Zapfenstreich für Österreich. Ralos Znarf
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zapfenstreich für Österreich - Ralos Znarf страница 28

Название: Zapfenstreich für Österreich

Автор: Ralos Znarf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750238565

isbn:

СКАЧАТЬ sich die Bodenplatte vom unnachgiebigen Beton. Als das Auto wieder in seiner ursprünglichen Position angekommen war, richtete sich Sonja auf und kam im blendenden Licht der Scheinwerfer zu stehen. Der Rock war hochgerutscht und, ihr Geschlecht nur halb verbergend, baumelte die dreieckig zulaufende Partie des ebenfalls hochgerutschten Body mit provokantem Schwung in der gleißenden Beleuchtung.

      Bruno öffnete bei laufendem Motor die Tür, packte Sonja, legte sie auf die Motorhaube des Lancia, schob die Hose hinunter und nahm sie mit ekstatischer Wut. Unter hysterischen Stößen richtete er sich auf und schrie: „Fellalucci – Du bist ein Genie!“

      Dummerweise hatte er vergessen, die Handbremse anzuziehen.

      Die Wucht seiner Stöße übertrug sich auf den Wagen und mit überraschender Plötzlichkeit rollte das Auto zwei Meter zurück, gerade in dem Augenblick, als er schreiend Gesicht und Arme in den Nachthimmel reckte.

      Bruno verlor das Gleichgewicht, verhedderte sich in der heruntergelassenen Hose und klatschte mit der Vorderseite auf den Betonboden.....gerade in dem Moment, als die Samenflüssigkeit aus seinem Glied drang.

      Erschrocken richtete sich Sonja, die nach wie vor auf der Motorhaube lag, auf: „Bruno, hast du Dir wehgetan?“

      Anstatt zu antworten machte er Schwimmbewegungen....das entblößte und gut ausgeleuchtete Gesäß rotierte über dem harten Boden.

      Dabei rief er in verbitterter Ernsthaftigkeit: „Ja, ich werde Armeen aus dem Boden stampfen! Kommt, meine Betonsoldaten! Frucht meiner Lenden! Golem erwache!! Sei mein General!!!“

      Es klang wie ein archaischer Beschwörungszauber.

      Mit flachen Händen auf den Boden trommelnd, sagte er dumpf, in pathetischem Rhythmus und wirren Blicks: „Bumm bumm bumm bumm bumm bumm!“

      Nach einer kurzen Phase der Erschöpfung richtete sich Bruno auf und kam ins Knien. Er wirkte verstört, als sei er eben aus einem beklemmenden Traum erwacht. Im Scheinwerferlicht konnte man deutlich die besudelnden Flecken auf der Bauchpartie seines Hemdes erkennen.

      Nachdem er ein paarmal tief durchgeatmet hatte, sprang er plötzlich auf, tat so als ob nichts Ungewöhnliches passiert sei, zog die Hose hoch, setzte sich hinters Lenkrad und sagte zu Sonja: „Komm bitte.“

      Sie nahm im Auto Platz und diesmal gelang es Bruno, den Wagen ohne Aufsitzen vom Platz zu chauffieren.

      Sie fuhren dieselbe Strecke zurück, die sie gekommen waren. Keiner sprach ein Wort.

      Sonja war noch ganz paralysiert von den Vorgängen. Sie kam sich missbraucht, ja geradezu geschändet vor....der Akt hinter dem Lenkrad war, sie musste es vor sich zugeben, eine Enttäuschung. Bei dieser Erinnerung schloss sie automatisch die unteren Druckknöpfe.

      Das Paar aus dem weißen Golf fiel ihr wieder ein. „Psychopath“..... „Oaschloch“….naja, solche Begriffe konnten sich allerdings aufdrängen.... Wohl hatte die Liebe auf der Motorhaube eine gewisse obszöne Faszination gehabt...aber auch da war er in Gedanken ganz woanders gewesen... Vollkommen überfordert war sie mit den Folgen seines unfreiwillig komischen koitalen Sturzes, nämlich die mehr als befremdliche Betonbefruchtung, das bizarre Herumrudern und vor allem dieser zitathafte Wortsalat!

      Nein! Sexy war das nicht!

      Auch wie er jetzt wieder so provokant langsam fuhr und dabei versuchte, souverän zu wirken.....wo er doch ganz einfach ein schlechter Autofahrer war.....das war nun bitte wirklich offensichtlich!

      Sie erinnerte sich wieder an jenen Assistenten am Institut für Theaterwissenschaften, der sich später als Dramaturg keinen - und noch später als Kritiker, ein bisschen einen Namen gemacht hatte.

