Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
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§ 34 Abs. 5 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist nicht gestattet, Patientinnen und Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen.“
§ 3 Abs. 2 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind.“
4. Können auf der Grundlage von Integrationsverträgen nach den §§ 140a ff. SGB V Einweisungen in bestimmte, an der Integrationsversorgung teilnehmende Krankenhäuser finanziell honoriert werden?
Auf der Grundlage von Integrationsverträgen, die Krankenkassen z.B. im Bereich der Endoprothetik meist mit entsprechend spezialisierten Krankenhäusern schließen, treten letztere an niedergelassene Ärzte heran und bieten ihnen beispielsweise an, gegen eine Vergütung von 100,00 EUR präoperativ Diagnose- bzw. postoperativ Qualitätskontrollbögen auszufüllen. Auch im Rahmen von Integrationsverträgen kann eine derartige Regelung und deren Durchführung gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt in § 31 MBO verstoßen. Das Ausfüllen von Fragebögen gegen Entgelt stellt ein Leistungsaustauschverhältnis zwischen Krankenhaus und Arzt dar, bei dem der Arzt eine Leistung gegenüber dem Krankenhaus erbringt, die ihm vom Krankenhaus vergütet wird. Nach dem ärztlichen Berufsrecht sind Leistungsaustauschbeziehungen zwischen Ärzten und Dritten in Zusammenhang mit dem Ausüben der Heilkunde grundsätzlich zulässig; § 33 Abs. 1 S. 1 MBO erlaubt, dass Ärzte Dienstleistungen gegenüber Herstellern von Arzneimitteln und sonstigen Produkten im Bereich des Gesundheitswesens erbringen und dafür eine Vergütung erhalten. Voraussetzung ist nach Satz 2 dieser Vorschrift allerdings, dass die Vergütung ein Äquivalent für die erbrachten Leistungen darstellt. Dementsprechend kommt es für die Frage, ob sich die Zahlung mangels Äquivalenz als nach § 31 MBO unzulässiges Zuweisungsentgelt darstellt, zum einen darauf an, ob die Höhe der Pauschalvergütung mit Blick auf den Aufwand des Arztes beim Ausfüllen der Fragebögen angemessen ist, d.h. ob sie mit der Vergütung des Arztes für ähnliche Leistungen vergleichbar ist. Zum anderen darf es sich nicht um eine Dienstleistung handeln, die als solche für das Krankenhaus nicht weiter verwertbar ist und deren wirtschaftlicher Wert für das Krankenhaus sich nur mit der geförderten oder sichergestellten Einweisung begründen lässt. Auch im Rahmen der Integrationsversorgung muss nämlich das Recht des Patienten auf freie Arztwahl respektiert werden. Insoweit hängt die Beurteilung entscheidend von der Gestaltung des Fragebogens, d.h. von den mit ihm abgefragten Informationen und deren Verwertung ab. Im Übrigen muss die vom Arzt erbrachte Leistung über das Erfüllen ihm ohnehin obliegender Dokumentationspflichten hinausgehen, und sie darf nicht gleichzeitig in anderer Form, z.B. durch die gesetzliche Krankenversicherung, vergütet werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist der Anreiz hinzunehmen, der von der Leistungsaustauschbeziehung in Bezug auf die Einweisung von Patienten in dieses Krankenhaus ausgehen mag. Eine Vergütung der Leistungen des Arztes ist berufsrechtlich nicht zu beanstanden. Nicht hinzunehmen wäre es demgegenüber, wenn auf der Grundlage eines Vertrages über integrierte Versorgung beispielsweise prä- oder postoperative Behandlungsleistungen überhöht vergütet würden, um dadurch zulasten von Leistungserbringern, die an derartigen Integrationsverträgen nicht beteiligt sind, eine Zuweisung im Rahmen des Integrationsvertrages sicherzustellen.
5. Begegnet es berufsrechtlichen Bedenken, wenn Industrieunternehmen (z.B. Arzneimittelhersteller) zur Förderung des Absatzes ihrer Produkte Verträge mit „arztnahen“ Dienstleistungsunternehmen schließen?
