Das letzte Schwurgericht. Günter Huth
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Название: Das letzte Schwurgericht

Автор: Günter Huth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783429061586

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СКАЧАТЬ galoppierte Leila zwanzig Minuten später auf den Reiterhof in der Mergentheimer Straße. Mit Schaum vor den Nüstern und bebenden, schweißnassen Flanken blieb die Stute schließlich vor dem Eingang zu den Stallungen stehen. Sofort liefen mehrere Mitglieder des Reitstalles und zwei Pferdepfleger zusammen. Einer der Männer fing die Stute ein. Selbstverständlich hatte sich ihr Besitzer abgemeldet, als er den Ausritt antrat. Leila musste ihrem Reiter irgendwie ausgebüxt sein. Da aber auch ein Unfall die Ursache sein konnte, musste man nachsehen. Da die Strecke bekannt war, eilten zwei Reiter in den Stall und sattelten die zwei schnellsten Pferde. Sie würden den Reitweg absuchen. Wahrscheinlich war der Reiter zu Fuß auf dem Heimweg. Zwei weitere Mitglieder des Reitvereins, einer davon Arzt, setzten sich ins Auto des Mediziners und fuhren die Strecke auf der Straße ins Steinbachtal ab. Für alle Fälle! Man wollte sich über Handys verständigen. Die Zeit drängte, denn langsam stellte sich die Dämmerung ein.

      Nachdem die berittenen Helfer den Reitweg jenseits der Mergentheimer Straße erreicht hatten, spornten sie ihre Pferde sofort zum Galopp an. Es war ein Wettlauf mit der Zeit. Das Auto begleitete sie parallel auf der Straße.

      Nach weniger als einer halben Stunde hatten sie den Gestürzten erreicht. Nur unter Aufbietung aller Selbstbeherrschung behielten sie beim Anblick der schrecklichen Verletzungen die Nerven. Sofort informierten sie ihre Kollegen im Wagen, die daraufhin, so weit es vom Weg her möglich war, mit dem Auto in den Wald fuhren. Den Rest des Weges legten sie rennend zu Fuß zurück.

      Der Arzt sah in die zwei dunklen Blutseen, die dort standen, wo sich die Augen seines Reitkameraden befunden hatten. Es war klar, hier kam jede Hilfe zu spät. Dies war eindeutig ein Fall für die Polizei. Mühsam zwang er sich zur Professionalität und wählte die 110, die Notrufnummer der Polizeieinsatzzentrale.

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      Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen. Die grausige Szenerie im Wald wurde von mehreren Scheinwerfern beleuchtet, die die Männer der Mordkommission und der mittlerweile eingetroffenen Spurensicherung rund um den Tatort aufgestellt hatten. Ein langes Stromkabel führte zu einem etwas entfernter stehenden Kleinbus, in dem der Motor eines leistungsfähigen Aggregats zu hören war.

      Die vier Personen aus dem Reiterclub, die den Toten gefunden hatten, hielten sich ein Stück abseits auf. Der Horror stand ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben. Ihre beiden Pferde waren an Bäumen angebunden. Ein Kriminalbeamter nahm gerade ihre Personalien auf.

      Der Rechtsmediziner hatte bereits seine Untersuchung abgeschlossen. Seiner Meinung nach lag der ungefähre Todeszeitpunkt weniger als zwei Stunden zurück. Er stellte fest, dass die beiden Schüsse durch die Augen in den Kopf den Mann auf jeden Fall getötet hatten. »Ohne dem Ergebnis der Obduktion vorgreifen zu wollen, liegt hier ohne Zweifel ein Tötungsdelikt vor«, erklärte er und zog seine Gummihandschuhe aus. »Herr Brunner, wenn Sie mit der Leiche fertig sind, kann sie in die Rechtsmedizin abtransportiert werden.« Er grüßte und verließ den Tatort.

      Kriminalhauptkommissar Brunner beugte sich über den Toten und untersuchte die Taschen seiner Reithose und seiner Jeansjacke. Außer einigen Münzen und einem Schlüsselbund fand er jedoch nichts, was die Identität des Mannes erklärt hätte.

      Dr. Merker, der Arzt und Reitkollege, der den Toten als Erster untersucht hatte, kam ein paar Schritte näher.

      Brunner sah ihn an. »Der Tote ist ein Reitkamerad von Ihnen? Können Sie mir sagen, wer das ist?«

      Merker nickte. »Das ist Manfred Großberger. Soweit ich weiß, ist er Richter hier am Gericht in Würzburg. Ich kenne ihn aber nicht näher. Nur so, wie man halt einen Reiterkollegen kennt, den man beim Sport trifft. Er war ein angenehmer, recht geselliger Zeitgenosse. Dieser Unfall ist einfach schrecklich! So wie es aussieht, hat ihn seine Stute ein ganzes Stück weit hinter sich her gezerrt. Wahrscheinlich ist er im Steigbügel hängen geblieben. Dabei müssen sich Äste in seine Augen gebohrt haben. Schlimm! Hoffentlich hat er es nicht mehr gespürt.«

      Brunner ließ ein Brummen hören, das alles Mögliche bedeuten konnte. Dass es sich um Schussverletzungen handelte, erwähnte er nicht.

