Noch ein Mord, Mylord. Ralf Kramp
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Название: Noch ein Mord, Mylord

Автор: Ralf Kramp

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: KBV-Krimi

isbn: 9783954415748

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СКАЧАТЬ stieß einen entmutigten Seufzer aus.

      »Vorhin stellten Sie aber ein andere kluge Frage, mein Freund«, sagte Merridew mit einem aufmunternden Lächeln.

      »Wirklich?«

      »Ja, Sie fragten, was der Verfasser mit seinen Annoncen bezweckt.«

      »Ja, genau! Das ist doch die Frage. Er verlangt kein Geld!«

      »Also?«

      »Er will Druck ausüben?«

      »Richtig!«, rief Merridew laut. »Stellen Sie sich mal vor, Sie haben jemanden ermordet, und plötzlich prahlt ein Unbekannter ganz öffentlich damit, dass er über Sie und Ihre Untat Bescheid weiß. Wieder und wieder! Stellen Sie sich vor, was das in Ihnen auslöst!«

      Ich versuchte es mir auszumalen, aber es gelang mir nur im Ansatz.

      Merridew winkte mit einem lauten Brummen ab. »Sie können sich ja wahrscheinlich noch nicht mal vorstellen, einen Mord zu begehen.«

      »Sie etwa?«

      Er lachte laut auf. »Pausenlos! Bei Gelegenheit nenne ich Ihnen mal die endlos lange Liste meiner potenziellen Opfer! Seit heute Vormittag gehört übrigens auch ein amerikanischer Millionär dazu! Aber jetzt mal wieder zur Sache …«

      Die Klingel ertönte ein zweites Mal. Der Raum um uns herum hatte sich bereits merklich geleert. Mühsam stemmte Merridew seinen schweren Körper aus dem Sessel in die Höhe. »Ich will Ihnen sagen, wer hinter den Annoncen steckt. Es ist kein Literaturwissenschaftler, sondern jemand vom Theater.«

      Ich stand ebenfalls auf. Plötzlich kam mir etwas in den Sinn. »Augenblick mal, Merridew. Ich las in der Zeitung, wo Die Mausefalle in den letzten Wochen überall gastierte. Unter den Orten war auch Manchester! Und Newcastle! Und letzte Woche waren sie in Birmingham!«

      »Ganz recht, Nigel, ganz recht. Überall dort, wo auch die Annoncen aufgegeben wurden. Aber vor allen Dingen fand die allererste Aufführung dieses Mausefallenstücks wo statt?«

      Wo war das noch gewesen? Ich versuchte mich zu erinnern, was ich darüber gelesen hatte, und mit einem Mal fiel es mir wie Schuppen von den Augen: »In Nottingham!«

      »Und zwar am 6. Oktober im Theatre Royal. Und nun will ich Ihnen auch noch verraten, dass das gesamte Ensemble in diesen Tagen im altehrwürdigen Black Boy Hotel logierte. Das beste Haus am Platze. Ein famoser alter Kasten, in dem ich auch schon ein paar Mal abgestiegen bin. Wenn man Pech hat, erwischt man allerdings eins der Zimmer, deren Fenster auf den finsteren, schmalen May Pole Yard hinausgehen. Und da hat man einen Ausblick auf die Rückseiten der Häuser an der Clumber Street. Und nun raten Sie mal, wo das Haus steht, in dem der unglückliche Professor Ponsonby sein Ende fand!«

      »Etwa …?«

      Er nickte mit einem Lächeln, wie es breiter nicht sein konnte.

      »Sie meinen also, jemand aus dem Ensemble hat den Mord möglicherweise beobachtet?« Was mein Freund mir da berichtete, verschlug mir schier den Atem.

      »So sieht es für mich aus, mein lieber Nigel. Und bevor Sie nun sagen: Aber wie kann jemand einen Mord begehen, ohne dass er sich vergewissert, dass die schützenden Vorhänge zugezogen sind, sage ich Ihnen: Solche Dinge passieren nun mal. Ich habe eine Vermutung. Denken Sie an die Botschaft in der dritten Annonce: Wie? Durch falschen Feuerlärm geschreckt? Sie kennen doch das Ärgernis mit dem zu feuchten Holz im Kamin, das erst stundenlang vor sich hinglimmt und gar nicht richtig brennen will. Und wenn es dann doch irgendwann ausreichend erhitzt und hinlänglich getrocknet ist, entzündet es sich häufig mit einem hellen Feuerschein in voller Gänze. Großes Pech für den Mörder, wenn er genau zu diesem Zeitpunkt sein Opfer in die Mangel genommen hat. Wie gesagt, es ist nur eine Möglichkeit von vielen.«

      Einen Moment schwiegen wir. Außer uns war jetzt nur noch eine Handvoll Menschen im Raum. An der Bar wurden klimpernd die Gläser beiseitegeräumt. Die Pause strebte unweigerlich ihrem Ende entgegen.

