Автор: Wilhelm Stekel
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783752907711
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Aus diesem „unschuldigen Traum einer Jungfrau“ könnte man fast eine Analyse ihres Seelenzustandes machen. Man merkt, wie vieles ihr schon dunkel bewusst ist und wie sie sich gegen manche Erkenntnis wehrt. So wird das Zusammenpassen von einem ins andere als „psychologisch“ vom Organischen abgedrängt. Man merkt ferner, wie sie diese Regungen als Sünde empfindet und ihre Freundin H., das einfache süße Mädel, das einen Geliebten hat, um ihre Erfahrungen beneidet. Der Traum gibt keine Rätsel auf: Es ist eine einfache, poetisch angelegte unbefriedigte Person. Ich setze voraus, dass man das Bild des Mondes sofort als Penis und Testikel entlarvt hat.
Der Ring ist der Ehering. Den Ring lässt sie später unbeachtet. Sie ist also zu einem außerehelichen Koitus wie ihre Freundin H. bereit. Der Absatz „das verstehst du noch nicht. Alles greift ineinander mit unendlichen Fäden (Samenfäden!) und geht wieder in sich selbst zurück“, ist besonders auffallend. Auch ist es bezeichnend, dass ihr Coupé (Vagina) ein Durchgangscoupé ist. Der vulgäre Ausdruck der Hoden kommt in dem „Eidotter“ zum Vorschein.
Einen fast identischen Traum berichtet uns das Frl. Gamma:
(17.) „Ich sah in der Luft einen großen Globus, von einem Ring aus blauem Glase wie ein Rad umgeben, schweben.“
Die Deutung ist die gleiche. Der Ehering ihrer Mutter trägt ein wundervolles blaues Glas. Der Ring am Finger ist aber das Symbol der geschlechtlichen Vereinigung. Der Priester steckt den Ring an den Finger der Braut, d. h. sie soll jetzt den Akt der Ehe kennen lernen.
In beiden Träumen wird das bisexuelle Symbol gesehen: die Kugel und der Ring — also das Lingam.
Eine andere Genitalsymbolik bringt der Traum der Witwe J. N.:
(18.) „Ich war auf dem Markte einkaufen. Die Leute gingen nach Hause. Die Lichter erloschen. Wir gingen in die Garderobe. Mein Regenschirm war nicht da — sondern ein anderer mit abgebrochenem Griff. Der Griff war wie ein polnischer Jude geschnitten — mit einer großen Nase wie ein Korkzieher. Ich nahm ihn in die Hand, um zu probieren, ob ich mich darauf stützen kann und dachte: Der Schirm ist besser als er aussieht."
Der Regenschirm ist ein häufiges phallisches Symbol. Das Aufmachen entspricht der Erektion. Die arme Frau hat ihren Mann verloren („das erloschene Licht“). Sie hat keinen Phallus mehr („mein Regenschirm ist nicht da“). Ihr bester Freund ist ein Jude. (Der abgebrochene Griff und der geschnittene Griff Anspielungen auf die Zirkumzision – männliche Beschneidung.) Der Sinn des Traumes ist: „In der Not frisst der Teufel Fliegen. Versuche es mit dem Juden; er ist jetzt deine einzige Stütze in deinem Elend. Vielleicht ist er stärker, als du geglaubt hast.“
Etwas komplizierter ist der nächste Traum, den mir ein Philosoph X. Z. erzählte:
(19.) „Ich träume von einem Dreieck, das irgend einen philosophischen Gedanken symbolisieren soll und mir und vielleicht noch jemand anderem als Unterlage dient. Das Dreieck wird immer schmaler und spitzer, zuletzt ist es nur wie ein Spieß und kann also für nichts mehr die Basis bilden, und ich muss in eine ungeheure Tiefe hinabfallen. Ich erwache mit einem lauten Schrei und zittere am ganzen Körper.“
Er lebt gemeinsam mit einem Ehepaar. Der Mann ist sein bester Freund. Er hat ein dreieckiges Verhältnis. Die Basis dieses Verhältnisses ist der Freund. Diese Basis entschwindet, d. h. der Freund stirbt. Er vereinigt sich mit der Frau. Dieser Tod soll künstlich herbeigeführt werden. Er hat Mordgedanken (Spieß — Spießgeselle) und der Sturz in die Tiefe ist das grauenvolle Verbrechen, von dem seine geheimsten Gedanken träumen. Der Lingam nach dem Tode des Mannes erklärt das Rätsel, wie aus einem Dreieck eine Einheit wird. Hier führen Assoziationen zum religiösen Schuldbewusstsein (Dreieinigkeit). Die „philosophischen“ Gedanken sind verhüllte erotische Wünsche. Tiefere Schichten gehen auf das Verhältnis des Kindes zu den Eltern.
