Автор: Wilhelm Stekel
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783752907711
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(7.) „Ich befand mich einstmals des Nachts in einem schönen von Blumen und Früchten erfüllten Garten. Es wehte eine sanfte Luft, so dass kein Maler, kein Dichter, kein menschlicher Gedanke etwas Angenehmeres hätte hervorbringen können. Ich befand mich am Eingange des Gartens. Die Türe stand offen, als ich ein Mädchen in weißem Kleide erblickte. Ich umarmte und küsste sie; aber beim ersten Kusse schon riegelte der Gärtner die Türe zu. Ich bat ihn inständigst dass er sie offen lassen möchte. Es kam mir also vor, indem ich darüber traurig war und immer noch an dem Mädchen hing, dass ich hinausgeschlossen wurde." Wovon soll ein phantasiereicher Mensch träumen, wenn ihm der Garten der Liebe verschlossen ist? An diesem schönen Beispiel sehen wir die Tageswünsche in einer nur halbverhüllten Symbolik. Aber nicht immer ist die Symbolik so durchsichtig, wie in diesem Falle. Oft kann ein ganzer Traum im Dienste einer symbolischen Darstellung stehen. Ich will den komplizierten Problemen, die wir zu besprechen haben werden, hier aus dem Wege gehen. Ich möchte nur zu der Art, wie der Traum die Redewendungen durch Bilder ausdrückt, ein Beispiel aus der Traumdeutung von Freud anführen.
Im Traume einer Dame heißt es:
(8.) „Ein Stubenmädchen steht auf der Leiter wie zum Fensterputzen und hat einen Schimpanse und eine Gurillakatze (später korrigiert: Angorakatze) bei sich. Sie wirft die Tiere auf die Träumerin; der Schimpanse schmiegt sich an die letztere an, und das ist sehr ekelhaft.“ „Dieser Traum hat seinen Zweck durch ein höchst einfaches Mittel erreicht, indem er nämlich eine Redensart wörtlich nahm und nach ihrem Wortlaute darstellte. „Affe“, wie Tiernamen überhaupt, sind Schimpfwörter, und die Traumsituation besagt nichts anderes als „mit Schimpfworten um sich werfen“. (Traumdeutung S. 250.) Wir sind also hie und da gezwungen, die Situationen und Bilder des Traumes auf Redewendungen zurückzuführen. Der Traum nimmt die Rede wörtlich; wir müssen die Vorgänge bildlich nehmen. Das erfordert eine eigene Kunst und eigene Übung. Die will erst erworben sein. Zur Illustration des Gesagten will ich hier noch einen kleinen Traum sehr sonderbaren Inhaltes mitteilen. Ein an Angstzuständen leidender Herr namens Beta (Ich habe für häufig wiederkehrende Träumer willkürliche Namen gewählt. Auch sonst sind die Namen häufig verändert, um das Erkennen der Personen zu verhindern. Das ist der große Nachteil dieses Werkes. Aber es geht nicht anders. Die erste Pflicht des Psychotherapeuten ist Diskretion.) träumt:
(9.) „Ich sehe ein großes hölzernes Christusbild vor mir. Ich nehme mir ein Stück heraus." Auch dieser Traum ist symbolisch aufzufassen. Der Träumer ist in seinem Innern noch gläubig, sogar strenggläubig, nach außen hin ein fanatischer Freidenker. Er hatte am Tage vor dem Traume ein Buch gelesen, das sich „La folie de Jésus“ (Dr. Binet-Sanglé: „La folie de Jésus". Paris. A. Maloine. 1908.) betitelt. Er musste plötzlich in der Lektüre abbrechen. Er kann nicht angeben, warum. Es war wie ein Zwang. Wie ein Gebot: Jetzt höre auf, zu lesen! Die tieferen Beweggründe enthüllt uns dieser Traum. Er hat sich etwas gegen seine Gottheit herausgenommen.
