Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
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6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der Selbstverwaltung › D. Berufsrecht der Heilberufe › II. Aktuelle Entwicklungen
1. Europäisches Recht
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Auch die Europäische Union formuliert Berufsrecht. Mit der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen erfolgte eine Angleichung bei der gesetzlichen Anerkennung bestimmter Berufsqualifikationen für den (leichteren) Berufszugang und dessen Ausübung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Bislang bestehende sektorale Richtlinien wurden damit ersetzt, was auf Kritik gestoßen ist.[26] Betroffen sind Selbstständige oder abhängig Beschäftigte, einschließlich der Angehörigen der Freien Berufe, die einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikationen erworben haben, ausüben, Art. 2 Abs. 1 Berufsanerkennungs-Richtlinie. Von Bedeutung ist die Richtlinie insbesondere für jene reglementierten Berufsgruppen, die bislang nicht von einer sektoralen Richtlinie erfasst waren.[27]
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Hinweis
Reglementierte Berufe sind gekennzeichnet durch berufliche Tätigkeiten, die bei der Aufnahme oder Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an bestimmte Berufsqualifikationen gebunden sind, wobei zur Berufsausübung auch die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen, zählt.[28]
2. Qualitätssicherung, Verbraucherschutz
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Die Entwicklung des Wettbewerbsrechts, die Diskussionen innerhalb der Europäischen Union (EU) über Gemeinschaftsmaßnahmen im Gesundheitswesen und freiberufliche Dienstleistungen[29] sowie die Formulierungen im 16. Hauptgutachten der Monopolkommission aus dem Jahr 2006 ließen bereits erwarten, dass sich die Tendenz zur (weiteren) Liberalisierung des Berufsrechts verstärken würde. Diese Prognose wurde durch die Mitteilung der EU-Kommission vom 2. Oktober 2013 zur Bewertung der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs [KOM(2013) 676] unterstrichen. Dabei erscheint das Verhalten der Kommission in sich widersprüchlich, will sie doch auf der einen Seite Marktzugangsbarrieren abräumen, auf der anderen Seite jedoch durch eine noch stärkere Orientierung an der Qualität von Dienstleistungen im Gesundheitswesen sowie am Patientenschutz zusätzliche Regulierungsmaßnahmen vornehmen.[30] Für Aufregung hat die Initiative der EU-Kommission im Jahr 2017 hinsichtlich einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen gesorgt.[31] Nach zum Teil heftigen Reaktionen der Verbände billigt Brüssel den Heilberufen einen Sonderstatus zu. Die Kommission hat offenbar erkannt, dass diese ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherstellen und unterstreicht daher die Notwendigkeit, die Qualität heilberuflicher Leistungen in beruflicher Unabhängigkeit zu sichern.
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Die Diskussion über die Einbeziehung der Gesundheitsberufe in die Binnenmarktstrategie der EU hat gezeigt, dass die Frage, wer Normgeber von Regelungen zur Berufsausübung sein soll, Selbstverwaltungskörperschaften oder Staat, keinesfalls einfach zu beantworten ist. Kluth hat Möglichkeiten und Grenzen des Verbraucherschutzes durch Berufsrecht aufgezeigt und hervorgehoben, dass die Einbeziehung des Schutzes von Auftraggebern, Kunden, Mandanten, Klienten und Patienten bei den Freien Berufen eine lange Tradition hat. Diese Orientierung behält das Berufsrecht der Heilberufe bei.[32] Der offenkundige Wandel des Verständnisses von Verbraucherschutz, bei dem die bisherige „treuhänderische Konzeption durch eine privatautonome Konzeption“ (Kluth) ersetzt wird, hat das Werberecht der Freien Berufe bereits nachhaltig verändert. Die Antwort auf das gewandelte Verständnis im Bereich des Patientenschutzes heißt Qualitätssicherung, heißt auch Ausgleich von wirtschaftlichen und informatorischen Ungleichgewichten. Auf diesen Feldern ergänzt das Berufsrecht europäisches und staatliches Wettbewerbsrecht.
6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der Selbstverwaltung › D. Berufsrecht der Heilberufe › III. Berufsrecht der Ärzte
1. Berufszugang
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Um zum Arztberuf zugelassen zu werden, muss nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Bundesärzteordnung (BÄO)[33] ein mindestens 6-jähriges Studium der Medizin absolviert werden, das entsprechende praktische Ausbildungsinhalte aufweist. Näheres ist in der Approbationsordnung (ÄAppO)[34] geregelt.
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Die Approbation als Arzt ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2–5 BÄO auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt, nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist, nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat, sowie über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
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Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen – BQFG“[35] wurde das bis dahin geltende Staatsangehörigkeitsprinzip aufgegeben; eine (gewollte ?) deutliche Zunahme an Bewerbern aus sog. Drittstaaten ist die Folge.
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Die bereits in einer voran gegangenen Auflage[36] erhobene Frage, wie denn mögliche Ausbildungsdefizite ausländischer Bewerber durch berufspraktische Kenntnisse ausgeglichen werden können, unabhängig davon, in welchem Staat der Antragsteller tätig war, bleibt nach wie vor offen.
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