Kyla – Kriegerin der grünen Wasser. Regina Raaf
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Читать онлайн книгу Kyla – Kriegerin der grünen Wasser - Regina Raaf страница 6

Название: Kyla – Kriegerin der grünen Wasser

Автор: Regina Raaf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Kyla – Kriegerin der grünen Wasser

isbn: 9783738087871

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СКАЧАТЬ gleich totzuschlagen. So oder so wären wir besser dran, wenn sie nicht überlebt.«

      Kyla versuchte, gleichmäßig weiter zu atmen, auch wenn ihre Kehle vor Angst eng geworden war. Zygals Stimme hatte entschlossen geklungen – ob er gleich zu ihr kam und sein Vorhaben in die Tat umsetzen würde? Doch Olhas Stimme klang ebenfalls entschlossen:

      »Ich weiß, dass du Angst hast, aber wir haben eine Aufgabe zu erfüllen. Und genau das werden wir tun!« Angst? Zygal hatte Angst? Kyla wollte ihren Ohren nicht trauen. Wovor sollte dieser Mann wohl Angst haben? Und von welcher Aufgabe hatte Olha gesprochen? Sie lauschte noch angestrengter, damit ihr die leise Antwort von Zygal nicht entging.

      »Diese Aufgabe fordert einen zu hohen Preis. Bislang hatten wir stets Glück, dass sich die Kinder als Irrtümer herausstellten – aber bei diesem hier ...«

      »Also glaubst du, sie ist es wirklich?« Olha klang aufgeregt. Ein langes Schweigen folgte und Kyla glaubte schon, sie hätte Zygals Erwiderung überhört, oder er würde Olha einfach nicht antworten. Doch dann hörte sie ihn sagen:

      »Trotz ihrer Jugend und körperlichen Schwäche könnte sie es sein. Ich werde mich daher morgen früh mit den Reitern der Herrscherin zum Palast begeben.«

      Von Olha war nichts mehr zu hören, aber Kyla vermutete, dass sie zugestimmt hatte. Nur wenig später hörte sie das Rücken von Stühlen und die beiden näherten sich ihrem Zimmer. Kyla lag ganz still und hielt die Augen geschlossen. Wenn sie bemerkten, dass sie ihr Gespräch mit angehört hatte, würde Zygal es sich vielleicht anders überlegen und sie auf der Stelle erschlagen. Sie musste Zeit gewinnen, um zu entkommen – denn über was Olha und Zygal gesprochen hatten, war Kyla ein Rätsel. Sie wusste weder, was eine Prophezeiung war, noch verstand sie, warum Zygal Angst wegen ihr hatte. Vermutlich hatte sie aufgrund der leisen Stimmen alles falsch verstanden. Kyla hörte, wie die Schritte sich entfernten – die beiden gingen in das angrenzende Zimmer. Nur kurz darauf legten sie sich, den Geräuschen nach, zu Bett. Kyla spürte Wut und Verzweiflung in sich aufsteigen. Zygal und Olha hatten vermutlich nie auf Moos schlafen müssen. Sie hatten nie Tiere gefangen und sogar die essen müssen, deren lebendiger Anblick tiefe Freude bereitete. Sie waren weder Regen noch Sturm, noch den heftigen Blitzen des Himmels nahezu schutzlos ausgeliefert gewesen – und sie waren nicht einsam, sondern sie hatten einander. Mit welchem Recht hatten sie ihr die Freiheit genommen? – das einzige, was Kyla je wirklich besessen hatte!

      Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen, aber sie versuchte, nicht zu schluchzen. Dann hörte sie plötzlich ein Geräusch von nebenan – Zygal stöhnte. Ob er Schmerzen hatte? Hoffentlich hatte er welche und starb noch in dieser Nacht! Olha zu entkommen, würde dann ganz leicht sein. Kyla lauschte abermals. Zygals Schmerzen wurden größer – das Stöhnen lauter. Und dann stöhnte auch Olha. Die Krankheit schien sehr ansteckend zu sein. Angstvoll dachte Kyla, dass vermutlich auch sie bereits dem Tod geweiht war. Doch dann kicherte Olha plötzlich und Zygal keuchte ihren Namen und sagte ihr, wie wunderschön sie sei.

      Kyla erinnerte sich an einige Beobachtungen, die sie bei ihren Streifzügen durch die Dörfer gemacht hatte: Männer und Frauen hatte sie durch Fenster gesehen – ihre Körper vereint. Bei den Tieren hatte Kyla so etwas schon öfter beobachtet, und sie wusste, dass die Weibchen schon bald darauf ihresgleichen gebaren. Es bei Chyrrta zu sehen, bereitete Kyla jedoch immer tiefes Unbehagen. Männer und Frauen gaben dabei so seltsame Laute von sich, die ihr Angst machten. Kyla wollte niemals so klingen! Und ein Kind gebären wollte sie schon gar nicht, denn das sah nicht nur furchtbar aus, sondern war offenbar auch über die Maßen schmerzhaft. Als es im Zimmer nebenan schließlich still wurde, war Kyla erleichtert und enttäuscht zugleich. Besser wäre es gewesen, die beiden wären gestorben – doch wer würde dann am nächsten Tag ihre Fesseln lösen?

