Автор: Wilhelm Stekel
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783752907711
isbn:
Im Traume jedoch mache ich meine Mutter zu einer immens reichen Frau mit einer ungeheuer großen Bibliothek. Die Wunscherfüllung ist nun klar. Wir Geschwister sind die Erben. Statt der Reliquien erhalten wir ungeheure Summen Geldes, sie ist ja reich wie eine Fürstin (Bismarck). Der Traum enthüllt mir einen hässlichen, unangenehmen, peinlichen Gedanken, den ich im Wachen nie gehabt habe, der aber unbedingt in meiner Seele geschlummert haben muss. Als die Mutter von der Verteilung ihrer kärglichen Güter gesprochen, muss ich eine Regung unterdrückt haben, die, in Worten ausgedrückt, ungefähr so gelautet hätte: „Was sprichst du denn von deiner armseligen Erbschaft, als ob es sich um große Summen bandeln würde. Die Kosten meiner Reise wirst du mir doch nicht ersetzen können.“
Ich brauche nicht erst zu betonen, dass meinem Wachbewusstsein derartige Gedanken vollkommen fremd sind. In Geldsachen bin ich alles eher als ein guter Rechner und von übertriebener Feinfühligkeit. Dass aber solche unbewusste Strömungen selbst die edelsten Gefühle bei guten Menschen begleiten können, das sollte uns mild stimmen gegen alle Menschen, die wir ohne Kenntnis der näheren Umstände als „schlecht“ bezeichnen. Doch noch immer fehlt der Analyse die Anknüpfung an die Kindheit. Sie ist vorhanden. Sie erinnert mich an einen der bösesten Augenblicke meiner Kindheit. Ich war ein kleiner Knabe und stand vor der großen Bibliothek, die den Stolz meines um sechs Jahre älteren Bruders bildete. Plötzlich durchzuckte mich ein Gedanke: „Wenn dein Bruder jetzt sterben würde, so wäre diese Bibliothek dein.“ Erschreckt lief ich davon. Ich kam mir als ein großer Sünder vor, und die Erinnerung an diesen bösen Gedanken hat mir oft die Schamröte ins Gesicht getrieben. (Ein ähnliches Erlebnis erzählt Sudermann in einer Novelle „Die Geschwister“.) Auch glaube ich damals mit der Versuchung gekämpft zu haben, einige Bücher zu stehlen und beim Antiquar zu verkloppen, ein Weg, der mir mit meinen eigenen Büchern nicht ungeläufig gewesen.
Der schöne politische Traum hat also noch eine tiefere Motivierung. Meine Mutter ist reich. Aber ich bin der alleinige Erbe. Mein Bruder kommt nicht in Betracht. Der hässliche Wunsch des Knaben hatte noch Kraft, die Bildersprache des Traumes zu beeinflussen. (Bibliothek.) Drei Wochen später hatte ich in Abbazia einen Traum, der die Fortsetzung des ersten bildete. Ein Beweis, dass die Traumgedanken dasselbe Thema in verschiedenen Formen variierten.
(30.) „Ich bin in Neuwaldegg. Eines der letzten Häuser ist eine prachtvolle Villa, die meiner Mutter gehört. Ich steige eine Marmortreppe hinauf und komme in einen riesigen Salon, der mit verschwenderischer Pracht — Rot in Gold — ausgestattet ist. Ah — sage ich; da haben wir alle ja bequem Platz!“
Die Vorgeschichte des Traumes ist teilweise bekannt. Ich hatte eine Wohnung in Abbazia genommen, in der wir ziemlich gedrängt beisammen waren. Auch meiner Mutter hatte ich ein Zimmer gemietet, das mir jedoch nicht elegant genug vorkam. Im Traume bin ich in Wien. Bequemer kann man es sich nicht mehr einrichten, wenn man statt nach dem fernen Abbazia nach Neuwaldegg, einem Vororte Wiens, fährt. Meine Mutter ist eine reiche Dame. In ihrem Salon haben wir alle bequem Platz. Da fällt mir noch die Fortsetzung des Traumes ein: „Herr W. will unserem Diener eine Krone Trinkgeld geben, was dieser spöttisch ignoriert.“
Die weitere Determinierung enthält heimliche Gedanken, als wollte ich in den Mutterleib zurückkehren, wo alle (!) bequem Platz haben. Das „Trinkgeld“ geht bis auf die Ammeneindrücke zurück.
Einen Tag vorher habe ich an Herrn W. eine Krone im Tarok verloren. In der nächsten Nacht nimmt sie nicht einmal „unser“ Diener als Trinkgeld an. Das spricht Bände… Der Traum ließe noch ebenso wie der erste eine tiefere Analyse zu. Ich muss es mir versagen, darauf einzugeben. Ich habe ja ohnehin zu viel von dem geopfert, was die meisten Menschen scheu verbergen.
* * *
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.