Название: Die wilden Zeiten der Théra P.
Автор: Hans-Peter Vogt
Издательство: Автор
Жанр: Современная зарубежная литература
isbn: 9783942652513
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Nach einer Gedankenpause fügte sie hinzu: „Ich meine, er ist wirklich der Präsident aller Peruaner. Auch der Leute, die jetzt verhaftet worden sind. Wir werden sie verschonen. Wir werden ihnen die Macht und die Geldmittel entziehen. Als Freunde werden wir sie jedoch nicht gewinnen. Niemals. Da müsste schon ein Wunder geschehen.“ Sie seufzte.
Théra nickte. Was die Tante sagte, klang für Théra sehr vernünftig. Sie atmete tief durch. „Wir werden noch oft miteinander sprechen, wenn du mir das erlaubst. Vielleicht als Tante und Nichte, vielleicht auch, weil du die First Lady bist, und ich ein kleines besorgtes Mädchen bin.“
Die Tante lachte Théra offen an. „Egal wie du das nennst. Du bist hier immer willkommen. Vergiss nicht, ich bin deine Freundin, aber man weiß nie so genau, wo der Wind einmal herweht.“
Dann kam das zweite wichtige Statement der Tante: „Jetzt will ich dir noch was privates sagen. Du bist ein taffes Mädchen. Aber du bist jetzt in einem Alter, wo du mit deinen Gleichaltrigen bald Probleme haben wirst. Nicht nur, weil du durch die Hormone verwirrt wirst, sondern auch, weil du etwas Besonderes bist. Ich spüre das. Du weist, dass ich meine Tochter liebe, aber es wäre schön gewesen, auch noch so eine Tochter zu haben, wie du das bist. Du sollst wissen, das du immer zu mir kommen kannst. Auch mit deinen privaten Sorgen.“
Théra nickte, aber sie vertraute sich der Tante in der Sache Pubertät nicht an.
Auch ihre übersinnliche Kraft konnte ihr da nicht helfen. Sie war ja gerade eine der Ursachen, dass sich Théra mit Gleichaltrigen nicht mehr auf der gleichen Wellenlänge unterhalten konnte, die sonst beste Freundinnen untereinander auszeichnet.
6.
Niemand, der nicht zu Théras engster Familie gehörte, hatte bemerkt, dass Théras Berliner Geschwister Eva und Nils überhaupt in Peru gewesen waren. Nicht einmal Onkel Bübchen und Moses wussten davon, obwohl die sonst in alles eingeweiht wurden, was die Familie betraf.
Théra, Clara und die Kinder von Para waren nach der Operation in ihre kleine Stadt Théluan zurückgekehrt. Eva und Nils sprangen nach der Geheimoperation direkt nach Berlin zurück, denn auch sie hatten diese Kraft, den Raum zu überwinden, wie alle Kinder von Dennis und Para.
Die Kinder von Dennis hatten in diesem Sommer erstmals gemeinsam und wie eine eigenständige Geheimorganisation gehandelt. Sie hatten erlebt, was das Bündeln ihrer Kräfte bewegen kann. Sie würden das nächste Mal noch organisierter und noch sicherer vorgehen. Egal, welche Aufgabe sich dann stellte.
Sie hatten sich in Gefahr begeben und sie waren als Sieger aus der Situation hervorgegangen. Diese Erfahrung stärkte das Selbstbewusstsein.
Das Wissen um die Aufdeckung der Verschwörung blieb allerdings ein Geheimnis von Théras Familie und verließ diesen Kreis nie. Auch der Ministerpräsident verriet nie, wie er an diese wichtigen Informationen herangekommen war. Die ganze Geheimniskrämerei war sogar ein richtiger Schritt. Er schützte Théras Familie vor möglichen Racheakten.
Immerhin war Dennis so vorsichtig, dass er eine Gruppe von zwanzig absolut zuverlässigen Indios damit beauftragte, ihre Augen und Ohren offenzuhalten, und seine Familie rund um die Uhr zu bewachen, bewaffnet mit Walkie Talkies.
