Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
isbn:
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Aber auch im Übrigen müssen bei jeder Nähe von Absprachen über Spiel- und Wettbewerbsergebnisse bei den Verantwortlichen die Alarmglocken klingeln. Mögen auch die Tatbestände der §§ 265c, 265d StGB im Einzelfall nicht erfüllt sein, liegt ein Bezug zur organisierten (Wett-)Wirtschaftskriminalität im Zweifel nicht fern (um nur ein Stichwort zu nennen: Geldwäsche durch hohe Geldeinsätze auf weniger überwachte Amateurwettbewerbe).[106]
XV. Internationale Embargos
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Dass das jahrzehntelang von den Verbänden propagierte Credo, Sport und Politik müsse man trennen, spätestens seit den dargestellten Vergabeentscheidungen (s.o. Rn. 28 ff.) überholt ist, auch weil es moralisch fragwürdig ist, dürfte nicht mehr ernsthaft bestritten werden.[107] Augenfällig wird dies, wenn Außenpolitik in Rechtsform gegossen wird und in den Regelungen für den Sport keine Ausnahmen gemacht werden, sprich: soweit Embargorecht gilt.[108]
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Juristisch geht es bei Embargos unter dem Dach des EU-Rechts (oder synonym: Sanktionen) um eine Maßnahme der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), namentlich einen verbindlichen Beschluss des Rates gem. Art. 29 EUV, der dann als Verordnung umgesetzt wird. Häufig steht am Anfang eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu gewaltlosen Sanktionen, Art. 41 UN-Charta.[109]
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Für sportliche Kollisionsfälle stellt u.a. die FIFA WM 2018 in Russland ein Beispiel dar. Insbesondere galt es die Bereitstellung von Finanzmitteln an sanktionierte Personen zu verhindern. Solche Personen fanden sich unter den Großprofiteuren der Infrastrukturbauten, im Ausschuss der russischen Staatsduma für Leibeserziehung, Sport und Jugend oder etwa innerhalb der Medienlandschaft und Banken. Auch die im Iran ausgetragene Schach-Weltmeisterschaft der Frauen 2017 stellt ein weiteres Beispiel aus dem Sport dar.[110]
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Die für den Sport daraus erwachsenden Konsequenzen richten sich danach, welche Bereiche von dem Embargo umfasst sind (personenbezogene Finanzsanktionen, kapitalmarktbezogene Sanktionen, güterbezogene Sanktionen).[111] Vom Compliance-Standpunkt aus betrachtet können sie die im Sport Beteiligten kaum kalt lassen: Fahrlässige Verstöße gegen das insoweit anzuwendende AWG sind mit Bußgeldern bis zu 500 000 EUR bewehrt, die sich auch gegen juristische Personen und Personenvereinigungen richten können, etwa über §§ 130, 30 OWiG im Falle von Aufsichtspflichtverletzungen mangels etablierter außenwirtschaftsrechtlicher Compliance-Vorgaben. Vorsätzliche Verstöße können nach § 18 AWG strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.[112]
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Aus der Warte des Sports scheinen in erster Linie Verstöße gegen personenbezogene Finanzsanktionen und Kapitalmarktbeschränkungen möglich zu. Hier sind das nationale Recht, EU-Recht aber auch US-Recht zu berücksichtigen. Auch diese Aspekte sollten in einem CMS aufgehen.[113]
C. Sonderfall Doping
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Doping ist die Geißel des Sports.[114] Es ist allerdings kein neues Phänomen.[115] Bereits in der Antike sollen die Wettkämpfer Stierblut getrunken, nach dem Sieg die Gehirne ihrer Gegner verspeist, halluzinogene Pilze gegessen oder Blätter berauschender Pflanzen gekaut haben – alles, um die eigene zukünftige Leistung zu steigern.[116] Doping stellt sich heute als eines der größten Probleme im internationalen und nationalen Sportbetrieb dar. Das „Gewinnenwollen“, das Streben um die beste Leistung und immer größere Rekorde, hat dazu geführt, dass „Betrügen“ und „Schummeln“ zur Verbesserung der eigenen Leistungen einen festen Platz im Sport eingenommen hat. Gerade in den Zeiten der nahezu unbegrenzten Kommerzialisierung des Sports verführen große pekuniäre Exspektanzen die Athleten zur Anwendung unlautererer Methoden.[117] Dass dem so ist, wird gleichsam tagtäglich durch mediale Berichterstattung über einen weiteren spektakulären Doping-Fall dokumentiert.