      »Und deshalb sind wir also hier?«, fragte ich. »Was hoffen Sie hier denn heute Abend zu erfahren?«

      Er klopfte mir gönnerhaft auf die Schulter. »Ich habe bereits alles erfahren, mein Junge. Versuchen Sie doch bitte einmal, sich möglichst präzise daran zu erinnern, was ich vorhin tat, bevor das Stück losging.«

      Damit erwischte er mich auf dem falschen Fuß. Alles war eine einzige wilde Hetze gewesen. Ich war am frühen Abend aus der Kanzlei nach Hause gehastet, um mich rasch umzuziehen. Dann war ich in Windeseile hierher ins West End gerast, wo Merridew bereits stirnrunzelnd auf das Ziffernblatt seiner Taschenuhr guckte und verstimmt mit der Zunge schnalzte.

      »Sie standen am Eingang, gleich neben der Kasse. Es sah fast so aus, als gehörten Sie zum Personal.« Ich legte nachdenklich den Zeigefinger an die Unterlippe. »Warten Sie mal, Sie sagten, Sie seien der Erste gewesen und hätten ganz schön lange auf mich warten müssen.«

      Merridew grunzte zustimmend. »Man kann wirklich die Uhr nach Ihnen stellen, Nigel. Man muss nur mit einkalkulieren, dass Sie gelegentlich in einer anderen Zeitzone leben.«

      »Jaja. Dann gingen wir ins Theater und gaben unsere Mäntel und Hüte ab. Sie überreichten der Garderobiere auch Ihren Gehstock. Wir waren spät dran, aber Sie bestanden darauf, unbedingt noch etwas zu trinken. Also gingen wir zur Bar, und da hat Sie dieser Mann angerempelt und Ihnen den Kaffee über den Ärmel gekippt. Dann haben wir rasch unsere zwei Scotch Soda hinuntergestürzt, und Sie sagten, Sie müssten noch kurz zur Toilette. Um den Fleck auf Ihrem Ärmel abzutupfen, erklärten Sie mir, und ich solle schon einmal hineingehen.«

      »Ja, genau, und das taten Sie dann ja auch ganz brav. Als ich zu Ihnen hineinkam, öffnete sich gerade der Vorhang.«

      Ich nickte bestätigend. »Sie erinnern sich an das verärgerte Flüstern und Tuscheln, als Sie sich durch die Reihe zu mir durchkämpften?«

      »Soll sich nicht so anstellen, das Volk. In der ersten Viertelstunde passiert sowieso nie was Wichtiges.« Er blieb stehen und sah den letzten Leuten nach, die durch die Tür in das Theater strebten. Er lehnte sich gemächlich gegen die Wandtäfelung und faltete die Hände vor dem gewaltigen Bauch. »Ich erzähle Ihnen noch fix, was weiterhin geschah, bevor das Stück schließlich begann.«

      »Aber wirklich ganz fix. Es geht gleich los.«

      »Keine Drängelei, Sie Jungspund!« Er hob mahnend den Zeigefinger. »Also gut, ich war, wie gesagt, so ziemlich der erste, der ins Theater kam, und das hatte auch seinen guten Grund. Schließlich wollte ich die Leute in Augenschein nehmen, die heute besonders frühzeitig ankamen. Die Person, die ich erwartete …«

      »Sprechen wir etwa von diesem ABC?«

      »Unterbrechen Sie mich nicht. Immer der Reihe nach! Ich wartete auf den Mörder aus der Clumber Street in Nottingham. Und ich war der Meinung, dass dieser Mann …«

      »… oder diese Frau?«

      »Ach, Mumpitz, Nigel! Ein Würgemord! Auch wenn es nur ein schmächtiger, alter Physiker war, ist das nun wirklich nicht das Mittel, dessen sich Frauen bedienen! Dieser Mann …!« Er funkelte mich an, um mir jede weitere Unterbrechung zu untersagen. »… würde allein kommen, da war ich mir sicher. Und er würde so früh auftauchen wie möglich, weil er nervös war und keinen Fehler machen wollte. Nur sechs Leute kamen СКАЧАТЬ