Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Handbuch Medizinrecht - Thomas Vollmöller страница 134

Название: Handbuch Medizinrecht

Автор: Thomas Vollmöller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: C.F. Müller Medizinrecht

isbn: 9783811492691

isbn:

СКАЧАТЬ sind, muss jeder Arzt seiner berufsrechtlichen Verpflichtung gem. § 24 MBO nachkommen, diese Verträge vor Abschluss seiner Ärztekammer zur Prüfung vorzulegen. Werden diese Hinweise zum Umgang mit Boni und Rabattanteilen beachtet, erweckt der Arzt nicht den Eindruck, dass die Unabhängigkeit seiner ärztlichen Entscheidung im Sinne des § 32 MBO beeinflusst wird.

      2. Sind Bonuszahlungen an Vertragsärzte, die auf der Grundlage von Verträgen über integrierte Versorgung gemäß den §§ 140a ff. SGB V erfolgen, mit der ärztlichen Berufsordnung zu vereinbaren?

      Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Gesundheitsreform 2000 mit den §§ 140a ff. SGB V die integrierte Versorgung in die gesetzliche Krankenversicherung eingeführt. Die Praxis hat die zunächst ausdrücklich im Gesetz enthaltene Anregung aufgegriffen, aus den im Rahmen dieser Versorgungsform erzielten Einsparungen nicht nur den Versicherten, sondern auch den beteiligten Leistungserbringern einen Bonus zu zahlen. So sieht ein Vertrag über hausärztliche Versorgung beispielsweise vor, dass nach einem im Einzelnen vereinbarten Modus Einsparungen bei der Arzneimitteltherapie sowie bei den Ausgaben für häusliche Krankenpflege, Heil- und Hilfsmittel, Fahrtkosten und Krankenhausbehandlung ermittelt werden; die teilnehmenden Hausärzte erhalten davon einen Anteil von 30 % bzw. 60 %. Die Einsparungen im Arzneimittelbereich sollen insbesondere durch Berücksichtigung der von der beteiligten Krankenkasse mit Arzneimittelherstellern geschlossenen Rabattvereinbarungen erzielt werden. Auch die Entgegennahme derartiger Bonuszahlungen verstößt nicht in jedem Fall gegen das Verbot der Annahme von Vorteilen für die Verordnung von Arzneimitteln und sonstigen medizinischen Produkten in § 34 Abs. 1 MBO, das verhindern soll, dass Hersteller durch Zuwendungen an Ärzte Einfluss zugunsten einer Verordnung ihrer Produkte ausüben. Denn der Vorteil bzw. Bonus wird hier nicht vom Hersteller-Unternehmen eines bestimmten Arzneimittels, sondern im Rahmen eines Integrationsvertrages von der Krankenkasse gewährt. Er stellt sich auch nicht insofern als mittelbare Vergütung des Herstellers dar, als dass dieser lediglich den Weg einer Auszahlung über eine Krankenkasse wählt. Es fehlt an einem Vorteil „für die Verordnung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 MBO, wenn sich die Initiative der Krankenkasse auf das sozialrechtlich erwünschte Erzielen von Einsparungen durch eine wirtschaftliche Verordnungsweise im Rahmen eines Integrationsvertrages richtet, der für den Patienten und alle Beteiligten in seinen wesentlichen Merkmalen erkennbar ist. Voraussetzung ist, dass dem Arzt durch die Ausgestaltung der Bonus- und Rabattvereinbarungen der notwendige Spielraum verbleibt, aus Gründen des Einzelfalles abweichend von den Vorgaben bzw. Anreizen durch diese Vereinbarungen zu verordnen. Zudem sollten konkrete und insoweit nachprüfbare Verhaltensweisen für das Erzielen von Einsparungen vereinbart werden. Sofern lediglich Teilausschüttungen von ersparten Ausgaben vereinbart werden, zwingt das den Arzt dazu, eigene Einsparstrategien zu entwickeln und verleitet u.U. dazu, medizinisch notwendige Leistungen zu versagen.

      § 34 Abs. 1 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten eine Vergütung oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern, sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen.“

      § 32 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern, sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Eine Beeinflussung liegt dann nicht vor, wenn der Wert des Geschenkes oder des anderen Vorteils geringfügig ist.“

      Unter diesen Voraussetzungen wird auch nicht der Eindruck erweckt, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird, ein Verstoß gegen § 32 MBO wäre deshalb zu verneinen.

      3. Inwieweit ist es berufsrechtlich zulässig, dass Ärzte Patienten mit oder ohne Zahlung einer Prämie z.B. auf eine Versandapotheke aufmerksam machen bzw. diese empfehlen?

