Название: Öffentliches Wirtschaftsrecht
Автор: Stefan Storr
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunktbereich
isbn: 9783811495876
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Der Gesetzgeber hat in § 40 Abs. 1a LFGB eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung einzelner Verstöße (unterhalb der Schwelle von Gesundheitsgefahren) geschaffen. Diese dürfte sich gegenüber dem VIG als spezieller darstellen[429]. Gegen die Vorschrift, die auf der VO 178/2002 basiert, wurden europa- und verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht hat der EuGH allerdings bestätigt[430]. Die verfassungsrechtlichen Bedenken richten sich insbesondere gegen die in § 40 Abs. 1a LFGB vorgesehene zwingende Veröffentlichungspflicht wie auch gegen die Bestimmtheit der Vorschrift im Hinblick auf die fehlenden transparenten Parameter für die Höhe des zu verhängenden Bußgeldes[431]. Im Ergebnis überwiegt das Veröffentlichungsinteresse. Beim Rechtsschutz ist zu beachten, dass die Behörde nach § 5 Abs. 2 S. 1 VIG über einen Antrag durch VA entscheiden muss. In Fall 10b (Rn 101) bestehen hinsichtlich der Auskunftsberechtigung des V keine Zweifel; allerdings wird mit dem Rechtsmissbrauch ein zentraler Versagungsgrund ins Spiel gebracht. Die Gerichte prüften die Regelung am nationalen Verfassungsrecht, obwohl dieses durch die KontrollVO verdrängt wird. Diese normiert eine Verschwiegenheitspflicht für die Verbreitung von Informationen, die den Schutz geschäftlicher Interessen eines Unternehmers unterläuft, sofern an der Verbreitung kein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, Art. 8 Abs. 3 lit. b) der KontrollVO[432]. Rechtsmissbräuchlich nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG sind lediglich überflüssige (vgl § 4 Abs. 4 S. 2 VIG) oder querulatorische Begehren, so dass selbst die Nutzung der Informationen für eine private Kampagne gegen das Unternehmen sich nicht als rechtsmissbräuchlich darstellt[433].
ee) Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Prozess
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Im gerichtlichen Verfahren geht die Regelung des § 99 VwGO typischerweise von einem Vorrang des Geheimnisschutzes aus. Ohne Berücksichtigung der entsprechenden Unternehmensdaten[434] wiederum wäre das Gericht zu einer Überprüfung der behördlichen Entscheidung nicht in der Lage, was dem Gebot effektiven Rechtsschutzes widerspricht. Auch hier haben die unionsrechtlichen Vorgaben allerdings in weitem Umfang das deutsche Verfassungsrecht verdrängt; teilweise hat der Gesetzgeber reagiert (s. zum Energie- und TK-Recht unten Rn 530)[435].
3. Die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG)
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Die Eigentumsgarantie ist neben der Berufsfreiheit die zweite wesentliche Grundentscheidung der Wirtschaftsverfassung. Eigentum umfasst alles, was einfachrechtlich zu einem bestimmten Zeitpunkt als Eigentum definiert wird[436] und hierbei nicht nur das privatrechtliche Eigentum, sondern auch öffentlichrechtliche Rechtspositionen, wenn sie „auf nicht unerheblichen Eigenleistungen … beruhen und seiner Existenzsicherung dienen“[437]. Die Schutzbereiche von Art. 12 und 14 GG berühren sich. Nach der gängigen Abgrenzung schützt die Berufsfreiheit die berufliche Tätigkeit, also den Erwerb, Art. 14 GG demgegenüber das Erworbene. Überschneidungen ergeben sich vor allem wegen des ungeklärten Verhältnisses von Art. 12 GG und dem nach der Rechtsprechung von BGH und BVerwG von Art. 14 GG mitumfassten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb[438]. Das BVerfG betont, zuletzt im Urteil zum Atomausstieg, dass ein solcher Schutz jedenfalls nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern erfasse, die verfassungsrechtliche Gewährleistung also nicht mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb iSv § 823 Abs. 1 übereinstimmt[439].