Théra dachte nach diesem Vorfall lange über Macht nach. In ihrer Familie gingen sie pfleglich mit ihrer Kraft um. Papa hatte stets von ihnen gefordert, ihre Macht nie zu missbrauchen. Langsam erkannte Théra, dass Macht eine dunkle Seite und eine Sonnenseite hatte.
So beschlossen Théra, Papa und Para die Ultrakonservativen weiter zu überwachen und sie würde auch ihren mächtigen Onkel von Zeit zu Zeit überprüfen. So viel Macht in einer Hand konnte nur gut gehen, wenn diese Macht nie missbraucht werden würde. Erstmals erhielt Théra eine vage Ahnung von Politik. Das ist ein Théma, das Jugendliche ihres Alters sonst überhaupt nicht interessiert. Bewusstes politisches Handeln war für Théra zu diesem Zeitpunkt noch viel zu abstrakt und viel zu weit entfernt. Théra hatte einfach aus dem Bauch heraus gehandelt, und sie hatte die richtige Eingebung gehabt.
7.
Der ganze Monat Dezember war für Théra nicht schön gewesen und auch ihr 14. Geburtstag war für Théra kein schönes Erlebnis. Die Pubertät und die Reaktion des Onkels auf den drohenden Putsch hatten Théra zugesetzt.
Dabei war in diesem Jahr so viel geschehen. Man könnte jetzt mit viel Hoffnung und Elan in die Zukunft blicken. Théra hätte jetzt viele weitere Aufgaben übernehmen können. Vieles war durch diese Solidarbewegung nach den Beben in Bewegung geraten, was vorher gestockt hatte. Viele Projekte mußten jetzt sinnvoll begleitet und weitergeführt werden, aber Théra wollte in diesen Wochen einfach nicht mehr.
Eigentlich konnte man sie verstehen. Es gibt immer einmal einen Punkt, wo man keine Kraft mehr hat und wo man nicht mehr will. Rückzug ist völlig legitim.
8.
Bereits vor Weihnachten waren die Wiederaufbauarbeiten in Théras kleiner Stadt weitgehend abgeschlossen worden, auch die Straße nach Cusco war längst wieder befahrbar.
Oben auf dem Berg hatte man die Schuttberge der eingestürzten Hochhäuser weggeräumt. Dort entstanden jetzt erdbebensichere Wohnanlagen nach dem Vorbild der Indiosiedlung. Die Einkaufszentren waren zum Teil abgerissen worden, und sie waren schon bald wieder geöffnet worden, um die Versorgung der Stadt sicherzustellen. Auch die zerstörten Schulgebäude waren wiederaufgebaut worden.
Théras jüngere Schwester Clara kannte diese Einflüsse der Pubertät noch nicht. Sie hatte viel zu tun. Clara half bereits im November und Dezember bei der Neuorganisation der Schule, und sie widmete sich auch der Pferdezucht ihres Bruders Para. Auch die Pferde verlangten nach ständiger Pflege und Aufmerksamkeit.
Théras kleiner Bruder Pesa war im Spätherbst mit seinen Bau-Kids aus Cusco zurückgekommen. Die Gruppe hatte sich langsam wieder in den Schulalltag eingeklinkt. Die Erfahrungen des Sommers mussten verarbeitet werden. Schließlich brachten sie noch 800 Kinder aus Cusco mit. Sie hatten ihre Eltern verloren und die Schule der Indios platzte jetzt aus allen Nähten. Dennoch waren erstaunlicherweise alle voller Leben und voller Enthusiasmus.
Nur Théra zog sich wieder zurück in ihre Art von Schneckenhaus. Théra sah alles, aber sie engagierte sich nicht mehr. Sie hatte Augen für Jungs, aber sie sah bald, dass es niemanden gab, zu dem sie eine intime Beziehung hätte aufbauen wollen. Nicht hier in Théluan. Selbst bei den Mädchen gab es niemanden, mit der Théra über ihre Probleme hätte reden wollen.
So entschloss sich Théra kurz nach Neujahr, ihre Schwester Clara einzuweihen. Vielleicht nicht in alles, aber doch in einiges.
Clara hatte schon längst darauf gewartet. Sie hatte ihre große Schwester beobachtet. СКАЧАТЬ