      »Was ist mit dem Pferd geschehen, nachdem es zum Stall zurückgekommen war?«

      »Die Pferdepfleger haben es sicher abgesattelt und herumgeführt, bis es wieder trocken war. Das ist das übliche Prozedere. Genau kann ich es aber nicht sagen, weil wir ja sofort losgefahren sind, um Herrn Großberger zu suchen.«

      »Vielen Dank für Ihre Hilfe«, entgegnete Brunner ohne weiteren Kommentar, »bitte kommen Sie in den nächsten Tagen ins Kommissariat, damit wir Ihre Aussage aufnehmen können.«

      Kaum hatte sich der Arzt abgewandt, winkte Brunner einen uniformierten Polizisten zu sich. »Fahren Sie bitte in den Reitstall und stellen Sie den Sattel und das Zaumzeug von Großbergers Pferd sicher. Fragen Sie die Pferdepfleger, ob sie an den Sachen etwas verändert haben. Dann bringen Sie das Zeug in die Kriminaltechnik.« Der Beamte nickte und entfernte sich eilig.

      Brunner sah nachdenklich auf die mittlerweile mit einer Papierdecke verhüllte Gestalt des Toten. An der Stelle, wo sich die blutigen Augenhöhlen befanden, tränkten zwei blutrot verlaufende Punkte das Papier. Der Kriminalbeamte war sehr nachdenklich. Offenbar handelte es sich hier um einen eiskalten Mord. Die Parallelen zu dem Fall von Dr. Kürschner waren unübersehbar. Brunner rieb sich das unrasierte Kinn. Wie es aussah, handelte es sich in beiden Fällen um denselben Täter. Zweimal Schüsse in die Augen. Der Begriff Ritual drängte sich auf. Er atmete schwer ein. Serientäter!, schlich sich in seine Gedanken. Brunner würde das sicher nicht laut aussprechen, weil er damit, falls es bekannt würde, einen Pressesturm auslösen würde. Er zwang sich zur Vernunft: Zwei Leichen machten noch keinen Serientäter. Aber sicher war hier ein Psychopath am Werk … oder es sollte zumindest so aussehen. Wenn seine geheimen Befürchtungen zutrafen, musste man mit weiteren Morden dieser Art rechnen. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass in seiner Stadt ein Serienkiller sein Unwesen trieb! Das Problem war, dass er noch keinerlei Vorstellung hatte, welches Motiv hinter diesen Taten steckte.

      In diesem Augenblick wurde er von Kriminalhauptmeister Siebert, einem seiner Assistenten, angesprochen, der auf ihn zugelaufen kam. »Herr Brunner, Sie müssten mal mitkommen. Ich habe die Strecke zurückverfolgt, die der Tote von seinem Pferd geschleppt wurde. Dort vorne steht mitten auf dem Waldweg ein verlassener Geländewagen.«

      Alarmiert eilte Brunner hinter seinem Mitarbeiter her. Da das Licht der Scheinwerfer nicht so weit reichte, waren sie auf Taschenlampen angewiesen. In ihrem Schein konnten sie im weichen Waldboden eine deutliche Schleifspur erkennen. Seitlich des Weges waren vom Unterwuchs Blätter und Äste abgerissen. Eine Strecke weiter tauchten aus der Dunkelheit die reflektierten Frontscheinwerfer eines Autos auf. Brunner und sein Kollege umrundeten das Fahrzeug und leuchteten ins Innere. Sofort fiel ihnen das Gewehr auf, das im Fußraum des Beifahrersitzes stand, mit dem Lauf gegen die Sitzfläche gelehnt. Im Kofferraum befanden sich verschiedene Jagdutensilien. Eindeutig das Auto eines Jägers. Vom Fahrer war allerdings keine Spur zu sehen. Brunner, der noch immer Gummihandschuhe trug, betätigte den Türgriff. Das Fahrzeug war überraschenderweise nicht abgeschlossen, es ließ sich unproblematisch öffnen.

      »Siebert, holen Sie bitte die Spurensicherung her. Das Fahrzeug und insbesondere die Waffe müssen sichergestellt und untersucht werden. Und dann nehmen Sie sich zwei Männer und suchen nach dem Fahrer. Der Wagen hat sich ja nicht allein hierhergefahren. Ein Jäger wird wohl kaum seine Waffe im unverschlossenen Auto mitten im Wald stehen lassen.«

      Kriminalkommissar Siebert nickte, griff zum Mobiltelefon und gab eine СКАЧАТЬ