Herrschaft der Hyänen. Richard R. Bernhard
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Название: Herrschaft der Hyänen

Автор: Richard R. Bernhard

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783742757319

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Mautner verwickelte den abseitsstehenden Dalheim, den Vice President, in ein Gespräch, saugte Informationen über die Arbeitsatmosphäre in der Firma, über das Management, über Handelsbeziehungen, Steigerungsraten und anderes aus ihm heraus. Über Mautners Gesicht huschte ein leichtes Lächeln, eine innere Aufbruchsstimmung, eine Gier bohrte in ihm.

      Der Börsenneuling wurde umgarnt wie ein Popstar. Beschwatzte hier ein Mann die Medien? Oder stachelten ihn die Medien an? Die Medien reizten seine schillernde Lebensgeschichte, seine Jugendlichkeit, seine Wendigkeit, seine Schlagfertigkeit und gleichzeitig seinen Charme. Er beherrschte die Inszenierung. Er beendete die Vorstellung, in dem er auf die Symbolfigur der Börse, auf die Skulptur des Börsenbullens stieg und ihn an den Hörnern packte. Mehrere Fernsehkameras von Anstalten aus aller Welt waren auf ihn gerichtet. Der Bulle mit seinem erhobenen Kopf, die Körperlast auf die Vorderbeine stützend, symbolisierte Optimismus, steigende Kurse, Hoffnung, Aufschwung. Beckstein wollte den Anlegern seines Wertpapiers die Aussicht nach lang anhaltender Hausse, nach rasantem Steigen des Kurses des Wertpapiers seines Unternehmens nahebringen.

      In den folgenden Tagen belagerten gewissermaßen die Medien die Burg-Firma, um brandneue Interviews zu erhalten. Die Sonne schien. Es wehte eine ganz leichte Brise. Kleine Schönwetterwolken zogen am Himmel vorbei. Auf dem Innenhof durchdrangen die Sonnenstrahlen das Blätterwerk der alten, in der Mitte des Hofes stehenden Linde. Die Vermittler der neuesten Nachrichten, der Meinungen, der Ereignisse hatten ihre Kameras auf dem Innengelände aufgebaut und schwenkten sie nach allen Seiten auf die rekonstruierten Gebäude der Burg-Firma. Nachdem Jan Beckstein die Reporter durch die Firma geführt hatte, ging er mit den Berichterstattern über den Burghof, durch das Burgtor, die steinerne Treppe hinab in den Park. Unten angekommen, stieg er die Steinstufen wieder hinauf und setzte sich auf die obere letzte Stufe – er ganz oben, die Interviewer unten auf der Wiese. Welch eine Symbolik? Wollte er Coolness, Lässigkeit demonstrieren? Sollte das Negieren der Senkrechten, das ungezwungene Thronen das Aufbegehren gegen Konventionen deutlich machen? In seinen Gesprächen versicherte er den Aktionären die Transparenz seines Unternehmens für die Öffentlichkeit zu. Er hielt den neuen Aktionärsbrief hoch. Mit diesem wichtigen Informationsmaterial wolle das Unternehmen für eine jederzeit durchschaubare Öffentlichkeitsarbeit sorgen und in bestimmter Folge über das Unternehmen und die Entwicklungen auf dem Markt berichten.

      Auf der Treppe, strotzend vor Selbstbewusstsein, über den Reportern stehend – wie ein Verkündiger, ein Prophezeier die Arme abspreizend – pries er neue Produkte an, platzierte die Umsätze in schwebenden Höhen, deutete weltweite Expansionen und Niederlassungen auf allen Kontinenten an.

      In seinem Einfallsreichtum glich er dem süditalienischen Abenteurer, Cagliostro. Dieser Hochstapler und Alchemist, Guiseppe Balsamo, der sich ‚Graf von Cagliostro‘ nannte, dachte sich mit großer Findigkeit stets neue Betrügereien aus. Er soll die ‚Halsbandaffäre‘ am französischen Hof Ludwigs XV. in Gang gebracht haben. Durch Spiritismus, Wunderkuren, angebliche Goldmacherei, durch den Verkauf von Liebestränken, Elixieren, Schönheitsmixturen habe er hohe Profite erzielt und großen Einfluss in der Gesellschaft gewonnen. Analog diesem Scharlatan verbreitete der Star an der Börse unerschütterlich seine großen Visionen. Er kündete ‚Weltneuheiten‘ an und versprach hohe Dividenden. Die Medien sogen diese Informationen auf wie ein Schwamm. Pure Lobeshymnen wurden danach der Öffentlichkeit präsentiert.

      Tage später war das regionale Fernsehen mit einer Schar von Assistenten und Helfern auf der Burg.

      Jan Beckstein empfing das Geschwader: „Ich begrüße die Vertreter des Leitmediums auf der Vogelfelsburg. Die Statistik sagt, im Schnitt sieht jeder Bundesbürger am Tag über zweihundert Minuten fern, deshalb freue ich mich besonders über den Besuch unseres Hauptmeinungsbildners.“

      Beckstein führte, von der Kamera verfolgt, durch die Burganlage. Aus verschiedenen Blickrichtungen und Perspektiven wurden die Gebäude, der Turm, der Innenhof, der Arkadengang, der Park, die Nebengebäude, die vielen Innenräume der Burg und die Arbeitsräume der Firma aufgenommen. So stellte Beckstein sein Unternehmen vor. Im Konferenzraum waren Vorbereitungen für eine Demonstration getroffen worden. Sie sollte zeigen, wie sich leicht mit einer Miniprobe eines biologischen Materials mehrere tausend Einzelnachweise auf einem Chip automatisiert durchführen ließen.

