Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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aa) Feststellung der Hinterziehung dem Grunde nach
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Bei der Feststellung des Hinterziehungserfolges dem Grunde nach – sei es im Rahmen der Prüfung ob eine Tathandlung vorliegt[543] oder im Rahmen der Prüfung ob ein Hinterziehungserfolg eingetreten ist – sind nicht die Beweisregeln des Steuerrechts sondern die des Strafrechts zu beachten.[544] Im Zweifel gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“. Folglich muss strafrechtlich immer zunächst (gem. § 261 StPO zur vollen Überzeugung des Tatrichters) bewiesen werden, dass es zu einer Steuerverkürzung gekommen ist. Dies kann – anders als unter bestimmten Umständen im Steuerrecht – niemals vermutet werden.
bb) Feststellung der Hinterziehung der Höhe nach
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Dem Täter muss eine Steuerhinterziehung in bestimmter Höhe zur vollen Überzeugung des Tatrichters nachgewiesen werden. Für die Berechnung der hinterzogenen Steuer gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Tatgericht gem. § 261 StPO. Verbleiben nach Ausschöpfung aller Beweismittel Zweifel, muss sich dies zugunsten des Täters auswirken. Der Verweis des Gerichts auf eine Berechnung durch einen zeugenschaftlich vernommenen Steuerfahnder, auf Betriebsprüfungs- oder Steuerfahndungsberichte kann die eigene, nachvollziehbar darzustellende Überzeugungsbildung nicht ersetzen.[545] Ebenso wenig genügt die Bezugnahme auf rechtskräftige Steuerbescheide.[546] Auch auf die Berechnung eines Sachverständigen kann nur verwiesen werden, soweit das Gericht erkennbar selbst die Anknüpfungstatsachen benannt hat und die Berechnung eigenverantwortlich nachgeprüft hat.[547] Die Darstellung der Berechnungsgrundlagen soll ausnahmsweise dann entbehrlich sein, wenn ein sachkundiger Angeklagter, der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern bzw. der nicht abgeführten Beiträge zur Sozialversicherung in der Lage ist, ein Geständnis abgelegt hat.[548] Außerdem ist die fehlerhafte Darstellung der hinterzogenen Steuer im Rahmen der Revision unerheblich, wenn eine Fehlberechnung zu Lasten des Angeklagten ausgeschlossen werden kann.[549]
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Steht fest, dass der Besteuerungstatbestand erfüllt ist, muss die Höhe der hinterzogenen Steuern, soweit sie sich nicht exakt feststellen lässt, durch Schätzung ermittelt werden. Dem steht im Strafverfahren der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht entgegen (s. dazu auch § 393 Rn. 34 ff).[550] Dieser verbietet es lediglich, die Schätzung wegen der Verletzung von steuerlichen Mitwirkungspflichten an der oberen Grenze des Schätzrahmens auszurichten.[551] Um den strafrechtlich erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad zu erreichen, können Korrekturen und Sicherheitsabschläge vorgenommen werden. Es müssen aber auch nicht die untersten Rahmen der Schätzung gewählt werden, wenn sich Anhaltspunkte für eine positivere Ertragslage ergeben.[552] Die Schätzung darf nicht frei erfolgen, sondern muss unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nachvollziehbar, wahrscheinlich und wirtschaftlich vernünftig sein.[553] Zu schätzen sind nicht die verkürzten Steuern, sondern die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen.[554] Für die Schätzung der Einkommensteuer muss das Gericht zunächst die Gewinnermittlungsmethode (durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG oder als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG) feststellen.[555] Sind nicht geltend gemachte steuermindernde Tatsachen bei der Feststellung der Steuerverkürzung wegen des Kompensationsverbots nicht zu berücksichtigen, sind diese – sofern trennbar – auch bei der Schätzung außen vor zu lassen.[556]
(1) Gründe für eine Schätzung
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Während die Schätzung der Höhe der hinterzogenen Steuer allgemein aus § 261 StPO für zulässig erachtet wird,[557] wird die Anwendbarkeit des für die steuerliche Schätzung geltenden § 162 für die strafrechtliche Schätzung in der Literatur teilweise verneint.[558] Der BGH zieht § 162 für die Schätzung hingegen heran,[559] meist ohne die Anwendbarkeit zu problematisieren[560] und führt aus, dass Schätzungen der Finanzbehörden im Strafverfahren übernommen werden dürfen, wenn das Gericht von ihrer Richtigkeit unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) überzeugt ist.[561] In Betracht kommt folglich die entsprechende Anwendung des § 162 unter Beachtung des In-dubio-pro-reo-Grundsatzes. Im Strafverfahren gilt genauso wie im Besteuerungsverfahren, dass die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen sind, soweit sie nicht auf andere Weise ermittelt oder berechnet werden können (§ 162 Abs. 1 S. 1). Es ist ferner selbstverständlich, dass dabei alle Umstände zu beachten sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 S. 2). Die Anwendung des § 162 Abs. 2 S. 3 sowie der Abs. 3 und 4, ist mit dem In-dubio-pro-reo-Grundsatz nicht zu vereinbaren, da sie Vermutungen für Steuerverkürzungen und Zuschläge allein wegen der Verletzung von Mitwirkungspflichten enthalten und scheidet daher aus. Allerdings kann das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung Schlüsse aus der Verletzung von Mitwirkungspflichten ziehen.[562] § 162 Abs. 2 S. 1 und 2 enthalten eine – nicht abschließende – Auflistung typischer Pflichtverletzungen, aufgrund derer eine Schätzung steuerlich zulässig ist, weil der Steuerpflichtige seine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat. Solche Pflichtverletzungen machen regelmäßig auch strafrechtlich eine Schätzung erforderlich. Insoweit verbietet der Zweifelssatz es zwar, aufgrund der Verletzung steuerlicher Pflichten eine Verkürzung zu unterstellen, nicht aber, dem Betroffenen die mit einer Schätzung immer verbundenen Unsicherheiten – unter Beachtung des in-dubio-pro-reo-Grundsatzes – aufzubürden.
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(a) Erweiterte Sachaufklärungs- und Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 bei Auslandsbeziehungen: Die im Besteuerungsverfahren geltende erweiterte Sachaufklärungs- und Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 bei Auslandsbeziehungen findet im Strafverfahren keine Anwendung. Das bedeutet aber nur, dass aus der Verletzung der Mitwirkungspflichten als solches keine negativen Schlüsse im Hinblick auf die Höhe der hinterzogenen Beträge gezogen werden dürfen. Sind allerdings als Folge der Verletzung keine sicheren Feststellungen zum Umfang der Hinterziehung möglich, erfolgt die Ermittlung durch Schätzung. Dabei muss der Angeklagte nach der Rspr. des BGH Unsicherheiten zu seinem Nachteil im Rahmen des Schätzungsspielraums gegen sich gelten lassen, die gerade aus der Verletzung der Mitwirkungspflichten erwachsen.[563]
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(b) Bücher oder Aufzeichnungen, die nach den Steuergesetzen zu führen sind, können nicht vorgelegt werden: Kann der Beschuldigte Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen, so kann steuerlich ebenso wie strafrechtlich geschätzt werden, wenn sich die Höhe der verkürzten СКАЧАТЬ