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Doping im Sport verdient eine herausgehobene Behandlung nicht nur wegen seiner essentiell sportschädlichen Wirkung: Es ist mit dem Gedanken an sportliche Werte und insbesondere Fair Play nicht in Einklang zu bringen. Unter Compliance-Gesichtspunkten muss es im Sportbetrieb schon deswegen im Fokus steht. Nähert man sich dem Thema rechtlich und betriebswirtschaftlich, wird dieser Befund nur noch schärfer konturiert. Doping-Verstöße im Sport bedeuten für alle Beteiligten strafrechtliche, sport(verbands)rechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen, letztere insbesondere im Hinblick auf Sponsoringvereinbarungen.
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Nach dem AntiDopG[118] sind nunmehr – in Folge wachsender Bemühungen des Gesetzgebers den Sportbereich explizit spezialgesetzlich zu regeln – zahlreiche Dopingaktivitäten mit staatlicher Kriminalstrafe bedroht: Eigendoping (Sportler als Täter, Fremddoping (Person aus dem Umfeld des Sportlers als Täter) und diverse Handlung zur Ermöglichung des Dopings (Herstellen, Handeltreiben pp.).[119] Die Strafvorschriften finden sich jedenfalls nominell alle in § 4 AntiDopG. Die gewählte Gesetzessystematik macht das Erfassen der konkreten Tatbestände nicht unbedingt einfach.[120] Daneben spielen durch Doping auch weitere Straftatbestände wie Betrug (etwa zum Nachteil eines Wettbewerbsveranstalters, Zuschauers, Sponsors usw.), Urkundenfälschung (Fälschen von Dopingformularen) und natürlich die Körperverletzungsdelikte eine Rolle.[121]
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Noch wesentlicher strenger – was nicht überraschen kann – sind Dopingstraftatbestände im Verbandsrecht geregelt. Im Anti-Doping-Code (WADC) der World Anti Doping Agency (WADA), der durch Transformierung in den nationalen Anti-Doping-Code (NADC) der Nationalen Anti Doping Agentur für Deutschland (NADA) in deutsches Verbandsrecht übernommen wurde, finden sich Regelungen von zT überraschender Eingriffsintensität und Reichweite, so dass sich jeder, der mit Complianceaufgaben im Sport betraut ist, hierüber ins Bild setzen sollte. Selbstverständlich gibt es die erwarteten Straftatbestände („Vorhandensein einer Verbotenen Substanz [. . .]“ in Art. 2.1 NADC oder „Gebrauch einer Verbotenen Methode [. . .]“ in Art. 2.2 NADC). Auch die „Umgehung der Probenahme“ (Art. 2.3 NADC) ist ebenso strafbar wie „Meldepflichtverstöße“ (Art. 2.4 NADC) und die „Unzulässige Einflussnahme [. . .]“ (Art. 2.5 NADC) auf „irgendeinen Teil“ des Dopingkontrollverfahrens. Folgerichtig ist dann auch der Besitz, das Inverkehrbringen und die Verabreichung (Art. 2.6 bis 2.8 NADC) einer Verbotenen Substanz und Verbotenen Methode strafbar. Außerdem wird in Art. 2.9 NADC auch jegliche Form einer Tatbeteiligung ausdrücklich und selbstständig unter Strafe gestellt. Schließlich gibt es in Art. 2.10 NADC ein umfassendes Kontaktverbot für Athleten mit Personen, die wegen Verstößen gegen Anti-Dopingbestimmungen vorbelastet sind oder auch nur Stroh- oder Mittelsmänner sind.[122]
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Dopingverurteilungen auch schon nach Verbandsrecht bringen für die Beteiligten Sportler erheblichen Sperren (und weitere Folgen) mit sich, die es zu vermeiden gilt. Wegen des Verstoßes gegen sportliche Grundwerte bringen Dopingverdachtslagen und -verurteilungen СКАЧАТЬ