      Dieser hatte sie unter Einsatz intellektueller Kapriolen und gesellschaftspolitischen Weitblicks umworben. Irgendwie beeindruckte es Sonja mit ihren damaligen 19 Jahren, dass er auf alles eine Antwort wusste; mit langen Argumentationsketten selbst die widersinnigst scheinenden Behauptungen als ‚richtig‘ klassifizieren konnte.

      Ausführlich schilderte er seine persönliche - und die somit objektiv wahre - Vorstellung von der Bedeutung des Theaterwissenschaftlers im Kunstgewerbe, speziell im Theaterbetrieb: Theater sei eine Wissenschaft und die ganzen Regisseure und Schauspieler hätten die Aufgabe, die Erkenntnisse dieser Wissenschaft zu respektieren und die daraus resultierenden Erwartungshaltungen der Rezensenten zu erfüllen. Das eigentliche Kunstwerk entstehe erst durch die Diskussionen im Feuilleton, getragen vom subjektiven Empfinden der Rezensenten; diese seien die eigentlichen Boten der Kunst; Geistesmenschen, die – im Gegensatz zum infantilen Traumtänzertum und weltfremden Gehabe der Künstler - durch ihre praktische Verbundenheit einen klaren Blick auf die Welt haben und mit der damit einhergehenden 'moralischen Überlegenheit' die 'Avantgarde' der Gesellschaft repräsentieren. Und diese 'Sehenden' (zu denen er sich auch zählte) bildeten durch ihre 'Übersicht' ein 'seismographisches Regulativ', um 'sozialen Katastrophen vorzubeugen'. Der Künstler habe nur dann eine Daseinsberechtigung, wenn er die Erkenntnisse dieser 'Sehenden' als Grundlage seines Schaffens respektiere.

      Er lud sie auf eine 'Spritztour' in seinem Auto ein, einem bejahrten VW Käfer.

      Genauso wie Bruno, hatte auch er Probleme damit, aus einer wirklich großzügigen Parklücke herauszukommen.

      Als sie von der Neben- in die Hauptfahrbahn einmünden wollten, dauerte dies Stunden! War die Straße nämlich frei, so vergewisserte er sich durch unzählige prüfende Blicke so lange davon, bis schließlich doch wieder Fahrzeuge daherkamen.

      Oder: wenn er sich 50 Meter vor einer grünen Ampel befand und diese zu blinken begann, stieg er nicht aufs Gas um die Flüssigkeit der Bewegung aufrecht zu erhalten, nein, er machte eine Notbremsung....die Gegebenheit der Situation vollkommen ignorierend; noch mehr: er brachte seine Umwelt in Gefahr!

      Allein bei der Spritztour mit Sonja verursachte er durch sein unsituatives Verhalten zwei Auffahrunfälle, die wiederum gewaltige Staus nach sich zogen. Er selber bemerkte gar nichts davon, da nur die hinter ihm Fahrenden ineinander krachten. Und nach hinten blickte er nie, die Spiegel blieben unbeachtet.

      Und auch der Existenz eines Blinkers schien er sich nicht bewusst zu sein. Seine unangekündigten Richtungswechsel zwangen die Straßenbahn zu einer Notbremsung (die bei mehreren Fahrgästen schwere Verletzungen verursachte), sie brachten die Pferde eines Fiakers zum Scheuen (was zur Folge hatte, dass die hochschwangere englische Touristin, die sich mit ihrem Mann in der Kutsche befand, so heftig erschrak, dass es zu einer Frühgeburt im Fiaker kam) und er bemerkte nicht, dass minutenlang eine Rettung mit Blaulicht und Folgetonhorn hinter ihm herfuhr und durch ihn wertvolle Zeit verlor. Der transportierte Herzinfarktpatient kam dann zu spät im Krankenhaus an und starb.

      Von all diesen Einflüssen die er ausübte, merkte er nichts. Wenn sie ihm bewusst gewesen wären, hätte sich möglicherweise Jahre später seine große Lebenskrise nicht so zermürbend gestaltet, als er, ein gescheiterter Dramaturg, einsehen musste, dass er den großen Weltenlauf nicht verändern konnte; und zwar deshalb, weil keiner auf ihn hörte.

      Also wurde er Kritiker.

      Jetzt allerdings erkannte er, dass es ihm zwar noch immer nicht möglich war, die makrokosmische Struktur in seinem Sinne zu beeinflussen, er aber Macht auf einer ganz anderen Ebene hatte: er verfügte nämlich in seinem nunmehrigen Beruf über eine mikrokosmische Zerstörungskraft; durch das vernichtende Hinaustrompeten angeblicher Schwächen und Unzulänglichkeiten, die er bei den künstlerischen Unternehmungen anderer zu konstatieren nie müde wurde, erwarb er sich großen Respekt in der Branche. Vor allem in der notorisch unterdotierten 'Freien Szene'; dort СКАЧАТЬ