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Die Bedeutung des Art. 14 GG als Abwehrrecht ist im wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Kontext freilich gering. Vielmehr werden gerade im Kontext des öffentlichen Wirtschaftsrechts die Grenzen des Eigentumsschutzes relevant. So schützt Art. 14 GG nicht die in der Zukunft liegenden (Umsatz- und Gewinn-)Chancen[440], erst recht nicht, wenn sie sich nur als mittelbare Folge einer bestehenden gesetzlichen Regelung ergeben[441]. Art. 14 GG gewährt auch keinen Konkurrenzschutz, also auch nicht im Verhältnis zum Staat. Auch bei der Netzregulierung wird vor allem die Gemeinwohlbindung des Eigentums relevant[442].
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Staatliche Genehmigungen fallen nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG. Sie sind nicht mit den sonstigen öffentlichrechtlichen Rechtspositionen vergleichbar, die von Art. 14 GG geschützt werden, da sie gerade nicht auf eigener Leistung beruhen[443]. Selbst wenn man die aus der Genehmigung resultierenden Nutzungsmöglichkeiten dem Eigentumsrecht zurechnet, bietet Art. 14 GG hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls keinen weitergehenden Schutz als die Berufsfreiheit[444]. Lediglich bei der Zuteilung von Frequenznutzungsrechten (s. dazu Rn 556 ff) sind die Versteigerungserlöse nicht nur „Preis für Freiheitsausübung“, sondern dienen der Ermittlung des leistungsfähigsten Bieters. Insoweit kann man sie als dessen Gegenleistung für die Einräumung eines (befristeten) Nutzungsrechts ansehen und – ähnlich wie die Rechtsposition eines Mieters oder Pächters – dem Eigentumsschutz der Verfassung unterwerfen[445]. Da Art. 14 GG nur solche öffentlichrechtlichen Positionen schützt, die auf eigener Leistung beruhen, fallen Wirtschaftssubventionen, die regelmäßig eine solche gerade ersetzen, nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG[446]. Umstritten ist allerdings, inwieweit sich aus den Grundrechten ein Schutz vor der Subventionierung von Konkurrenten ableiten lässt (s. näher Rn 820 f).
a) Der Anwendungsbereich im öffentlichen Wirtschaftsrecht
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Neben den Grundrechten aus Art. 12 und 14 GG spielt das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nur ausnahmsweise eine Rolle; die allgemeine Handlungsfreiheit kommt zur Anwendung, wenn es an der berufsregelnden Tendenz einer Regelung fehlt, wie es die Rechtsprechung beispielsweise hinsichtlich der Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer annimmt (Rn 141). Da die Schranke der „verfassungsmäßigen Ordnung“ weite Einschränkungsmöglichkeiten eröffnet, ist das von Art. 2 Abs. 1 GG gewährte Schutzniveau regelmäßig erheblich geringer. Außerdem ist Art. 2 Abs. 1 GG Grundlage für die Transformierung objektivrechtlicher Bestimmungen wie des Rechtsstaats- und des Sozialstaatsprinzips in subjektivrechtliche Ansprüche des Bürgers, wie sie sich jedenfalls in Konsequenz der Elfes-Rechtsprechung ergibt[447]. Hierzu gehören beispielsweise das Bestimmtheitsgebot und vor allem der Grundsatz des Vertrauensschutzes. Diese Prinzipien werden im Gewerbe- und vor allem dem allgemeinen Verwaltungsrecht näher konkretisiert[448]. Aber vor allem bei gesetzlichen Regelungen stellt sich die Frage nach Übergangsfristen. Ebenso kommt Art. 2 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit den Rechtspositionen Nichtgewerbetreibender in Betracht. So liegt in den Ladenschlussvorschriften nicht nur ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Gewerbetreibenden, sondern auch eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Kunden[449].
b) Die Pflichtmitgliedschaft in berufsständischen Organisationen
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Art. 2 Abs. 1 GG wird nach der Rechtsprechung insbesondere im Zusammenhang mit der Pflichtmitgliedschaft relevant, wie sie die berufsständischen Kammern vorsehen. Das geltende Recht kennt neben den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern (s. näher unten Rn 205 ff) vor allem Kammern für die freien Berufe[450]. Kennzeichen aller Regelungen ist die Pflichtmitgliedschaft der im Kammergebiet ansässigen Freiberufler oder Gewerbetreibenden. Das BVerfG hat deren Verfassungsmäßigkeit am Beispiel der IHK bejaht[451]. Die Pflichtmitgliedschaft beschränkt СКАЧАТЬ