Die Sprache des Traumes – Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 2 in der gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski. Wilhelm Stekel
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Читать онлайн книгу Die Sprache des Traumes – Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 2 in der gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski - Wilhelm Stekel страница 8

СКАЧАТЬ ist im Allgemeinen“, sagt Freud, „bei der Deutung eines jeden Traumelementes zweifelhaft, ob es:

      a) im positiven oder negativen Sinne genommen werden soll (Gegensatzrelation);

      b) historisch zu deuten ist (als Reminiszenz);

      c) symbolisch, oder ob

      d) seine Verwertung vom Wortlaute ausgehen soll. Trotz dieser Vieldeutigkeit darf man sagen, dass die Darstellung der Traumarbeit, die ja nicht beabsichtigt, verstanden zu werden, dem Übersetzer keine größeren Schwierigkeiten zumutet als etwa die alten Hieroglyphenschreiber ihren Lesern.“ (Traumdeutung S. 245.)

      Die Träume sind eben verschieden. Manche sind dunkel und verworren und bedürfen mühsamer langwieriger Arbeit. Der Traum muss mit Hilfe aller Finessen in seine Elemente aufgelöst werden. Wir wollen als leichtes Schulbeispiel einen Phantasietraum analysieren, der sich eigentlich auf eine einzige Symbolisierung zurückführen lässt.

      Es gibt nämlich auch solche Träume, die man mit einem einzigen Schlüssel auflösen kann. Wenn beispielsweise

      (12.) eine Frau in die Fleischbank geht, um Einkäufe zu machen, die Fleischbank offen findet, ein großes hartes Stück Fleisch in Form einer Wurst wählt, es in die Tasche steckt, in die es kaum hineingeht, weil es in der Wärme der Tasche aufgeht, so wird jedes Detail des Traumes verständlich, wenn man weiß, dass es sich um fleischliche Gelüste und um Einkäufe auf dem Liebesmarkt handelt. Einen solchen Traum, bei dem das „Telephon“ eine erotische Bedeutung hat, will ich hier mitteilen. Er ist sehr lang und anschaulich, enthält eine Unsumme Details, die natürlich für die Analyse ebenfalls von Bedeutung sind und über die ich vorläufig hinwegsehen will. Bemerkenswert ist dieser Traum noch aus dem Grunde, weil er mit einer poetischen Produktion abschließt. Gedichte im Traume sind keineswegs sehr selten. Einzelne Verse kommen in Träumen vor und sind mitunter sehr gelungen. Ich will hier der Versuchung widerstehen, auf das interessante Kapitel von der Produktion im Traume einzugehen. Dichtung und Traum sind beide Produkte des wussten (Vergleiche meine Studie „Dichtung und Neurose“, Grenzfragen des Nerven und Seelenlebens. J. F. Bergmann 1909.) und zeigen natürlich eine innige Verwandtschaft.

      Der lustige Traum der Frau „Alpha“ der mit einer Ballade abschließt, lautet also (Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, dass ich alle Traume in dem Wortlaute bringe, wie die Träumer sie mir niedergeschrieben haben. Die unscheinbarste Redewendung, ein Verschreiben, die Wahl der Interpunktionen — dass alles kann bei der Analyse eine große Bedeutung haben.):

