Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
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bb) Werbung, Information und Meinungsfreiheit
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Die Beschränkung anpreisenden Verhaltens gilt als Wesenszug Freier Berufe.[181] Im Laufe der Zeit sind die einzelnen Vorschriften immer weiter differenziert worden. Während § 27 MBO das Verbot berufswidriger Selbstdarstellung postuliert, enthielten § 28 MBO a.F. und die Regelungen in Kap. D I Nr. 1–5 Ausnahmeregelungen für Spezialbereiche. Das Verbot der Fremdwerbung (Werbung für Dritte) wird in den §§ 33, 34 und 35 MBO angesprochen.[182] Interkollegiale Werbeaspekte sind außerdem in § 31 MBO von Bedeutung. Damit sind z.B. Anreizsysteme zur „Überweiser- oder Zuweiserbindung“ gemeint (siehe oben Rn. 172). Weitere wichtige werbebeschränkende Vorschriften finden sich im Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (HWG). Dessen Vorschriften können sich weit einschneidender auf Ärzte auswirken. Wurde früher nämlich die Auffassung vertreten, ein durch ärztliches Berufsrecht gedecktes Verhalten könne per definitionem schon keinen Verstoß gegen das HWG beinhalten,[183] lässt sich dies angesichts der offenen Fassung von § 27 MBO n.F. nur noch schwer begründen.
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Gemäß § 1 Abs. 1 MBO dient der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe (siehe auch § 1 Abs. 2 BÄO). Diese Postulate wurden von der früher h.M. als Rechtfertigung für die Beschränkung ärztlicher Werbung angeführt. Vertreter dieser Auffassung beriefen sich darauf, Werbung schade dem Ansehen des Berufsstandes, Werbung sei immanent irreführend und schließlich sei Werbung der Gesundheit der Bevölkerung abträglich.[184] Nach anderer Auffassung[185] stellen standesrechtliche Werbeverbote ihrer Natur nach eine Marktzutrittsbarriere für neu zugelassene Ärzte dar. Das ärztliche Werbeverbot benachteilige den „Jung-Arzt“, da es ihm auferlege, sich in einer modernen Kommunikationsgesellschaft und allgemeiner Sättigung mit ärztlichen Dienstleistungen gegen bereits fest am Markt etablierte Konkurrenten behaupten zu müssen, ohne auf die Werkzeuge anderer Dienstleister im gewerblichen Bereich zurückgreifen zu können.
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Betrachtet man sich die Rechtsprechung zu § 1 UWG (a.F.), wird dieser Aspekt standesrechtlicher Werbeverbote überdeutlich. Durch die Richtlinie der EU,[186] nach der vergleichende Werbung – auch für Freiberufler – zulässig sein würde, Werbung lediglich nicht irreführend und herabsetzend sein oder Verwechslungen verursachen dürfe, hat sich für Deutschland nichts geändert. Durch Intervention der BRAK wurden die freien Berufe (sofern es in den Mitgliedstaaten entsprechende Regelungen gibt) vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Dieser Vorbehalt ist in Deutschland durch die einzelnen Länder-BO wirksam geworden. § 27 Abs. 1 MBO a.F.[187] untersagte dem Arzt jede Werbung für sich oder andere Ärzte. Der Begriff der Werbung ist vielschichtig. Die unterschiedlichen Bestimmungen der Berufsordnung lassen eine klare Definition vermissen. Vielmehr werden verschiedene Aspekte angesprochen, die jeder für sich Werbung sein können und im Einzelfall dennoch erlaubt sind. Berücksichtigt man ferner, dass Werbung als Wirtschaftswerbung, Reklame, Propaganda, Agitation und Vertrauenswerbung in Erscheinung tritt, wird deutlich, dass es gar nicht einfach ist, zwischen zulässiger Information (Werbung) einerseits und unzulässiger Reklame (Anpreisung) andererseits zu unterscheiden. Diese Unterscheidung wird nicht dadurch einfacher, dass das Bundesverfassungsgericht das generelle Werbeverbot dahingehend relativiert bzw. verfassungskonform ausgelegt hat, dass dem Arzt nur berufswidrige Werbung untersagt werde, nicht hingegen jede Art von werbender Tätigkeit.[188] Neben der arztzentrierten Sicht erfährt die Problematik durch die stärkere Gewichtung des Informationsanspruchs des (potentiellen) Patienten eine gegenüber früher offenere Wertung.[189]
cc) Differenzierung stationär/ambulant?
