Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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(4) Erlangen des Vorteils für sich oder einen anderen
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Der Täter muss die Vorteile der Tat nach § 370 Abs. 1 für sich oder einen anderen erlangen. Er muss daher nicht eigennützig handeln und bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 nicht selbst Steuerpflichtiger sein. Nach der in Literatur und Rspr. vorherrschenden Meinung genügt es für das Erlangen des Vorteils, dass die entsprechende begünstigende Verfügung wirksam wird, etwa mit Bekanntgabe.[503] Auf einen Zufluss des Vorteils, z.B. durch die Auszahlung einer Steuervergütung soll es nicht ankommen.[504]
b) Vollendung und Beendigung der Steuerhinterziehung
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Grundsätzlich ist rechtlich zwischen der Tatvollendung und der Tatbeendigung zu unterscheiden. Vollendet ist eine Tat, wenn alle Voraussetzungen des Tatbestandes – inklusive Erfolgseintritt beim Erfolgsdelikt – erstmals erfüllt sind. Hingegen meint Beendigung den Zeitpunkt, in dem das unrechtserhebliche Geschehen seinen endgültigen Abschluss findet.[505] Die Tatvollendung ist von Bedeutung insb. für die Abgrenzung des nach § 370 Abs. 2 strafbaren Versuchs von der Vollendung und damit für die Frage, ob ein Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB möglich ist. Für die Bestimmung des Verjährungsbeginns kommt es auf die Tatbeendigung an (§ 78a StGB). Auch für die Frage der Anwendung des „milderen Gesetzes“ i.S.d. § 2 Abs. 3 StGB im Falle einer Gesetzesänderung zwischen Tatbeendigung und Verurteilung kommt es darauf an, wann die Tat beendet wurde. Solche Gesetzesänderungen sind insb. im Hinblick auf die Regelbeispiele des § 370 Abs. 3 Nr. 1 und des Abs. 3 Nr. 5 erfolgt (S. dazu Rn. 306 ff., 322). Außerdem kann bis zum Zeitpunkt der Beendigung Beihilfe zu der Tat geleistet werden.
183
Im Falle der Steuerhinterziehung tritt mit Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolges regelmäßig sowohl Vollendung als auch Beendigung ein.[506] Zu Abweichungen würde es bei Unterlassungstaten kommen, wenn zugunsten des Täters für die Bestimmung der Tatvollendung ein möglichst später Vollendungszeitpunkt angesetzt wird, während für die Frage des Verjährungsbeginns ein früherer Beendigungszeitpunkt bestimmt wird. Die Rspr. desBGH unterscheidet aber nicht in dieser Weise.[507]
aa) Vollendung und Beendigung der Verkürzung im Festsetzungsverfahren
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Der Zeitpunkt der Vollendung und Beendigung einer Steuerhinterziehung im Festsetzungsverfahren unterscheidet sich, je nachdem, ob es sich um Veranlagungs- oder Anmeldesteuern handelt. Außerdem kommt es darauf an, ob die Hinterziehung durch aktives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen verwirklicht wird.
(1) Vollendung bei Veranlagungssteuern
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Bei Veranlagungssteuern (ESt, KSt, GewSt, GrESt) ist die Steuerhinterziehung durch aktives Tun mit unzutreffender Festsetzung der Steuer vollendet. Die Festsetzung erfolgt regelmäßig durch Bekanntgabe eines Steuerbescheids (§§ 155 Abs. 1, 157 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 1). Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 gilt der im Inland übermittelte Steuerbescheid nach drei Tagen als zugegangen und damit als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder später zugegangen ist. Der Wortlaut stellt klar, dass ein früherer Zugang unerheblich ist. Insoweit handelt es sich um eine Bekanntgabefiktion.[508] Dagegen kann der spätere Zugang nachgewiesen werden, so dass es sich insoweit nur um eine Zugangsvermutung handelt.[509] Fällt der letzte Tag der Drei-Tages-Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, so verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag (§ 108 Abs. 3).[510] Den Zugang hat im Zweifel die Finanzbehörde nachzuweisen, den verspäteten Zugang der Steuerpflichtige.[511] Die Vollendung tritt auch ein, wenn die Steuerfestsetzung vorläufig (§ 165) oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) erfolgt.[512]
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Berücksichtigt das Finanzamt die falschen Angaben nicht, bzw. erfolgt trotz falscher oder unterbliebener Angaben eine zutreffende oder zu hohe Festsetzung, tritt keine Vollendung ein. Es bleibt dann beim Versuch. Die Vollendung kann dann noch im Rechtsbehelfsverfahren erreicht werden.
187
Wird trotz bestehender Pflichten keine Steuererklärung abgegeben (Unterlassen), tritt Vollendung entweder durch Bekanntgabe eines Schätzungsbescheides ein[513] oder dann, wenn nach Nichtabgabe keine Veranlagung erfolgt. Entscheidend für die Feststellung der unterbliebenen Veranlagung ist der Zeitpunkt, zu dem bei ordnungsgemäßer Abgabe der Steuererklärung der unterlassende Täter spätestens veranlagt worden wäre.[514] Zur Bestimmung des Zeitpunkts wird auf den allgemeinen Abschluss der Veranlagungsarbeiten im zuständigen Finanzamt abgestellt.[515] Um diesen Zeitpunkt zutreffend zu bestimmen, müsste in jedem Einzelfall der tatsächliche Arbeitsstand des zuständigen Finanzamts für jedes Veranlagungsjahr erhoben werden. Außerdem wäre zu klären, ab welcher Erledigungsquote, die zumindest unter 100 % liegt,[516] davon gesprochen werden kann, dass die Arbeiten „im Allgemeinen“ abschlossen sind. In der Praxis wird der Zeitpunkt meist nach generellen Erwägungen grob ermittelt. DerBGH zieht in Erwägung, zumindest bei einfach gelagerten Fällen von einer Bearbeitungszeit für fristgerecht eingereichte Erklärungen von längstens einem Jahr auszugehen.[517] Es sei von Rechts wegen nicht geboten, Tatvollendung stets erst zum Zeitpunkt der Tatbeendigung anzunehmen, wenn also das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk für den maßgeblichen Zeitraum allgemein abgeschlossen hat und demzufolge nicht mehr mit einer Veranlagung zu rechnen ist.[518]
188
Gewährte Fristverlängerungen sind bei der Frage der Vollendung zugunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (s. dazu Rn. 115).
189
Der Abschluss der Veranlagungsarbeiten und damit der Vollendungszeitpunkt bzgl. der Jahressteuern lässt sich anhand genereller Überlegungen unter Berücksichtigung allgemein gewährter Fristverlängerungen überschlägig ermitteln. Die Frist zur Abgabe von Jahressteuererklärungen läuft nach § 149 Abs. 2 AO, sofern nicht Sondervorschriften eingreifen, bis zum 31. Juli des auf das Veranlagungsjahr folgenden Jahres. Wirkt an der Erstellung der Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- oder Umsatzsteuer-Erklärung sowie zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes eine nach den §§ 3 und 4 StBerG befugte Person oder Institution mit, wird die Frist zur Abgabe gem. § 149 Abs. 3 bis Ende Februar des übernächsten Folgejahres verlängert.[519] Es dürfte daher zumindest bis nach dem 28./29. Februar des übernächsten auf das Veranlagungsjahr folgenden Jahres nicht mit dem Abschluss der Bearbeitung und damit mit Tatvollendung zu rechnen sein. Nimmt man den letztmöglichen Fristverlängerungstermin und verlängert ihn um geschätzt СКАЧАТЬ