      (13.) „Ich mache bei meiner Schwester einen Besuch und treffe bloß meinen Schwager zu Hause. Es klingelt am Telephon. Erstaunt frage ich, seit wann ein solches in der Wohnung eingeführt wäre. Mein Schwager wirft mir einen geringschätzenden Seitenblick zu und sagt, ob ich denn keine Zeitung lese. Ich antworte, dass ich dies wahrscheinlich nicht mit gebührender Aufmerksamkeit besorge, und erkundige mich um den diesbezüglichen telephonischen Zusammenhang. Der Schwager erklärt mir, es sei jetzt eine Reform im ganzen Telephonwesen und dadurch, dass man die dummen, unverlässlichen Telephondamen durch Herren ersetzt hat, die den gebildetsten Ständen angehören, sich freiwillig angeboten haben und abwechselnd stundenweise den Dienst versehen, gibt es keinen Anlass zu Ärger und Beschwerde mehr. Es existiert bereits keine anständige Familie in ganz Wien, die nicht ihr eigenes Telephon hat, und die Gebühr ist dadurch, dass die Zahl der Teilnehmer ins Ungeheure gestiegen ist, bedeutend verbilligt. Mir leuchtet sofort die Notwendigkeit dieses Sprachrohres ein und mit Begeisterung entschließe ich mich auch zu dieser Anschaffung. „Ein Schuft, wer kein Telephon hat“, beteuere ich voll Eifer und frage nach der Gebühr. „Bloß 100 Kronen pro Jahr“, meint der Schwager. „Lächerlich, diese Kleinigkeit“, sage ich, nobel, wie ich schon bin, und zaubere sofort aus meiner an Leere gewohnten Tasche die genannte Banknote hervor. Mit Ungeduld dränge ich, dass nur rasch meine Teilnehmerschaft eingeleitet wird. Mein Schwager nimmt mir das Geld ab und ich höre ihn telephonisch unterhandeln. Da erscheint ein Herr, bartlos, schwarz, klein, mit unsympathischem Äußeren und dröhnend lauter Stimme. Er stellt sich als Bassist der Hofoper vor und sagt, er wäre derjenige, dessen Obsorge meine Telephonnummer anvertraut sei. Der Schwager nimmt mich beiseite und unterweist mich, ich soll recht liebenswürdig mit dem Herrn sein und ihn ab und zu zum Nachtessen einladen, da werde ich dann ganz anders berücksichtigt. Ich sage ihm ganz offen, dass ich die Stimme des fürchterlichen Menschen nicht vertrage und bei der Vorstellung, der Grässliche werde mir künftig in die Ohren brüllen, lieber auf das Telephon verzichte. „Gib mir mein Geld zurück“, sage ich sehr ernüchtert. „Das kann ich nicht mehr, denn ich habe bereits eingezahlt“, erhalte ich zur Antwort. Von höchster Seligkeit zu tiefstem Jammer ist bei mir stets bloß ein kleiner Schritt und trostlos, mit dem Telephon behaftet zu sein, frage ich, ob denn nicht lieber der Tenor der Hofoper mir zugeteilt werden könnte. Tenöre haben viel nettere Stimmen! Da erscheint wieder ein Herr, groß, bartlos mit roten Backen wie ein Borsdorfer Äpfelchen, stellt sich mir als Tenor der Hofoper vor und fragt wegen des Telephons an. Ich erkläre ihm sofort, sein Organ sei mir viel sympathischer als das des Bassisten und ich wünschte sehr, die Herren vertauschen zu können. In der Gesellschaft des Herrn befand sich eine Dame, die er mir als seine Schwester, welche Schauspielerin ist, vorstellt Der Herr ersucht meinen Schwager, mit dem Bassisten wegen des Tausches zu verhandeln. Dieser tut es mit sichtlichem Widerwillen und gleich darauf höre ich, nach einem erregten Wortwechsel, dessen Sinn ich nicht verstehe, den Bassisten sich schimpfend entfernen. Mein Unglück ist geschwunden und überselig fordere ich Herrn und Dame auf, Platz zu nehmen. Ich bemühe mich, liebenswürdig zu sein und, eingedenk der Weisung meines Schwagers, bringe ich meine Einladung zum Abendessen vor, die bereitwilligst angenommen wird. „Nein, werden das genussreiche Abende sein“, schwärme ich entzückt. Die Schauspielerin stellt mir in Aussicht, gelegentlich deklamieren zu wollen und meine Freude kennt keine Grenzen, „Übrigens trage ich Ihnen, wenn Sie es gern hören, gleich etwas vor“, sagt das entzückende Geschöpf und beginnt zu sprechen. Angeblich ein unbekanntes Gedicht von Baumbach: „Der arme Igel“, das ich sehr aufmerksam anhöre. Darauf erwache ich und notiere das Gedicht:

      Der arme Igel. (Ballade.)

      Ein Igel fand Gefallen

      Einst an der Jungfer Maus,

      Der putzigsten von allen

      Im kinderreichen Haus

      Beim guten Feldmausvater,

      Dem Wirt: „Zum schwarzen Kater“.

      Da hielt, wie sich gebühret

      Um Mausi Igel an,

      Der Vater ward gerühret,

      Gab seinen Segen dann.

      Und selig führt die liebe Maus

      Der Igel in sein Igelhaus!

      Im Rausch des Glücks versunken,

      Voll Zärtlichkeit den Sinn,

      Naht er sich liebestrunken

      Der süßen Mauselin.

      Sein Herz schlug vor Verlangen

      Sie liebend zu umfangen.

      Kaum hat er sie umfasset

      Mit treuem, starkem Arm,

      Voll Schreck er von ihr lasset,

      Sie piepst, dass Gott erbarm.

      Doch wird‘s dabei dem Ehmann klar,

      Dass er СКАЧАТЬ