      Kyla erwachte, noch bevor die Sonne aufgegangen war. Der Raum lag im Dunkeln, und aus dem Nebenraum war Schnarchen zu hören. Sie versuchte, ihre Hand durch den eisernen Ring zu bekommen, der das Gelenk umschloss, aber es wollte ihr nicht gelingen. Vielleicht hätte sie die Suppe nicht essen sollen – vielleicht könnte sie ja so lange auf Nahrung verzichten, bis er einfach abfiel. Ihr wurde bewusst, dass sie bis dahin vermutlich längst verhungert sein würde. Möglicherweise konnte sie die Hand irgendwie abtrennen – aber auch das verwarf sie sehr schnell. Kyla wurde sich bewusst, dass sie so früh am Tag offensichtlich noch nicht klar genug denken konnte, um wirklich brauchbare Entscheidungen zu treffen. Als nebenan ein röchelndes Husten zu hören war, zuckte sie zusammen.

      »Schlaf weiter, ich werde im Dorf frühstücken«, hörte sie Zygal sagen.

      »Aber wäre es nicht gut, wenn ich den Reitern der Herrscherin ein Frühstück zubereite?«, fragte Olha mit müder Stimme.

      »Nein, ich möchte nicht, dass du Bahanda begegnest.«

      »Du meinst den Reiter mit der Tätowierung, von dem du mir erzählt hast?«

      »Ja, ich traue ihm nicht. Bleib im Haus, bis ich mit den Männern fortgeritten bin.«

      »Das werde ich. Sei vorsichtig und lass dich auf keine Streitereien ein«, erwiderte Olha.

      »Wenn möglich, werde ich ihnen aus dem Weg gehen. Außerdem habe ich anderes zu erledigen. Ich komme zurück, sobald ich kann. Pass auf Kyla auf und lass sie keinen Moment aus den Augen. Falls das nicht möglich ist, kette sie zuvor an. Gib ihr nicht die Möglichkeit, dich überraschend anzugreifen. Denk immer daran, dass du ihr nicht vertrauen kannst.«

      Es tat weh, das zu hören – ein seltsames Gefühl, aber schon kurz darauf entschied Kyla, dass es besser war, für gefährlich gehalten zu werden, statt für schwächlich. Zygals verschiedene Meinungen über sie verstand sie trotzdem nicht. Mal war sie in seinen Augen nur ein dürres Gör, dann wieder eine ernst zu nehmende Gefahr – und am Tag zuvor hatte er fast freundlich geklungen, als er ihren Namen sagte. Auch jetzt hatte er ihn wiederholt und Kyla empfand es aus einem Grund, den sie sich selbst nicht erklären konnte, als tröstlich. Sie rief sich zur Ordnung. Was nutzte es schon, wenn man von demjenigen, der einen tötete, zuvor beim Namen genannt worden war? Was sollte daran tröstlich sein? Nein, sie musste aufpassen, diese Chyrrta nicht zu nahe an sich herankommen zu lassen.

      Als Zygal das Schlafzimmer verließ und durch ihr Zimmer ging, schloss Kyla schnell die Augen. Sie hörte, dass er stehen blieb – ob er zu ihr herüber sah? Dann entfernte er sich hörbar und Kyla öffnete vorsichtig die Augen. Sie blickte zum angrenzenden Wohnraum. Ein rötlicher Schimmer drang dort zum Fenster hinein und kündigte den neuen Tag an. Wenn Kyla in den Wäldern schlief, war das der Zeitpunkt, an dem sie aufstand, um den Tau noch von den Blättern lecken zu können, bevor die wärmer werdende Sonne ihn verschwinden ließ. Hier gab es jedoch keinen Grund, noch vor dem Sonnenaufgang aufzustehen – und vor allem blieb ihr keine Möglichkeit dazu. Also drehte sie sich noch einmal um, schloss die Lider und dämmerte in einen leichten Schlaf hinüber.

      Das Geräusch von Pferdehufen weckte sie wenig später. Kyla hörte Stimmen. Es waren die von Zygal und ein paar Männern, die mit ihm sprachen. Dann hörte sie weitere Geräusche: das Gackern von Hühnern und andere Tierlaute, die sie nicht einordnen konnte. Abermals vernahm sie Stimmen, und Gegenstände wurden offenbar umhergetragen, denn ein paar Männer keuchten vor Anstrengung. Kurz darauf erklang erneut Hufgetrappel, dann wurde es still. Der Schmied schien tatsächlich mit ihnen geritten zu sein.

      Kyla fragte sich, was er bei der Herrscherin wollte. Aber im Grunde konnte es ihr egal sein – sie würde ohnehin alles daransetzen, Olha zu entfliehen, denn nun war diese alleine, und sie würde ganz sicher keine Gewalt anwenden, um Kyla an einem Entkommen zu hindern. Mit diesem Gedanken schlief Kyla erneut ein, bis sie schließlich von Olha geweckt wurde.

      »Steh auf, mein Kind! Wir haben heute jede Menge zu tun – wie jeden Tag. Es ist ein arbeitsreiches Leben hier auf unserem СКАЧАТЬ