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Schon die „Sanatoriumsentscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts[190] hatte im Bereich der stationären Versorgung deutlich größere Freiheiten ermöglicht. Danach war eine differenzierende Betrachtungsweise zulässig.[191] Während dem normalen niedergelassenen Arzt jegliche berufswidrige Werbung untersagt ist, untersagte § 27 Abs. 2 S. 2 MBO a.F. dem für eine der dort genannte Einrichtung tätigen Arzt lediglich die anpreisende Herausstellung. Tritt die stationäre Einheit/Klinik in Konkurrenz zu anderen niedergelassenen Ärzten, indem sie typischerweise denselben Patientenkreis wie eine herkömmliche Praxis anspricht, wurde früher die Auffassung vertreten, der in dieser Einheit tätige (leitende) Arzt könne sich nicht auf diesen „Vorteil“ berufen. In diesem Fall sollten nicht die Grundsätze zur Unternehmenswerbung (Klinik- und Sanatoriumswerbung, § 27 Abs. 2 S. 2 MBO a.F.), sondern die strengen Regeln der Eigenwerbung (§ 27 Abs. 1 S. 1 MBO a.F.) gelten.[192] Diese frühere Differenzierung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung hat deutlich an Stellenwert verloren. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4.7.2000[193] lässt sie sich nicht mehr uneingeschränkt aufrecht erhalten. Eine in der Rechtsform der GmbH eingetragene Zahnklinik hatte mit einem farbigen Faltblatt, das in der Klinik (nicht in der Praxis des Zahnarztes) auslag, für Implantat- und prothetische Behandlungen geworben. Dabei war offenkundig, dass die Mehrzahl der Behandlungen ambulant erfolgen sollte. In dem Faltblatt hieß es u.a.: „Ihre Gesundheit ist unser Anliegen; Der Natur ein Stück näher: Implantate-ein guter Weg; Zahn für Zahn mehr Lebensqualität.“ Der Name des Arztes wurde nicht genannt. Das BVerfG konnte nicht erkennen, welche Gemeinwohlbelange durch die genannten Äußerungen tangiert sein könnten. Wenn Kliniken durch zulässige Werbung wirtschaftlich erfolgreich sind, könne dies berufsrechtlich nicht den an der Klinik tätigen Belegärzten[194] angelastet werden. Mit dem Faltblatt würden nur solche Patienten konfrontiert, die sich ohnehin schon in der Klinik befinden. Im Übrigen wurde auch in dieser Entscheidung wieder das zu berücksichtigende Informationsinteresse der Patienten an neuen Verfahren betont.
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Ob das Gleiche auch dann gelten soll, wenn eine GmbH im ambulanten Bereich mit einer stationären Einrichtung konkurriert, hatte das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Nach Auffassung des BGH[195] ist dies nicht der Fall, da die Ungleichbehandlung im Werbebereich durch höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen der stationären Einrichtung gerechtfertigt sei. Im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfte dies nicht mehr ausreichend sein, zumal auch hochspezialisierte ambulante Einheiten einen erheblichen Investitionsaufwand betreiben. Rieger[196] hat im Übrigen völlig recht, dass der Sachverhalt auch Anlass zur Prüfung geboten hätte, ob die Klinik nicht nur zur Umgehung ärztlicher Werbebeschränkungen gegründet wurde („Zimmerklinik“).[197] Die Frage, ob eine Einrichtung, die sich als „Praxisklinik“ bezeichnet, Betten für eine stationäre Unterbringung vorhalten muss, ist strittig.[198]Außerdem СКАЧАТЬ