Название: Öffentliches Wirtschaftsrecht
Автор: Stefan Storr
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunktbereich
isbn: 9783811495876
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c) Rechtfertigung: Die Drei-Stufen-Lehre als Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips
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Der Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG wird entgegen seinem Wortlaut auf die gesamte Berufsfreiheit erstreckt[361]. In materieller Hinsicht bestimmt das Bundesverfassungsgericht die Grenzen staatlicher Eingriffe in Art. 12 GG anhand seiner Drei-Stufen-Lehre, ohne dass es die genaue Abgrenzung dieser Stufen abschließend geklärt oder auch nur in allen Fällen überhaupt herangezogen hätte. Die Stufenlehre lässt sich am besten als konkretisierende Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips begreifen. Deren Raster wird vom BVerfG keinesfalls sklavisch befolgt[362], gibt aber für die Fallbearbeitung ein gutes Raster ab.
aa) Objektive Berufswahlbeschränkungen
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Diese sind „nur zulässig, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten sind“[363]. Da dies nur selten der Fall ist, sind objektive Berufswahlbeschränkungen meist unzulässig. Dies gilt insbes für Bedürfnisprüfungen[364] und beschränkt auch staatliche Monopole auf Ausnahmefälle.
Staatliche Monopole, wie sie etwa das Glücksspielrecht[365] vorsieht, sind zum Schutz vor Ausbeutung der Spielleidenschaft grundsätzlich zulässig[366]; die konkrete Ausgestaltung wurde jedoch zum Musterbeispiel für die von den Gesetzgebern kaum zu bewältigenden Anforderungen an Kohärenz und Folgerichtigkeit der Regelung (s. zum Unionsrecht Rn 69; zum Verfassungsrecht Rn 146 ff; zur Gesetzgebungskompetenz Rn 169). Für die klassischen Monopole im Bereich der Daseinsvorsorge[367], insbes für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, hat der Verfassungsgeber staatliche Monopole in Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG ausgeschlossen[368] und als milderes Mittel die „Gewährleistungsverantwortung“ für ausreichend erachtet (zum Regulierungsrecht Rn 23, 504). Während die Bedürfnisprüfungen bei Gaststätten (s. Rn 410) und Apotheken verfassungswidrig waren, ließ das Bundesverfassungsgericht sie vor allem bei den staatlich gebundenen Berufen[369] als Ausnahmen zu. Auch ein staatliches Monopol stellt eine objektive Berufswahlbeschränkung dar, die strengen Anforderungen genügen muss.
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Verfassungsrechtlich unproblematisch ist die Zulässigkeit eines generellen Verbotes bei Tätigkeiten, die gegen die Menschenwürde verstoßen. Gegen diese kann dann auch auf der Grundlage der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklausel eingeschritten werden; allerdings sind die Einzelmaßnahmen an den Vorgaben des Art. 12 GG zu messen[370]. Da die Menschenwürde keiner Abwägung zugänglich ist, könnte hier auch der Gesetzgeber nur ein uneingeschränktes Verbot erlassen.
bb) Subjektive Berufswahlbeschränkungen
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Beschränkungen die an die Person anknüpfen (zB Befähigungsnachweise, aber auch ganz allgemein das Erfordernis einer Genehmigung zur Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit), sind zum Schutz überragender Gemeinschaftsgüter grundsätzlich zulässig[371]. Die Genehmigungserfordernisse sind allerdings als „Kontrollerlaubnisse“ (präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt) auszugestalten: wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, hat der Antragsteller einen Anspruch auf Genehmigung[372]. Auch hierbei überlässt es das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber, die Gemeinschaftsgüter nach seinen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen zu konkretisieren. Von besonderer Relevanz wird diese zweite Stufe bei der gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung (s. Rn 250 ff, 280 ff) und im Zusammenhang mit Sachkundenachweisen, also Kenntnissen und Fähigkeiten, die der Gesetzgeber als Voraussetzung für die Zulassung zu einem Beruf verlangt (zur Abgrenzung beider Varianten s. Rn 263). Bei ärztlichen und pharmazeutischen Berufen sind Sachkundenachweise zum Schutz der Volksgesundheit grundsätzlich gerechtfertigt[373]. Entsprechendes gilt bei den Geschäftsleitern von Banken (s. Rn 542) und die Sachkundenachweise für das Bewachungsgewerbe nach § 34a Abs. 1 S. 5 GewO[374]. Problematisch sind undifferenzierte Sachkundenachweise im Einzelhandel[375].
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In Fall 11 (Rn 102) stellt sich daher die Frage, ob die Einführung eines Sachkundenachweises im Gaststättenrecht zulässig wäre[376]. Der Gesundheitsschutz könnte ein legitimes Ziel darstellen. Da allerdings die bisherige Regelung nicht zu Gefahren für die Volksgesundheit geführt hat, bestehen Zweifel an der Erforderlichkeit[377]. Soweit man den Sachkundenachweis auf grundlegende betriebswirtschaftliche oder auch steuerrechtliche Kenntnisse ausweitet, diente er allenfalls dem Schutz der Gastwirte vor sich selbst. Deswegen wäre ein solcher Sachkundenachweis wohl verfassungswidrig. Der bisher in § 4 Abs. 1 Nr 4 GastG vorgesehene Unterrichtungsnachweis hat sich als ausreichend erwiesen, ist aber – als reine Teilnahmebestätigung („Sitzschein“) – seinerseits als keineswegs übermäßig belastende Maßnahme mit Art. 12 GG vereinbar[378].
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Eine Sonderstellung nimmt insoweit das Handwerksrecht ein. Das Bundesverfassungsgericht hielt über Jahrzehnte trotz der Gegenstimmen in der Literatur an der Verfassungsmäßigkeit des großen Befähigungsnachweises fest[379]. Es ging davon aus, dass der Meisterzwang als subjektive Zulassungsschranke im Interesse der Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit СКАЧАТЬ