Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
isbn:
290
Das BVerfG geht davon aus, dass es für das Zustandekommen eines privatrechtlichen Behandlungsvertrages ohne Belang ist, ob es sich um einen Privat- oder Kassenpatienten handelt.[6] Nach Kodifizierung der Regelungen des Behandlungsvertrages in §§ 630a ff. BGB durch das PatientenrechteG[7] dürfte daran überhaupt kein Zweifel mehr bestehen. Lediglich die Vergütungspflichten für die geleisteten Behandlungen sind durch das Sozialversicherungsrecht determiniert.[8]
291
Das Zustandekommen eines privatrechtlichen Arztvertrages schließt nicht aus, dass notwendige Vertragsbestandteile durch die Vorschriften des Vertragsarztrechtes, die überwiegend nicht einer privatrechtlichen Vereinbarung zugänglich sind, vorgeben sind.[9] Der Vertragsarzt unterliegt gegenüber dem gesetzlich Versicherten einem Kontrahierungszwang. Das folgt aus der in § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V als Folge der Zulassung angeordneten Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung wie auch aus § 13 Abs. 7 BMV-Ä, wonach eine Behandlung abgesehen von Notfällen nur in begründeten Fällen oder wenn ein volljähriger Patient die Krankenversichertenkarte nicht vorlegt, abgelehnt werden darf.[10] Anders könnte eine KV auch nicht ihrem Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 S. 1 SGB V nachkommen.
292
Die Vorschriften des SGB V und die Richtlinien des G-BA begrenzen das Leistungsspektrum der vertragsärztlichen Versorgung und schließen einzelne (mögliche, aber ggf. unwirtschaftliche, siehe Rn. 167) Behandlungsmaßnahmen und Therapiemittel aus. Auch die Honorierung der Leistung ist einer vertraglichen Vereinbarung nicht zugänglich, da in der Regel kein unmittelbarer Honoraranspruch des Vertragsarztes gegenüber dem GKV-Patienten besteht (siehe Rn. 981). Zu den Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip wird auf die Darstellung in Kap. 7 „Leistungsrecht“ verwiesen. Zu den Festzuschüssen für Zahnersatz siehe Rn. 974.
8. Kapitel Vertragsarztrecht › E. Grundprinzipien des Vertragsarztrechts › II. Das Recht des Versicherten auf freie Arztwahl
1. Rechtsgrundlage
293
Das Recht des Versicherten auf freie Arztwahl ist Ausfluss des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1 und 2 GG und des daraus abzuleitenden Selbstbestimmungsrechts des Patienten. Es findet seine Grundlage auch in der allgemeinen Vertragsfreiheit, wonach kein Patient verpflichtet ist, mit einem bestimmten Arzt zu kontrahieren. Entsprechend ist der Patient auch frei, den Arzt zu wechseln. Die Ärzte sind nach § 7 Abs. 2 S. 1 MBO verpflichtet, dieses Recht ihrer Patienten zu achten. Im Gegensatz dazu können auch die Ärzte nach § 7 Abs. 2 S. 2 MBO, § 627 BGB, abgesehen von Notfällen und eng begrenzten begründeten Ausnahmen, eine Behandlung ablehnen.[11]
2. Inhalt
294
Im Vertragsarztrecht sind die geschilderten Rechte der Parteien eines Behandlungsverhältnisses erheblich eingeschränkt. Der Vertragsarzt ist aufgrund seiner Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Er muss gesetzlich versicherte Patienten, die ihn aufsuchen, behandeln.
