Kleine Frau im Mond. Stefan Boucher
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Название: Kleine Frau im Mond

Автор: Stefan Boucher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754174128

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СКАЧАТЬ mal, Mara. Im Tauentzienpalast spielen sie heute nochmal Die Feuerzangenbowle. Hättest du Lust?«

      Ihre Miene hellte sich wieder auf. Film! »Natürlich, ja. Gerne«, dann wurde sie ruhiger. »Aber ich muss nach Hause, Vater weiß nicht wo ich bin und er hatte Frühdienst. Er würde sonst warten und das gibt dann Ärger.«

      »Das macht nichts. Ich kann dich abholen. Sagen wir um 19 Uhr?«

      »Nein, lieber treffen wir uns dort, es ist ja nicht weit. Oder am Bahnhof Zoo vor dem UFA-Palast

      Er nickte. »In Ordnung, ganz wie du willst. Bleibt’s beim Film?«

      Sie konnte nur breit strahlen. Er hob winkend den Ordner und schloss die Tür. Erst jetzt merkte Mara, dass sie hungrig war. Lächelnd schlug sie das Taschentuch auseinander und machte sich über die zwei großen Stücke Schokolade her. Als die drei anderen aus der Pause kamen, war längst nichts mehr übrig.

      ***

      Die Tage wurden zwar länger, aber jetzt, wenige Minuten nach 19 Uhr, war es noch immer dunkel. Ganz anders in der Nürnberger Straße. Gäbe es nicht die Tarnnetze, die über die Straßen gespannt waren, hätte man glauben können, es sei Frieden. Überall waren Menschen und auch einige Autos fuhren, vor allem Taxis und sicherlich manche Dienstfahrzeuge.

      Den Tauentzienpalast kannte sie, also wartete sie dort. Mara war schick zurechtgemacht. Wenn sie auch ein wenig fror, hatte sie sich doch für die dünne halblange Jacke entschieden sowie einen alten seidenen Schal, den sie um den Kopf geschlungen hatte. Dazu passten die silbernen Ohrringe, die sie nur selten benutzte, denn die stammten von ihrer Mutter. Vater hatte sie ihr vor einigen Monaten feierlich gegeben. Sie sei jetzt alt genug, sich adrett zu machen, hatte er gesagt. Ihr Herz schlug aufgeregt, wann immer sie an diesen Moment dachte. Sie waren schon ein gutes Pärchen, Paps und sie. Meistens jedenfalls.

      Das Kino, direkt neben dem Femina-Palast, war gut besucht. In großen Lettern wurde die Feuerzangenbowle beworben und verkündet, dass Heinz Rühmann mitspiele. Manfred erblickte sie noch nicht. Immer wieder sah sie sich um. Im Femina hatte die ›Kraft durch Freude‹-Organisation ein Konzert mit Juan Llossas und seiner spanischen Kapelle organisiert. Entsprechend stark war der Andrang. Sie reckte und streckte sich. Als ihr jemand auf die Schulter tippte, erschrak sie und wandte sich um, eine Schimpfkanonade auf den Lippen. Dazu kam sie erst gar nicht. Manfred stand vor ihr – in Zivilkleidung und mit Bowler auf dem Kopf. Ihr Mund blieb offen. Sie staunte.

      »Überrascht? Ich dachte, du hättest mich erwartet?«, grinste er.

      Mara stammelte nur »Ehhm«.

      »Du kennst mich nur in Uniform, stimmt‘s?«

      Sie nickte. Er sah aus ... wie ein Gentleman. Wie ein Schauspieler.

      »Also dann, gehen wir.« Seine Augen strahlten. Auch die dicken Brillengläser konnten das Leuchten nicht mindern. Sie schlenderten zum Tauentzienpalast und stellten sich hinten in die Schlange. Die friedlichen Tage wurden von den Menschen in vollen Zügen genossen – wer wusste schon, wann es die nächsten furchtbaren Luftangriffe geben würde?

      »Hier ist ja was los«, staunte Mara.

      »Aber sicher«, stimmte Manfred ihr zu. »Hier gibt es alles, was du dir vorstellen kannst. Und auch was man sich nicht vorstellen kann. Bis vor ein paar Jahren war dort die Kakadu-Bar, an der Ecke Joachimstaler, Ku’damm und Augsburger. Da hing über jedem Tisch ein Käfig mit einem Kakadu, der auf Kommando die Rechnung bestellte.«

      Sie lachte laut und fröhlich.