Die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung entwickelt sich von der klassischen Einzelpraxis hin zu größeren Einheiten wie Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinischen Versorgungszentren, Netzwerken und Verbünden. Parallel dazu entstehen Dienstleistungsgesellschaften, die Netzstrukturen organisieren, Integrationsverträge managen oder andere Dienstleistungen erbringen. Da der Arzt den Absatz von Produkten gemäß § 34 Abs. 1 MBO nicht fördern darf, richtet sich das Interesse von Herstellerfirmen auf arztnahe Dienstleistungsgesellschaften. Ein Arzneimittelhersteller schließt beispielsweise einen Kooperationsvertrag mit einem Dienstleistungsunternehmen, nach dem dieses den Absatz von Produkten des Arzneimittelherstellers gegenüber Ärzten bewirbt und fördert und dafür an dem Zuwachs der Umsätze des Arzneimittelherstellers beteiligt wird. Gleichzeitig führt das Dienstleistungsunternehmen für Ärzte Verhandlungen mit gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen und erbringt Ärzten gegenüber Dienstleistungen jeglicher Art. Die berufsrechtliche Beurteilung einer derartigen Zusammenarbeit hängt davon ab, welches Verhältnis zwischen dem Dienstleistungsunternehmen und den Ärzten besteht. Sofern das Dienstleistungsunternehmen von den Ärzten, denen gegenüber es seine Leistungen erbringt, unabhängig ist, d.h. diese Ärzte weder Gesellschafter des Dienstleistungsunternehmens sind noch in sonstiger Weise auf die Geschäfte des Unternehmens Einfluss nehmen können und an den Ergebnissen des Unternehmens beteiligt sind, ist die Verpflichtung des Unternehmens, den Absatz von Arzneimitteln zu steigern, rechtlich nicht problematisch. Es muss allerdings mit Blick auf § 34 Abs. 1 MBO sichergestellt sein, dass die Dienstleistungsverträge mit den Ärzten keine Regelungen enthalten, die auf eine Förderung des Arzneimittelabsatzes abzielen. Anders ist es zu beurteilen, wenn die Ärzte Mitgesellschafter des Unternehmens sind oder in sonstiger Weise auf die Geschäfte des Unternehmens Einfluss nehmen können und an dessen Ergebnissen beteiligt sind. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen § 34 Abs. 1 MBO vor, der es Ärzten nicht nur verbietet, selbst eine Vergütung für Verordnungen anzunehmen, sondern es genauso verbietet, Zuwendungen gegenüber Dritten zu fordern oder sich versprechen zu lassen. Der Arzt würde dann nämlich mittelbar durch die Zuwendungen an „sein“ Unternehmen profitieren. Gegen § 34 Abs. 1 MBO wird auch verstoßen, wenn zwischen Herstellerunternehmen und arztnahen Dienstleistungsgesellschaften oder einer Mehrzahl von Ärzten Beraterverträge geschlossen werden, nach denen das Herstellerunternehmen in Fragen des Marketings, des Umgangs mit multimorbiden Patienten, der Gesundheitspolitik, der Einsatzprofile bestimmter Arzneimittel o.Ä. „beraten“ werden soll. Der Arzt erhält in derartigen Fällen eine Vergütung für Leistungen, die für das Herstellerunternehmen wertlos sind. Es fehlt daher ein Äquivalent für die mittelbare oder unmittelbare Zuwendung an den Arzt.
§ 31 MBO: „Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“
§ 33 Abs. 1 MBO: „Soweit Ärztinnen und Ärzte Leistungen für die Hersteller von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder Medizinprodukten erbringen (z.B. bei der Entwicklung, Erprobung und Begutachtung), muss die hierfür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen.“
6. Begegnet es berufsrechtlichen Bedenken, wenn Krankenkassen Zahlungen an Vertragsärzte dafür leisten, dass diese Leistungen durch bestimmte Leistungserbringer veranlassen?
Zur Förderung des ambulanten Operierens durch niedergelassene Vertragsärzte haben Kranken- bzw. Ersatzkassen mit einer Kassenärztlichen Vereinigung vereinbart, dass der Vertragsarzt eine Motivationspauschale von der Ersatzkasse erhält, wenn er veranlasst, dass eine ambulante Operation durch einen anderen Vertragsarzt und nicht durch ein Krankenhaus erbracht wird. § 31 MBO verbietet eine Zuweisung gegen Entgelt. In der genannten Fallkonstellation wird die Zuweisung zwar nicht zwischen zwei Ärzten vereinbart. Der Tatbestand des § 31 MBO setzt aber nicht voraus, dass der Zuweisungsempfänger die Zuweisung veranlasst hat und sie unmittelbar vergütet. Vielmehr soll § 31 MBO verhindern, dass sich der überweisende Arzt von einem damit für ihn verbundenen finanziellen Vorteil zu einer gezielten Zuweisung СКАЧАТЬ