Dyslexie, Dyskalkulie. Monika Müller Freunek
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Название: Dyslexie, Dyskalkulie

Автор: Monika Müller Freunek

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783039059546

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СКАЧАТЬ sehr schnell zu Problemen führen, werden diese viel häufiger identifiziert. Jugendliche in Sonderschulen werden kaum mit hohen Erwartungen konfrontiert, entsprechend fallen spezifische Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten nicht auf. Ob und in welchem Ausmass sich eine Störung in Behinderungen manifestiert, hängt somit auch von der Umwelt (z.B. Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen, Unterrichtsbedingungen, Einstellungen der Lehrpersonen) ab. Dieses Zusammenspiel in der jeweiligen Situation adäquat zu verstehen, bildet eine wichtige Voraussetzung für die Planung sinnvoller Interventionen. Seitens der Ausbildungssysteme sind dabei die Vorgaben zu Kompetenzentwicklung und -erreichung von zentraler Bedeutung. Im folgenden Abschnitt soll deshalb auf die Beziehung zwischen Störungen wie Dyslexie oder Dyskalkulie und den von Bildungssystemen definierten Kompetenzen eingegangen werden.

      1.5 Beziehung zwischen Störungen und Kompetenzen

      Sowohl für die Betroffenen selbst als auch für Personen, die über Prüfungsanpassungen oder andere Anpassungen zu befinden haben, ist es deshalb wichtig, die mit der Störung direkt verbundenen Einschränkungen klar von den mit einer Kompetenz verbundenen Fähigkeiten zu unterscheiden. Auch hier kann die Orientierung am Klassifikationssystem der ICF sehr hilfreich sein, da die direkt mit einer Dyslexie oder Dyskalkulie verbundenen Ausfälle klar umrissen und beschrieben werden können, ­während Kompetenzen – insbesondere auf Sekundarstufe II und Tertiärstufe – komplexe «Cluster» von Fähigkeiten beschreiben. Erst durch die getrennte Erfassung von Einschränkungen und Kompetenzen kann verstanden werden, welche Bedeutung eine Störung für den Kompetenzerwerb hat und welche Anpassungen adäquat sind. Die Frage nach gerechtfertigten und nicht gerechtfertigten Prüfungsanpassungen wird im dritten Kapitel zu den rechtlichen Grundlagen ausführlich erläutert. Einschränkungen, die eng mit Störungen wie Dyslexie oder Dyskalkulie assoziiert sind, bilden den stabilen Anteil von Behinderungen. Bildung beschäftigt sich jedoch vorwiegend mit dem, was sich verändern lässt, und ist deshalb grundsätzlich kompetenzorientiert. Welche Kompetenzen in ihrem Erwerb von welchen Störungen wie beeinträchtigt werden und wie alternative Erwerbswege gefunden oder Ausfälle kompensiert werden können, sind deshalb wichtige pädagogische Fragen, die in den folgenden Beiträgen in diesem Fachbuch für die Praxis bearbeitet werden.

      1.6 Behindert sein und behindert werden

      Die traditionellen Behinderungsbegriffe beschreiben Defizite, die alleine dem Kind oder Jugendlichen zugeschrieben werden. Aber wie bereits erwähnt, lassen sich aus Störungen keine Bildungsprogramme ableiten, und für Lehrpersonen ist es viel wichtiger, ihre spezifischen Auswirkungen auf Bildungsprozesse zu kennen. Der mehrdimensionale und umweltbezogene Behinderungsbegriff, welchen die WHO mit der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) etabliert hat, bildet eine Brücke zwischen Störungen und Kompetenzen sowie zwischen Behindertsein und Behindertwerden. Das vorliegende Fachbuch für die Praxis leistet sowohl einen Beitrag zur Verminderung der Auswirkungen von Dyslexie oder Dyskalkulie auf Lern- und Entwicklungsprozesse des Jugendlichen als auch zur Verhinderung von Benachteiligungen und Diskriminierungen im schulischen Umfeld. Zur Sicherung der Partizipation in höheren Ausbildungsgängen braucht es beides: die individuelle Förderung und Unterstützung sowie die optimale Gestaltung der Umwelt und das Entfernen von Barrieren.

      Bezüglich der Anteile des «Behindertseins» hat die Gesellschaft primär ihren Förder- und ­Sorgeauftrag wahrzunehmen und, wie eingangs geschildert, die bestmögliche Qualifizierung gemäss den Talenten, Fähigkeiten und Neigungen des Jugendlichen oder der jungen Erwachsenen zu sichern. Bezüglich Lernbegleitung sollen grundsätzlich alle Erleichterungen und unterschiedliche Zugänge zum Lerninhalt zugelassen und aktiv unterstützt und gefordert werden. Dies betrifft auch Anpassungen im Unterricht und am Arbeitsplatz, Erleichterungen bei Arbeiten und Lernzielüberprüfungen. Erprobte und bewährte Unterstützungsmöglichkeiten werden in Kapitel 4 vorgestellt. Grundsätzlich gilt hier: Im Zweifelsfall immer für die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Anders ist es bei der Zertifizierung von Kompetenzen; da muss ausgewiesen werden, dass die für die Ausübung eines Berufs notwendigen Fähigkeiten erworben worden sind. Hier hat das Bildungssystem seine Allokationsfunktion wahrzunehmen. Wenn also Lese- und Schreibkompetenzen das Herzstück eines Berufs sind, wird es schwierig, das behinderungsbedingte Defizit von den für den Beruf erforderlichen Kompetenzen zu unterscheiden. So ist Lektorin oder Lektor kaum ein geeignetes Berufsziel für Jugendliche mit Dyslexie.

      Judith СКАЧАТЬ