      Er zeigte auf einige schimpfende Wartende, die an der Kasse abgewiesen wurden. Es schien, dass die Vorstellung ausverkauft war. »Die Feuerzangenbowle ist aus, wie wäre es mit einem Tänzchen im Femina

      »Femina, ich weiß nicht.« Sie sah neugierig die geschmückte und erleuchtete Fassade hoch, wenigstens bis zur zweiten Etage, denn darüber verdeckten die Tarnnetze des Luftschutzes die Sicht. Es sah aufregend aus, aber klang verrucht. Da gehörte ein anständiges Mädchen eigentlich nicht hin. Doch sie war nun hier, und sie hatte männliche Begleitung.

      Manfred ließ ihr nicht die Zeit weiter zu grübeln, sondern ging einfach vor und auf das Portal zu, so dass ihr nichts andere übrig blieb, als zu folgen.

      Die riesige, doppelflügelige Tür öffnete sich und augenblicklich veränderte sich die Atmosphäre. Die Dunkelheit des Abends, die einsetzende Kühle verschwanden im Hintergrund hinter ihnen. Ein hell erleuchteter Vorraum tat sich auf, an den sich zu beiden Seiten Freitreppen anschlossen und im Hintergrund befand sich eine weitere Tür. Breiter und höher als die erste, aus dunklem Holz mit goldenen Ornamenten verziert und mit geschliffenem Kristall in der Mitte versehen. Dahinter erkannte sie schemenhafte Bewegungen, hörte Gelächter, Geräusche. Klirrendes Glas, sah taghelles Licht. Der Vorraum war gefüllt mit Menschen. So hatte Mara es in ihren Romanen gelesen, wenn die Helden in mondänen Hotels abstiegen. Das gab es wirklich … hier in Berlin … und sie mittendrin? Musik drang an ihr Ohr, schräg, schnell überspitzt. Sie waren ja kaum in das Gebäude vorgedrungen und wenn sie sie bis hierhin hörte, bei all dem Lärm – da musste riesig was los sein.

      »… Alter …?«, sagte jemand undeutlich.

      »Sie ist mit mir hier, achtzehn Jahre«, antwortete Manfred bestimmt und flüchtig schenkte sie ihm ein Lächeln, vollkommen überwältigt von dem, was hier um sie herum geschah.

      Als sie nach oben sah, bemerkte sie eine verspiegelte Decke und darunter hing ein großer und runder Kristallleuchter.

      Jemand zupfte an ihr und zog sie mit. Mara konnte den Blick nicht von dem spiegelnden Himmel über ihr lösen. Sie sah sich selbst, ganz klein, und viele andere, ebenso winzig. Aber alles war so fremd. Eine wahrhaft neue Welt, an der sie sich nicht sattsehen konnte.

      »Staune keine Löcher in die Luft, wir müssen die Mäntel abgeben.«

      Sie senkte unwillig ihren Blick. Er hatte sie zu einer Garderobe geführt und bereits seinen Mantel ausgezogen. Gerade reichte er einem Pagen in Uniform mit seidenem Einstecktuch den Bowler-Hut.

      »Jetzt du«, er traf Anstalten, ihr aus der Jacke zu helfen. Sie musste sich wahrhaftig zwingen, nicht wieder nach oben zu sehen, selbst die Garderobe war aufregend neu und anders. Das Tuch zog sie vom Kopf und legte es sich um den Hals und verrenkte sich etwas, damit ihre schwere rote Mähne sich nicht verhedderte, dann drehte sie sich um.

      Manfred langte nach ihrem Schal, doch hielt urplötzlich inne und betrachtete sie.

      »Ich behalte ihn um, nur zur Sicherheit«, deutete sie seine Reaktion falsch.

      Er schüttelte den Kopf und sah sie von oben bis unten an. Sie trug ein dunkelrotes Kleid. Es war leicht ausgeschnitten. Keinesfalls so aufreizend, wie viele junge Mädchen es wagten, aber gegenüber den hochgeschlossenen Blusen, die sie in der Dienststelle anhatte, war es fast freizügig. Von einem Vergleich mit ihrer Reichsbahnuniform gar nicht zu reden. Deshalb das Tuch um den Hals.

      »Och, das Kleid?!«, deutete sie seinen Blick und er nickte. »Mein Vater hat es mir zu Weihnachten geschenkt.«

      »Du bist wunderschön«, hauchte er dann. Der weiße Seidenschal um ihren Hals schuf einen zauberhaften Kontrast zu dem vollen Rot ihrer Haare und dem bleichen Teint ihres Gesichtes. Er zwang sich zu einer Reaktion, er musste einfach etwas tun.

      »Noch СКАЧАТЬ