295
Im Gegenzug garantiert § 76 Abs. 1 SGB V zwar einerseits das Recht des Versicherten auf freie Arztwahl, schränkt es aber in den folgenden Absätzen gleichzeitig erheblich ein. Grundsätzlich bezieht sich das Recht nur auf den in Abs. 1 S. 1 aufgezählten Kreis der zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung berechtigten Ärzte und ärztlichen Einrichtungen.[12] Ein Recht auf die Inanspruchnahme von Privatärzten besteht nur in Notfällen.[13] Das gilt auch, wenn der Vertragsarzt in zulässiger Weise in Anspruch genommen wurde und während der noch andauernden Behandlung auf seine Zulassung verzichtet.[14] Ambulante Behandlungen in Krankenhäusern dürfen abgesehen von Notfällen nach § 75 Abs. 1a S. 7 SGB V nur auf Vermittlung der Terminservicestelle in Anspruch genommen werden.
296
Der Versicherte soll immer den nächst erreichbaren Arzt in Anspruch nehmen, andernfalls muss er die Mehrkosten tragen (§ 76 Abs. 2 SGB V). Auch soll der Arzt innerhalb eines Quartals nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gewechselt werden (§ 76 Abs. 3 S. 1 SGB V). Überweisungen nach § 15 BMV-Ä sind kein Arztwechsel.[15]
297
Der Versicherte soll ferner einen Hausarzt wählen, der ihn über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung zu unterrichten hat (§ 76 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB V). Nach Auffassung des BSG ergibt sich hieraus eine Pflicht des Hausarztes, einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme anderer Ärzte entgegenzuwirken. Eine hausärztliche Praxisgemeinschaft, die im Innenverhältnis wie eine Gemeinschaftspraxis organisiert ist, kann wegen Gestaltungsmissbrauch zur Rückzahlung des Differenzhonorars verpflichtet werden.[16] Hat sich der Versicherte schriftlich zur Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung verpflichtet, darf er nach § 73b Abs. 3 S. 2 SGB V ambulante fachärztliche Leistungen nur noch auf Überweisung des gewählten Hausarztes in Anspruch nehmen. Dieser Hausarzt darf ebenfalls nur aus wichtigem Grund gewechselt werden. Die Wahl des Hausarztes ist für ein Jahr bindend.
298
Die Bindung des Versicherten an einen Hausarzt ist im Hinblick auf § 73 Abs. 1b SGB V von Bedeutung, wonach die anderen Leistungserbringer verpflichtet sind, dem gewählten Hausarzt über die von ihnen durchgeführten Behandlungen zu informieren. Dadurch soll der Hausarzt in die Lage versetzt werden, den ihm in § 73 Abs. 1 S. 2 SGB V auferlegten umfangreichen Dokumentations- und Koordinierungspflichten nach zu kommen.
299
Versicherte der Knappschaft dürfen nach § 76 Abs. 5 SGB V nur Knappschaftsärzte in Anspruch nehmen.[17] In selektive Vertragssysteme eingeschriebene Versicherte durften im Rahmen des vertraglichen Versorgungsauftrages nur noch die dort mitwirkenden Ärzte in Anspruch nehmen (§ 73c Abs. 2 S. 1 SGB V a.F.). Für Verträge der besonderen Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V ist diese Bindung der Einschreibung gesetzlich nicht vorgesehen. Beschränkungen des Rechts der freien Arztwahl können aber in die Teilnahmebedingungen aufgenommen werden.[18]
3. Überweisung
300
Die Überweisung ist der rechtstechnische Begriff für die Veranlassung weiterer diagnostischer oder therapeutischer Leistungen durch andere Vertragsärzte seitens des behandelnden Arztes. Unterschieden wird zwischen Auftragsleistungen, Konsiliaruntersuchungen, Überweisungen zur Mitbehandlung oder Überweisungen zur Weiterbehandlung (§ 24 BMV-Ä). Ärztliche Absprachen bei Überweisungen insbesondere verbunden mit dem Angebot oder dem Fordern von Gegenleistungen fallen tatbestandsmäßig unter §§ 299a/299b StGB (Bestechlichkeit bzw. Bestechung im Gesundheitswesen).
301
Die freie Arztwahl soll nach СКАЧАТЬ