Название: BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil
Автор: Harm Peter Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunkte Pflichtfach
isbn: 9783811453562
isbn:
5. Fremdwährungsschuld (§ 244)
209
Manchmal ist nicht die Verschaffung von Vermögensmacht in Euro geschuldet, sondern in einer anderen Währung. Solche Geldschulden heißen Fremdwährungsschulden; sie können vertraglich grundsätzlich vereinbart werden. Denkbar ist, dass die Geldschuld zwar in fremder Währung bezeichnet, aber gleichwohl in Euro tilgbar ist. Solche Geldschulden nennt man „unechte Fremdwährungsschulden“.[53] Der von § 244 Abs. 1 ins Auge gefasste Regelfall ist die unechte Fremdwährungsschuld. § 244 Abs. 1 stellt insoweit eine gesetzliche Ersetzungsbefugnis dar. Möglich ist aber auch, dass die Schuld unbedingt und ausschließlich in der fremden Währung gezahlt werden soll (beispielsweise in britischen Pfund). Solche Schulden nennt man „echte Fremdwährungsschulden“ oder auch „effektive Fremdwährungsschulden“.[54] Welche Art der Fremdwährungsschuld vorliegt, ist durch Auslegung (des Vertrages bzw des Gesetzes bei gesetzlichen Ansprüchen) zu ermitteln.
210
§ 244 Abs. 1 bezweckt zum einen, dass der Schuldner mangels abweichender Vereinbarung auch in seiner Heimatwährung erfüllen kann; er dient also dem Schuldnerschutz. Zum anderen liegt in § 244 Abs. 1 auch eine ordnungspolitisch motivierte Bevorzugung des Euros als Zahlungsmittel.[55]
211
Praktisch wichtig ist vor allem § 244 Abs. 2, der für unechte Fremdwährungsschulden die Umrechnung betrifft und damit letztlich das Risiko von Kursschwankungen zwischen Vertragsschluss und Zahlungszeitpunkt zwischen den Parteien verteilt. Wenn nichts anderes vereinbart ist, gilt der Kurs zum Zeitpunkt der Zahlung.[56]
6. Geldsortenschuld (§ 245)
212
§ 245 spielt in der Praxis kaum eine Rolle. Die Norm regelt die sog unechte Geldsortenschuld. Sie setzt die Vereinbarung einer bestimmten Münzsorte voraus, die im Zahlungszeitpunkt nicht mehr im Umlauf ist. Zweck der Norm ist der Ausschluss des § 275: Der Schuldner bleibt zur Leistung verpflichtet, kann aber mit Bargeld oder Buchgeld erfüllen. § 245 ist dispositiv; die Parteien können auch vereinbaren, dass ausschließlich eine bestimmte Münzsorte geschuldet ist. Dann liegt eine echte Geldsortenschuld vor, bei der Erfüllung in anderer Form ausgeschlossen ist. Wenn die geschuldete Geldsorte untergegangen ist, greift § 275 Abs. 1 ein.
a) Begründung durch Rechtsgeschäft oder Gesetz
213
In der Praxis spielen Ansprüche auf Zinszahlung eine große Rolle: Auf Zinsen beruht das Geschäftsmodell fast aller Banken. Ansprüche auf Zinszahlung können rechtsgeschäftlich begründet sein, so insbesondere beim Darlehensvertrag (vgl § 488 Abs. 1 S. 2). Sie können aber auch gesetzlich begründet sein, wie beispielsweise durch § 288 beim Schuldnerverzug. Im Zinsrecht des Allgemeinen Schuldrechts (§§ 246-248) sind nur wenige Einzelheiten geregelt: der gesetzliche Zinssatz, der Basiszins und das Zinseszinsverbot.
b) Zinsbegriff
214
Was Zinsen im Rechtssinn sind, definiert das Gesetz in den §§ 246-248 nicht. Im Wesentlichen gilt ein funktionales Verständnis: Zinsen sind die gewinn- und umsatzunabhängige, laufzeitabhängige, in Geld oder anderen vertretbaren Sachen zu entrichtende Vergütung für eine Kapitalgebrauchsmöglichkeit.[57] Oft werden Zinsen monatlich oder wöchentlich gezahlt, aber das ist keineswegs zwingend. Ebenso wenig müssen Zinsen ausdrücklich als Prozentsatz des Kapitals bemessen werden – auch wenn sich das mathematisch wohl immer so darstellen lässt. Nicht wichtig ist auch, ob der Schuldner das Kapital auch tatsächlich benutzt hat. Das ist vielmehr seine Sache. Zinsen liegen jedenfalls schon dann vor, wenn er überhaupt nur die Möglichkeit erhalten hat, das Kapital zu nutzen.[58] Wenn aber nicht die Kapitalnutzungsmöglichkeit vergütet wird, sondern etwas anderes – etwa Aufwand für die Beschaffung des Kredits –, liegen keine Zinsen vor.[59]
c) Akzessorietät
215
Zinsen sind mit Blick auf ihre Entstehung akzessorisch. Das bedeutet, dass sie nur entstehen können, wenn es auch tatsächlich eine Kapitalschuld gibt – auf die sich die Zinsen beziehen.[60] Wenn dieser Anspruch gar nicht entstanden ist – etwa, weil ein Darlehensvertrag von Anfang an nichtig ist – kann auch kein Anspruch auf Zinszahlung entstehen. Auch endet die Verzinsungspflicht grundsätzlich, wenn der Hauptanspruch erlischt (Ausnahme: § 803). Ist der Zinsanspruch aber erst einmal entstanden, kann er selbständig abgetreten und eingeklagt werden.
d) Zinssatz – Grundregel, Sonderregeln und Basiszinssatz
216
Welcher Zinssatz verlangt werden kann, hängt vom jeweiligen Anspruch ab. § 246 beinhaltet eine Grundregel zur Höhe des Zinssatzes: Er beträgt danach grundsätzlich vier Prozent. In der Praxis wird § 246 allerdings durch zahlreiche speziellere Normen für spezifische Ansprüche auf Zinszahlung verdrängt. Dazu gehören insbesondere §§ 286, 288, 291 BGB und § 352 HGB. Vor allem die praktisch wichtigen Verzugszinsen und Prozesszinsen orientieren sich also am Basiszinssatz: Der Schuldner im Verzug hat gem. § 288 Abs. 1 S. 2 grundsätzlich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 247) zu zahlen. Wenn kein Verbraucher beteiligt ist, gelten gem. § 288 Abs. 2 sogar 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Das Gesetz spricht treffend nicht von „Prozent“, sondern „Prozentpunkten“: Es geht also nicht um eine relative Bemessung, vielmehr wird zum Basiszinssatz schlicht die angegebene absolute Zahl addiert. Durch die Verweisung in § 291 S. 2 gelten diese Zinssätze auch für die Prozesszinsen.
217