Название: Die wilden Zeiten der Théra P.
Автор: Hans-Peter Vogt
Издательство: Автор
Жанр: Современная зарубежная литература
isbn: 9783942652513
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Clara war zwei Jahre jünger als Théra. Sie verstand vieles von Théras neuen Nöten nicht aus eigenem Erleben, aber sie konnte gut zuhören, und sie beobachtete Théra jetzt viel genauer als vorher.
„Wenn du nicht mit Papa, Mama oder Para darüber reden möchtest“, sagte Clara, “dann solltest du vielleicht mal den Rat von Aussenstehenden einholen. Ende Januar werde ich mit Para nach Dubai fliegen. Komm doch einfach mit. Überlass Para und mir die Sache mit den Pferden und dem Reitunterricht für die Jungen des Emirs, und kümmere dich einmal ausschließlich um die Mädchen des Harems und deine Seele.“
Sie fuhr fort: „Die Frauen dort sind doch in diesen Dingen der Liebe erfahren. Sie können dir vielleicht mehr darüber sagen, was dich gerade bedrückt. Vielleicht können sie dir sogar helfen.“
Théra dachte lange darüber nach, dann nickte sie langsam und vorsichtig. Diese Frauen hatten nicht Théras Kräfte, aber sie hatten in ihrem Land eine besondere Rolle. Vielleicht würde ihr diese Gemeinschaft aus Frauen helfen können.
9.
Auch Dennis hatte Théra den ganzen Dezember über beobachtet. Er hatte sie ein paar mal in den Arm genommen, aber Théra hatte sich angefühlt, wie ein Stück totes Holz. Er sah das wirre Feuer in ihren Augen. Helfen konnte er nicht. Dieses Problem musste Théra selbst lösen. Es war ihr Leben.
Er hatte sich mit Théras Mutter besprochen und Alanque hatte sorgenvoll geseufzt. Théra war verschlossen wie eine Festung.
Als Théra in der zweiten Januarwoche den Wunsch äußerte, mit nach Dubai zu fliegen, da nickte Dennis. Er besprach sich mit Para und Clara und bat sie darum, ihre schützenden Hände über Théra zu halten. Théra brauchte jetzt ein stabiles soziales Netz.
Er ahnte, dass ein Ausbruch bevorstand und er sprang für zwei Tage nach Berlin, um Laura und die Freunde zu warnen. In so einer Phase konnte alles Mögliche geschehen. Es war eine wirklich gefährliche Situation. Es durfte nie passieren, dass Théra aus irgendeiner Laune oder Enttäuschung ihre Kräfte missbrauchte. Dann wäre der Teufel los. Gerade Théra mit ihrer außerordentlichen Macht brauchte jetzt eine Schar von Freunden, die ihr den nötigen Raum gaben, um diese schwierige Erfahrung zu bewältigen, und die sie stets beobachteten würden und sofort zur Stelle waren, um sie aufzufangen.
Dennis betete zu seinem verstorben Bruder Patrick, er möge Théra in dieser schwierigen Phase beistehen.
Gott sei Dank war diese Putschgeschichte glimpflich an ihnen vorübergegangen. Dennis hatte über Neujahr mehrere Geheimtreffen mit Sofias Mutter und dem Ministerpräsidenten gehabt, und er fand Théras Erkenntnisse voll bestätigt. Von diesem Ministerpräsidenten drohte ihnen derzeit keine Gefahr, und von den Generälen offenbar auch nicht. Dennoch hatten sie Glück gehabt, und Dennis erhielt ständige Berichte seiner eigenen Schutztruppe. Diese geheime Überwachung durfte nie einschlafen, denn Dennis wusste aus Erfahrung, dass Rache meist “kalt gegessen” wird, dann nämlich, wenn man wieder in den Alltag eingeklinkt ist, und die natürliche Vorsicht versiegt.
Man konnte sich jetzt mit aller Vorsicht wieder seinen wichtigen Aufgaben widmen. Auch der geregelte Fortgang der Ausgrabungen in Théluan gehörte dazu. Diese archäologische Fundstätte spülte immens viel Geld in die Staatskassen. Gerade in Zeiten der Krise war das überlebenswichtig, weil dieser ständige Zufluss von Reichtum wirtschaftliche und politische Stabilität sicherte. Durch die Funde waren viele Infrastrukturmaßnahmen und Projekte überhaupt erst finanzierbar geworden. Schließlich strahlte die Ausgrabung der alten Königsstadt als kulturelles Symbol eine ungeheure Kraft aus, weit über die Grenzen Perus.