      Unter dem Eindruck steigender Ausgaben für Arzneimittel, für die die verordnenden Ärzte mit verantwortlich gemacht werden, der Existenz von Richtgrößen für Arzneimittelverordnungen und der Rechtsfolgen bei Überschreiten dieser Richtgrößen werden zunehmend Vereinbarungen zwischen Ärzten und Apothekern geschlossen, die auf eine Reduzierung der Arzneimittelkosten abzielen. In einer solchen Vereinbarung, die ein Ärztenetz unter Beteiligung einer Kassenärztlichen Vereinigung mit einer Versandapotheke geschlossen hat, sind gemeinsam aufgestellte Regeln zur Arzneimittelsubstitution enthalten, die von den vertragschließenden Parteien bei der Verordnung und bei der Abgabe von Arzneimitteln zu beachten sind. Die Ärzteseite verpflichtet sich in dem Vertrag, den Mitgliedern des Ärztenetzes die vereinbarten Substitutionsregeln und deren Handhabung zur Kenntnis zu bringen. Weiterhin verpflichten sich die Ärzte, bei jeder geeigneten Verordnung auf die Bezugsmöglichkeit über die Versandapotheke hinzuweisen und die Bezugsadresse zu benennen. Die Versandapotheke hat nach der Vereinbarung die Substitutionsregeln zu beachten und einen Bonus an das Ärztenetz zu gewähren. Der Bonus soll zur Entwicklung von Strukturen integrierter Versorgung verwendet werden. Erwogen worden war zudem, dass Ärzte ihren Patienten zur Nutzung der Versandapotheke jeweils einen Freiumschlag der Apotheke aushändigen. Bei der ersten Bestellung über diesen Freiumschlag sollte ein Gutschein übersandt werden, der bei künftigen Einkäufen nicht preisgebundener Produkte einlösbar sein sollte. Die Vorschrift des § 34 Abs. 5 MBO beschränkt die Möglichkeit der Verweisung von Patienten an bestimmte Leistungserbringer. Von einer Verweisung, die nach § 34 Abs. 5 MBO nur bei Vorliegen eines hinreichenden Grundes an eine bestimmte Apotheke erfolgen darf, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings nicht schon dann auszugehen, wenn der Patient auf die Möglichkeit des Bezuges über eine bestimmte Apotheke hingewiesen wird. Im Fall einer Verweisung muss der hinreichende Grund nach den Interessen des Patienten beurteilt werden; die Verweisung muss für den Patienten von Vorteil sein. Es reicht nicht aus, wenn sie allein den Interessen des verweisenden Arztes dient. Auch der Rechtsprechung zufolge ist der Arzt aber nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu berücksichtigen. Insoweit kann es als hinreichender Grund im Sinne des § 34 Abs. 5 MBO angesehen werden, wenn durch die Verweisung an eine Versandapotheke und über die mit ihr vereinbarte Substitution von Arzneimitteln eine im Interesse des beitragzahlenden Patienten bzw. Versicherten liegende wirtschaftliche Arzneimittelverordnung verfolgt wird. Vereinbarungen dieser Art müssen aber nicht nur an der ärztlichen Berufsordnung, sondern ebenso an § 11 des Apothekengesetzes (ApoG) gemessen werden, der auch ärztliches Verhalten regelt. Diese Vorschrift verbietet es unter anderem, dass Apotheker mit Ärzten Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die ein Zuführen von Patienten oder ein Zuweisen von Verschreibungen zum Gegenstand haben. Die Vorschrift lässt aber durchaus Raum für Kooperationen, wenn die Rezepte nicht unmittelbar der Apotheke zugeleitet werden und der Patient die Freiheit behält, das Rezept am Ort seiner Wahl einzulösen. Ausdrücklich eröffnet § 11 Abs. 1 S. 2 ApoG durch Verweis auf § 140a SGB V die Möglichkeit von Zuweisungen im Rahmen und zur Durchführung von Integrationsverträgen. Auf deren Grundlage – nicht „zur Entwicklung“ von Strukturen für einen solchen Vertrag – sind auch Bonuszahlungen zulässig, soweit diese Anreiz z.B. zur Verbesserung der Patientenversorgung durch engere Zusammenarbeit oder zu einem sozialrechtlich erwünschten Erzielen von Einsparungen bieten. Selbst im Rahmen von Integrationsverträgen ist es aber nicht zulässig, dass der Patient vom Arzt Freiumschläge oder Gutscheine einer Apotheke erhält. Durch deren Abgabe würde der Arzt quasi Teil des Vertriebssystems der Apotheke, wodurch er eine gewerbliche Vermittlungsdienstleistung erbringen würde, die ihm durch § 3 Abs. 2 MBO in Zusammenhang mit dem Ausüben seiner ärztlichen Tätigkeit verboten ist, oder eine ihm berufsrechtlich ebenso untersagte Werbung für Dritte betreiben würde. Die Rechtsprechung hat die darin liegende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit wiederholt mit dem Argument gerechtfertigt, dass der Patient darauf vertrauen können muss, dass sich der Arzt nicht von kommerziellen Interessen, sondern ausschließlich von der medizinischen Notwendigkeit leiten lässt. Daher würde auch die Entgegennahme einer Vergütung für das Aufstellen eines Terminals in der Arztpraxis, über das Patienten selbstständig Medikamente in Apotheken bestellen können, als gewerbliche Vermittlungsdienstleistung in Zusammenhang mit dem СКАЧАТЬ