Kyla – Kriegerin der grünen Wasser. Regina Raaf
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Название: Kyla – Kriegerin der grünen Wasser

Автор: Regina Raaf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Kyla – Kriegerin der grünen Wasser

isbn: 9783738087871

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СКАЧАТЬ Moment wusste sie nicht, wo sie war. Es erstaunte sie, dass sie noch einmal so tief und fest geschlafen hatte. Wie spät es wohl inzwischen sein mochte? Die Sonne schien zumindest schon gleißend hell durch das Fenster im Nebenraum herein. Und nun nahm Olha einen Sonnenschutz aus dicht geflochtenem Stroh von der Wand, woraufhin auch in Kylas Zimmer ein kleines Fenster sichtbar wurde, durch das ebenfalls die Sonne unbarmherzig hereinschien. Kyla blinzelte und blickte sich um. Der Raum war zweckmäßig eingerichtet. Ein Schrank mit zwei Türen, die geschlossen waren, daneben war ein schmales Regal an der Wand angebracht, auf dem eine Bürste aus Wildschweinborsten lag. Der einzige Schmuck bestand aus einem Hufeisen an der Wand, neben dem ein kleiner Strauß getrockneter Blumen hing. Olha deutete zum Fenster. »Die Sonne steht schon hoch am Himmel. Es ist bereits früher Mittag. Heute haben wir die Morgenstunden verschlafen, weil Zygal es so wollte. Er weiß, wie wichtig der Schlaf für dich ist – und für mich ebenfalls. Für dich, weil du noch wächst und nach deinem Leben in der Wildnis erst einmal zu Kräften kommen musst, und für mich, weil ich vor kurzem erst von einer langen Krankheit genesen bin. Es sah so aus, als würde ich sie nicht überstehen, aber Zygal hat um mich gekämpft wie ein Tarnut. Tagelang ist er nur von meiner Seite gewichen, um die Tiere zu füttern. Er konnte in dieser Zeit nicht schmieden, und das hat uns fast unsere Existenz gekostet. Darum ist es umso wichtiger, dass die Herrscherin ihm heute seinen Lohn zahlt. Wir haben Lebensmittel bekommen, außerdem drei Ziegen und zehn Hühner. Die letzten hatte ein Rudel Tokals geholt. Sie haben die Tiere bis auf ein paar Federn gänzlich aufgefressen – es war ein sehr trauriger Tag für Zygal und mich, der uns viel Kummer bereitet hat. Doch nun, mit dem Geld, das Zygal mitbringen wird, und genügend Tieren, um ein paar davon später eintauschen zu können, sollte unsere Zukunft vorerst gesichert sein. Außerdem haben wir nun genügend Hühner, um nach und nach eins davon zu schlachten. Wir sind also gut versorgt und können dich noch mit durchfüttern.«

      Olha lächelte knapp und fuhr dann fort: »Heute müssen wir die Ställe vorbereiten und die Tiere dann dort hinbringen. In den nächsten Tagen werden sie sich an uns gewöhnen. Hast du schon mal ein Tier gehalten?« Kyla, die sich inzwischen erhoben hatte und nun auf ihrem Bett saß, überlegte. »Ich hatte mal einen Hasen. Eins seiner Beine war gebrochen.«

      Olha sah sie mitleidig an. »Und? Hast du ihn heilen können?«

      »Nein.«

      »Das tut mir leid. Dann ist der Hase gestorben?«

      »Ich habe ihm nach zwei Sonnenaufgängen das Genick gebrochen. Drei Tage lang konnte ich von ihm essen.« Olha schwieg. Schließlich nickte sie, deutete auf die Tür und sagte: »Hier musst du keinen Hunger leiden, solange Zygal und ich es nicht selbst müssen. Wir werden nun in die Küche gehen, um etwas zu essen. Dreh deinen Kopf herum und blicke zur Wand.« Kyla sah sie verwirrt an, dann begriff sie. Olha hielt einen Schlüssel in der Hand, um das Schloss von Kylas Fesseln zu öffnen. Da sie sich dazu bücken musste, hatte sie vermutlich Angst, dass Kyla ihr unmittelbar danach einen Schlag auf den Kopf versetzen könnte. Damit Kyla nicht wusste, wann genau das Schloss geöffnet wurde, sollte sie also den Blick abwenden. Zögerlich kam sie der Aufforderung nach.

      »Ich sage dir, wenn du dich wieder umwenden darfst. Gehorche mir, Kyla, sonst wirst du den ganzen Tag in Fesseln verbringen!« Olha klang strenger, als Kyla es erwartet hatte. Sie glaubte dennoch, dass es leichter wäre, ihr zu entkommen, als Zygal – oder gar beiden gemeinsam. Als die Kette klirrend von ihr abfiel, verspürte Kyla eine unendliche Erleichterung. Der ganze Tag lag vor ihr, und sie würde ihn nutzen, um auf sicherem Wege zu entkommen. Doch zuerst wollte sie das genießen, was Olha ihr anbot – ein Frühstück, ohne dafür erst jagen oder sammeln zu müssen. Gemeinsam gingen sie in die Küche.