Auf die weitere Bedeutung dieses Traumes und auf die Beziehungen von Angst und Wunsch will ich an dieser Stelle nicht mehr eingehen. Ich habe nur den Versuch gemacht, die Grundlinien der Traumsymbolik mit einigen Strichen zu zeichnen. Das Verständnis der Symbolik ist die Grundlage der Traumdeutung. Wir haben auch vor Freud eine Ahnung gehabt, welche Bedeutung die Symbolik im Leben des Menschen spielt. So hat Schubert und Kleinpaul auf die symbolische Auffassung des ganzen Lebens hingewiesen. Diese Forscher haben auch ungescheut auf die sexuelle Symbolik aufmerksam gemacht. Ist es nicht sonderbar, dass unsere Sprache die Worte nach dem Geschlechte unterscheidet? Erst wenn wir uns mit Traumanalysen beschäftigen, bemerken wir, wie unglaublich tief uns das symbolische Denken und besonders das sexualsymbolische Denken innewohnt. Im Traume kann alles Lange einen Penis und alles Runde eine Vagina repräsentieren. Aber nur im Traume? Man höre einmal, was Kleinpaul in dem Werke „Das Leben der Sprache“ (II. Band in dem Kapitel „Die Psychopathia sexualis des Volkes“, S. 490, 1. c.) ausführt. Er weist darauf hin, wie die ganze Sprache symbolisiert und sexualisiert ist. Die Sprache wimmle von sexuellen Symbolen. „Ja, die Menschheit“, sagt er, „ist liebestoll. Man kann nicht umhin, ihre ewige, auf das Geschlechtliche gerichtete Phantasie halb krankhaft, halb lächerlich, am Ende langweilig zu finden. Sie hat geradezu den Verstand verloren. Das Männliche, das Weibliche will ihr gar nicht mehr aus dem Sinn, sie kann keinen Stiel und kein Loch sehen, ohne daran zu denken — und wenn es ein Turm ist, darin die Gefangenen schmachten, so nennt sie ihn il maschio di Volterra.“ „Nicht deshalb, weil man ein Mädchen darin sieht, heißt der Augapfel: das Mädchen des Auges. Sondern die Iris ist selbst ein Mädchen. Weil sie in der Mitte ein Loch hat — dazu braucht es keine Anatomie, das Schwarze im Auge erschien eben als ein Loch im Auge. Loch, Τϱὺπα, Trou ist in allen Sprachen ein Name für das Weib, das schon in der Genesis (I, 27) die Gelochte heißt, und weil das Auge klein ist, betrachtete man das Auge als ein junges Mädchen.“
„Besonders nehmen die Gedanken diese erotische Richtung dann, wenn eine Hervorragung in die Höhlung passt, wie der Fuß in den Schuh oder wie das Messer in die Scheide, wenn beide Dinger für einander gemacht sind und ineinander stecken. Dann stellen sie das große Glück aller Geschlechtswesen, die geschlechtliche Vereinigung und das dar, was sie am Ganges Lingam nennen.“ „Qual Buco, tal Cavicchio“, sagen die Italiener sprichwörtlich, wie Fischart einmal bemerkt: Es war eben ein Zapff für diese Flasch, denn faul Eyer und stinkend Butter gehören zusammen, oder wie sich das Volk bei uns ausdrückt: Auf jedes Töpfchen gehört sein Deckelchen. Es ist eben recht dahinterher, und unzählige technische Ausdrücke lassen sich nur durch seine unablässige Adam- und Eva-riecherei erklären. So die vielen Mütter, Nonnen und Matrizen in den Gewerben.“
„Mutter, Nonne, Weib auch Schnecke; auf der anderen Seite Vater, Mönch und Mann stehen hier nur für den wesentlichen Teil. Das lässt tief blicken: Mönch und Nonne. Oft ist es so, dass die männliche Hälfte noch einen vernünftigen Namen führt, wie Stempel oder Spindel, und nur die bessere weibliche poetisch verklärt wird. Ein eheliches Verhältnis scheint für die Schraube zu bestehen (Spindel und Mutter).“
Wahrlich, Kleinpaul hat recht: die Sprache wimmelt von sexuellen Symbolen. Wir müssen eigentlich nur den Geist der Sprache erfassen, und wir können manche Träume deuten. Ein junger Bursche von 16 Jahren, dessen Vater ein berühmter Künstler und ein liebenswürdiger, von allen Frauen vergötterter Don Juan ist, erzählt mir einen Traum:
(10.) „Der Vater entdeckt in den Zimmern verschiedene Löcher. Ich ärgere mich, dass er sie alle allein verstopfen will.“
Als ich ihn frage, warum er sich geärgert habe, sagt er: Weil er sich der Mühe unterzieht. Ich konnte ihm ja helfen. Das ist keine passende Arbeit für einen so großen Künstler.“ Er rationalisiert — nach dem treffenden Ausdrucke von Jones seinen Traum. Aber wir fassen den Traum lieber wörtlich auf. Der junge Mann ist ein Alexander, der sich ärgert, weil Philipp ihm nichts zu erobern übrig lässt. Alle Frauenzimmer im Hause verehren den Vater: die Mutter, die Tante, die Französin, die Sekretärin. Er verdächtigt den Vater grob sexueller Beziehungen. Vielleicht nicht mit Unrecht. Die Löcher in der Mauer sind im Sinne Kleinpauls aufzufassen.
Wir haben mit der allgemeinen harmlosen Symbolik begonnen — man denke an die Garben im Felde (Vielleicht lässt auch der Traum Josefs noch eine zweite, erotische Bedeutung zu. Größenwahn und der Wunsch einer außerordentlichen Potenz, eines außerordentlichen Phallus gehen oft Hand in Hand. Paranoiker mit Größenwahnideen pflegen sich zu rühmen, sie hätten 1.000 Frauen, 1.000 Söhne und dergleichen Renommistereien mehr.) — und sind schon mitten in der tiefsten Erotik drinnen. Das ist schon das Schicksal der Traumdeutung. Wer sie betreiben will, muss sich auf ärgere Dinge gefasst machen.
Ich möchte hier noch einen Vorgänger Freuds anführen, den bekannten Traumforscher Scherner („Das Leben des Traumes“, Berlin, Heinrich Schindler, 1861.), der sich in die Hypothese verrannt hatte, alle Träume auf Leibreize zurückzuführen. Diese Hypothese hat sich als ganz unhaltbar erwiesen. Trotzdem drängte sich diesem Forscher die Sexualsymbolik in vollkommen СКАЧАТЬ