Herr Dalton träumt:
(20.) „Ich habe zwei verschiedene Schuhe an: links einen gelben, rechts einen schwarzen.“
Er liebt zwei Wesen: ein blondes und ein schwarzes. Noch wichtiger die Bedeutung: schwarzgelb. Er ist Österreicher und tritt die Farben des Kaisers (Vaters) mit Füßen. Er ist ein typischer Zweifler. Er schwankt ewig zwischen Mann (der schwarze Vater) und Weib (die blonde Mutter). Sein Wunsch ist es, beiden gerecht zu werden... Sein psychischer Hermaphroditismus (Intersexualität) (Adler) drückt sich wunderschön in diesem Bilde aus. Auch seine heftigsten Leidenschaften: die Eifersucht (gelb) und seine finsteren Rachegedanken (schwarz).
Mancher Traum bringt seltsame Wunscherfüllungen. Er trachtet sündhafte Wünsche in anständige Realitäten umzuwandeln. Eine keusche, ihrem Manne innig ergebene Frau interessiert sich für einen jungen Schriftsteller. Sie möchte ihn gerne kennen lernen. Der Traum bringt ihr die erwünschte Situation. Sie träumt:
(21.) „Ich liege im Bette nach einer schweren innerlichen Operation. Zu meinen Häupten steht mein Gatte, sieht mich zärtlich und gütig an, hält seine Hand auf meiner Schulter. Über mich gebeugt, so dass er mir in die Augen sieht, steht der junge Dichter. Ich erwache nach einer Narkose oder tiefem Schlaf. Wie ich meinen Mann und den Dichter sehe, fühle ich im Traume, wie mir das Blut heiß in die Wangen schießt und ich sage zum Dichter: „Sie hier?“ Er sieht mich liebevoll an und sagt: „Gott sei Dank, Sie sind gerettet!“ „Und Sie, wie kommen Sie jetzt hierher?“ frage ich. „Ich bin ja Mediziner, gnädige Frau“, sagt er, „habe bei der Operation assistiert.“ Meine Wangen glühen, ich lege den Kopf seitwärts in die Kissen und schließe die Augen.“
Alle Wünsche gehen in Erfüllung. Sie hat einen wunderschönen weißen Körper. Der Dichter ist Arzt und hat sie nackt gesehen. Er hat sie operiert und gerettet (beide Ausdrücke Symbolismen für den Kongressus). Alles ging ehrbar vor sich. Ihr Mann war dabei. Ihre mimosenhafte Schamhaftigkeit wurde nicht verletzt. Alles ging in der Narkose vor (Ich weiß es längst, dass die nach Narkosen auftretenden Neurosen und Psychosen auf solche unbewusste Vergewaltigungsphantasien zurückgehen. Vergleiche das ähnliche Beispiel in den „Nervösen Angstzuständen“) sich…
Einer der nächsten Träume (Nr. 24) bringt ein ähnliches Problem in neurotischer Verzerrung. Wir wollen jetzt einen politischen, sogenannten schönen Traum analysieren. Der Traum ist sehr lebhaft und gestattet einen tiefen Einblick in die gebräuchlichste Traumsymbolik.
Der Traum vom Rathaus
Der Traum vom Rathaus
(22.) „Im Rathause großer Empfang. Auch der Kaiser ist anwesend. Unten eine vieltausendköpfige Menge, die die Abfahrt des Kaisers erwartet. Es ist Abend und der Platz vor dem Rathause ist feenhaft beleuchtet. Vor dem Haupteingange drei Gestalten, die gleichsam Wache halten. In der Mitte ein überlebensgroßer Mann in der Rüstung des eisernen Mannes, ein blendend weißes Licht geht von ihm aus. Zu seiner Rechten und Linken je eine Figur in gleicher Tracht, in goldenen Gewändern. Diese beiden sind schweigsam, fast unbeweglich, nur der eiserne Mann ist nervös, er kann den Moment nicht erwarten, wo er dem Volke zurufen wird: Der Kaiser kommt! — Stundenlang harrt die Menge. Ich und wenige andere haben das Glück, eingelassen zu werden. Wir werden den Kaiser in unmittelbarer Nähe sehen dürfen, dieser Gedanke verursacht mir ein ganz außergewöhnliches Herzklopfen. Ich werde selbst nervös und renne auf der Treppe atemlos bergauf, bergab. Eine unbeschreibliche Aufregung hat sich meiner bemächtigt; da höre ich plötzlich von draußen tosenden Lärm, wie das Brüllen des Meeres tönt es herein und schaurig widerhallt es in dem Wunderbau. Erschreckt frage ich einen Diener, was geschehen sei. Er sagt: Die drei vor dem Tore seien des Wartens müde geworden und hätten unter Verwünschungen gegen das Haus ihre Posten verlassen, das Volk sei dadurch noch ungeduldiger geworden und darum brülle es. In diesem Augenblick öffnen sich СКАЧАТЬ