      »Setz dich auf diesen Stuhl!«, wies Olha sie an. »Wenn du aufstehen willst, fragst du mich zuvor um Erlaubnis. Ich werde ein paar Eier braten, die unsere neuen Hühner gelegt haben. Es sind gute Tiere – nicht mal durch den holperigen Transport haben sie sich schrecken lassen.« Sie lächelte, und das sah so glücklich aus, dass Kyla einen kurzen Stich verspürte, weil sie vorhatte, ihr Ärger zu bereiten. Frisches Brot stand auf dem Tisch, daneben mehrere kleine Stückchen Butter. Kyla lief das Wasser im Mund zusammen. Sie hatte mal etwas Butter auf dem Markt gestohlen und sie gierig verzehrt. Danach war ihr etwas schlecht gewesen, aber sie hatte sich auch wunderbar wohlig gefühlt. Sie freute sich darauf, dieses Gefühl erneut zu erleben. Das bratende Ei verströmte einen angenehmen Geruch. Kylas Magen knurrte vernehmlich.

      »Ist gleich fertig, dann können wir zusammen essen.« Olha war ganz auf ihr Tun am Herd konzentriert und Kyla wusste, dass sie jetzt zwar fliehen könnte, aber ohne die Gegend zuvor ausgekundschaftet zu haben, würde sie ohnehin nicht weit kommen – abgesehen davon hielt das verlockende Frühstück sie fester an Ort und Stelle, als jede Kette es vermocht hätte. Olha verteilte das Ei auf zwei Tellern und stellte einen davon vor Kyla, den zweiten ihr gegenüber. Dann setzte sie sich davor und wies auf das Brot und die Butter.

      »Bediene dich! Wenn du mir heute keinen Ärger machst, darfst du morgen von der Marmelade probieren, die ich eingemacht habe. Sie ist so süß und fruchtig, dass deine Sinne vor Freude tanzen werden.« Sie lächelte wieder, und es sah verschwörerisch aus. Ganz so, als würde sie mit Kyla ein Geheimnis teilen. Nun wurde es Kyla noch mulmiger, weil sie vorhatte, Olha Ärger zu bereiten. Sie rief sich zur Ordnung. Was nutzte es ihr, dass ihre Besitzerin freundlich war? Solange sie nicht hingehen durfte, wo sie wollte, würde sie fliehen müssen. Aber die Sache mit der Marmelade klang wirklich verlockend, und Kyla hatte noch nie welche gegessen, was ihre Neugier umso größer machte. Sie griff zum Brot und brach etwas davon ab. Dann nahm sie mit den Fingern ein Stück Butter auf und schob es sich in den Mund. Olha sah ihr zu. Dann griff sie zu einem Gegenstand aus Metall, nahm damit geschickt ein wenig von der Butter auf und verteilte sie auf einer Scheibe Brot. Sie hielt den Gegenstand hoch und sagte: »Das ist ein Messer für den Gebrauch bei Tisch. Du kannst damit Brote bestreichen oder Fleisch klein schneiden. Du hast auch eines. Probiere es doch mal aus!«

      Kyla bemerkte erst jetzt, dass neben ihrem Teller ebenfalls ein solcher Gegenstand lag. Sie hob ihn hoch und betrachtete ihn.

      »Es ist nicht sehr scharf. Aber es gibt auch welche, die haben eine Klinge an der du dich schneiden kannst. Sie werden als Waffen benutzt. Zygal wird sie dir zeigen«, erläuterte Olha. Kyla war über die Ankündigung erstaunt. Einmal hatte sie ein solches Messer gesehen – bei einem Wachmann, der auf dem Markt nach dem Rechten gesehen hatte. Er hatte den scharfen Gegenstand kurz aus seiner Tasche gezogen und dann wieder weggesteckt. Kyla hatte dem Mann lange nachgesehen, aber er hatte das Messer nicht wieder berührt, und sie war ein wenig enttäuscht darüber gewesen.

      »Weißt du, Zygal ist eigentlich Waffenschmied«, erklärte Olha. »Er kümmert sich zwar auch um die Hufeisen, die für die Pferde am Palast benötigt werden, aber vor allem stellt er solche Waffen her – große und kleine. Du solltest immer vorsichtig damit sein, wenn er dir eine anvertraut.«

      »Warum sollte er das tun?«, fragte Kyla erstaunt. Olha lächelte kurz und es sah zu Kylas Verwunderung traurig aus. »Er wird es tun, weil er es tun muss. Frag jetzt nicht weiter danach. Kyla, ich möchte, dass du uns vertraust, denn wir werden auch dir vertrauen müssen.« Stille entstand, dann nickte Kyla, auch wenn sie das alles nicht verstand. Olha seufzte. »Es wird dauern«, sagte sie. Statt etwas zu erwidern, nahm Kyla mit dem Messer ein Stück Butter auf und verteilte es, so wie Olha zuvor, auf ihrem Brot, um sich dieses dann komplett in den Mund zu schieben. Olha beobachtete sie und Kyla bemerkte den Anflug eines Lächelns um ihre Mundwinkel.

      Als sie das Frühstück beendet hatten, räumten sie gemeinsam die Sachen vom Tisch und wuschen das Geschirr ab. Als sie damit fertig waren, sagte Olha: »Ich werde dir andere Kleidung geben, die du zum Arbeiten trägst. Zieh dich um und komm dann vors Haus. Wir werden den Hühnerstall ausmisten und später eine Einzäunung für die Ziegen errichten. Solange müssen die Tiere an einem Pflock angebunden bleiben. Pass auf, dass du keinen der Stricke löst, sonst müssen wir die Tiere wieder einfangen, und das ist ein Arbeitsaufwand, den wir uns wirklich ersparen СКАЧАТЬ