      Kapitel 5

      Seitdem Rohrbach in Pension war, kleidete er sich nicht mehr in dunklen Tönen, bevorzugt schwarz. Er zog, auf Rat seiner Tochter, lebendige, leuchtende Farben für seine Kleidung vor. Er trug eine beige Jerseyjacke mit vielen pfiffigen Details über eine Pockethose. Obwohl er gewisse Eleganz ausstrahlte, konnte seine Kleidung kaum sein draufgängerisches Verhalten und das kantige Aussehen seines bulligen Leibes mit dem breiten Oberkörper und strammen Muskelpaketen überdecken. Sein Auftreten strahlte Schonungslosigkeit und Machtstellung aus.

      Nachdem Rohrbachs Frau vor einem Jahr verstorben war, begann sich eine Freundschaft zur Nachbarin Rohrbachs, Eleonore Bürgel, zu entwickeln. Sie wohnte erst seit kurzem in dem Haus ihrer verstorbenen Schwiegereltern. Kleine Freundschaftsdienste förderten die Verbundenheit. Rohrbach verschnitt in Abständen die Gehölze oder mähte die kleine Rasenfläche am Haus der Nachbarin. Beide freuten sich gemeinsam über ihre Vorgärten mit Buschwerk, kleinen Bäumen und Blumen an den Rändern. Allerdings bestand ein großer Unterschied in deren Gestaltung, ja es gab regelrechte Kontraste. Während Rohrbach zwar Mut zur Farbe zeigte, besaß er aber keine Begabung für ein Zusammenspiel der Farben. Ähnlich wie bei anderen Bewohner im Dorf war sein Vorgarten, in Anlehnung an die Bauerngärten, ein knallbunter Malkasten. Bei ihm bekämpften sich quasi die Farbkontraste. Bei ihm leuchteten die gelben Flecken beschwingt, warm, hell wie die Sonne. Und vom Nachbarn wuchsen weitere Gelbblüher zu ihm herüber.

      Anders in Eleonore Bürgels Gartenfläche, in der Grün Grund- und teilweise Hauptton war. Die zartgebaute, feingliedrige Bürgel trug ihr angegrautes Haar meist hochgesteckt. Sie bewegte sich graziös wie ein Ballettmädchen, sie hatte glatte gepflegte Haut. Stets war sie chic, farblich stilgerecht abgestimmt gekleidet, so wie es ihrem ehemaligen Beamtenstatus entsprach. Nie sah man sie in abgetragener Kleidung. Auch tagsüber legte sie leicht Rouge auf und betonte ihre Lippen farblich. In Punkto Gartengestaltung zeigte sie ein feines Gefühl, wie sie die vielen Grüntöne miteinander kombinieren, aufeinander abstimmen und zu einem betörenden Höhepunkt entwickeln konnte. Andere Farben waren nicht tabu, Weiß-, Grau- und Silbertöne gemischt mit vielfältigen Abstufungen von Grünschattierung entwickelten sich buchstäblich zu einer Sinfonie. Für Eleonore war Grün das Sinnbild für Leben, für Hoffnung, für Magie. Sie hätte über Grün Vorträge halten können, sie spürte in Grün eine zauberische, geheimnisvolle Ausstrahlung. Sie meinte, Grün beruhige das Auge und das Gemüt. Gelb war für sie nicht elegant genug, auf sie wirkte Gelb aufdringlich, bestimmend, grell, auf ihrem Sofa durfte kein gelbes Kissen liegen.

      Das Wochenende verbrachten Bürgel und Rohrbach gemeinsam. Sie kochte für ihn. Er erledigte kleine Aufträge zur Instandhaltung. Rohrbach war von Natur aus etwas zurückhaltend, ein blendender Erzähler war er nicht. Also berichtete Eleonore Bürgel bei den Zusammenkünften über ihre aktive Arbeitsphase als Richterin am Kreisgericht. Nun befand sie sich wie Rohrbach im Pensionsalter. Nach dem Tod ihres Mannes habe sie wochentags in Kassel gewohnt, ihre Tochter sei in Amerika und ihre Schwester wohne südlich im Allgäu.

      Rohrbach konnte nun am Thema anknüpfen und erzählte von seiner Tochter, die in Köln wohne und in einem Unternehmen der Computerbranche arbeite. Im Abstand von ein bis zwei Wochen komme sie immer zu ihm, übernachte bei ihm, schaue kritisch in seinen Kleiderschrank, rangiere ältere Kleidungsstücke aus und gehe mit ihm auch moderne Sachen einkaufen. Sie habe einen Blick dafür, wie er sich chic und adrett kleiden solle. An seinem Haushalt habe sie nichts auszusetzen - sie bestätige, Sauberkeit, Ordnung, Wäsche habe er im Griff.

      Am Montagmorgen lief Rohrbach im Tal über Grasstoppeln СКАЧАТЬ