So hatte die mit der Ausgrabung verwobene Situation einerseits die Putschgefahr durch die Ultrakonservativen heraufbeschworen, andererseits hatte sie die Familie von Théra beschützt. Es gibt Menschen, die sagen: in jeder Krise steckt auch die Chance für einen Neuanfang.
Der Ministerpräsident wusste jedenfalls genau, was er an Dennis und Alanque hatte. Die beiden sicherten dem Land einen steten Strom an Reichtum, der sich für alle bezahlt machte. Zwar hatte sich die Stiftung vertraglich zusichern lassen, 1/3 der Funde für sich zu beanspruchen, aber diese Stiftung investierte einen Großteil des Geldes direkt oder indirekt in soziale Projekte und in Infrastrukturmaßnahmen. So bekam der Staat tatsächlich einen Großteil des Stiftungsanteils wieder zurück, obwohl der Stiftung Steuerfreiheit zugesichert worden war.
Dann war da noch diese ungeheure Werbewirkung. Ohne Dennis und seine Stiftung hätte es diesen Einfluss auf die internationale Meinung nie gegeben. Von überall her kamen Menschen, um sich diese Ausgrabung persönlich anzusehen. Sie spülten wiederum neues Geld in die Staatskassen. Auf Auktionen bei Christies und anderen Häusern erzielten die Funde immense Preise, und wenn Sammlungen aus der Ausgrabung auf Weltreise gingen, um in verschienenen Städten ausgestellt zu werden, dann bildeten sich dort lange Schlangen von Interessenten.
Es war einfach notwendig, diesen Dennis und diese Stiftung zu schützen, und der Ministerpräsident hatte alle wichtigen Generäle überzeugen können, diesen Schutz, wenn notwendig, auch mit militärischen und polizeilichen Mitteln zu sichern.
Kapitel 3. Im Schutz der Haremsfrauen
1.
Mitte Januar nahmen sich Théra und Clara in der Schule frei und sie flogen mit ihrem großen Bruder Para nach Dubai.
Wieder erfuhr Théra, wie weise dieser Emir war.
Bei der Begrüßung umschloß der Emir Théras kleine Hände mit seinen großen kräftigen Männerhänden und er seufzte, „ich glaube, dieses Mal brauchst du meine Hilfe.“
Seine Söhne hatten im Umgang mit den Pferden durch Théras Unterricht einen ganz neuen Stil entwickelt. Sie waren lockerer und souveräner. Sie achteten die Tiere mehr als vorher, und sie konnten auch den Menschen viel besser zuhören. Ihr Urteil war klarer und gereifter. All das waren Eigenschaften, die einen arabischen Herrscher auszeichnen. Der Emir war ein Mann von Ehre. Er würde Théra seine Hilfe gerne gewähren.
Dann hatte er nach seiner Lieblingsfrau geschickt und sie gebeten, sich um Théra zu kümmern. Sollten Clara und Para dieses Mal die Pferde und die Jungens übernehmen. Théra hatte sich seine Fürsorge verdient. Seine Frauen sollten einmal ganz für Théra da sein.
2.
Théra wurde im Harem des Emirs stürmisch und begeistert aufgenommen. Die gleichaltrigen Mädchen hatten sich durch Théras Vermittlung auf verbotenes Terrain vorwagen dürfen. Sie waren in die Männerdomaine eingebrochen, und sie hatten begonnen, die ausgemusterten Pferde zu pflegen und zu reiten, die aus irgendwelchen Gründen nicht in das ästhetische Zuchtprogramm passten. Mal gab es eine Blässe, die da nicht hingehörte, mal waren die Beine zu kurz oder das Fell ungleichmäßig. Sie wären unter normalen Umständen zum Schlachter geschickt worden, aber es waren gute Pferde. Théra hatte damals dafür gesorgt, dass diese Tiere unter dem Schutz der Mädchen leben durften.
Die Mädchen hatten dabei nie ihre traditionellen Pflichten vernachlässigt, oder gar vergessen, und die Mädchen waren durch diese neue Aufgabe innerlich „gewachsen“. Sie hatten Verantwortung übernommen, und sie waren selbstbewusst und stolz geworden, ohne die Demut und die Dankbarkeit zu verlieren, die Teil ihrer Erziehung war.
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