise. Sie nahm sich vor, ihn bei Gelegenheit zu fragen.

      Die Herren unterhielten sich weiter. Es ging um Öl, das für das Reich unbedingt zu sichern sei, Öl in Ungarn, als plötzlich einer der beiden mitten im Satz abbrach.

      »Ist es der Fritz? Wilhelm, das ist doch tatsächlich der Fritz.« Er zeigte nach draußen.

      Sie schauten auf einen Punkt außerhalb des Schaufensters und sie schielte ebenfalls dorthin. Davor stand ein Mann in dunklem Mantel und besah sich die Auslage. Friedrich-Werner regte sich hektisch.

      »Das ist er«, bestätigte Darburg. »Aber du bleibst hier!«, sagte er zu ihm beinahe im Befehlston.

      »Oh ja, und ob«, erwiderte der hämisch. »Vor solchen Leuten weiche ich nicht zurück!« Die Tür klapperte, als der Fremde hereinkam und augenblicklich stehenblieb. Es fehlte nur, dass er sich die Augen rieb.

      »Herr Botschafter, Herr Legationssekretär. Sie hier?« Seine Miene hellte sich auf und er ging auf die beiden zu, ohne Mara zu beachten.

      »Herr Reichs … intendant«, СКАЧАТЬ