Название: Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger
Автор: Ralf Klaßmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
isbn: 9783170405028
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Im Rahmen der Mittelverwendungsrechnung ist vorab festzustellen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (steuerliche) Rücklagen gebildet werden sollen oder können. In Höhe dieser Rücklagendotierungen ist das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung – entsprechend den bereits angesprochenen Ausnahmen vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung – durchbrochen.
Rücklagen sind zunächst zulässig im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe444, und zwar durch Zuführung des Gewinns.445 Diese müssen allerdings »bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sein«.446 Es muss ein konkreter Anlass gegeben sein, der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung einer Rücklage rechtfertigt, z. B. eine geplante Kapazitätsausweitung.447 Die Rücklage kann im Übrigen nur aus den versteuerten Gewinnen aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gebildet werden448, denn es geht hier nicht um Rückstellungen im handelsrechtlichen Sinne, die ergebniswirksam gebildet werden. Soweit im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Rückstellungen gemäß § 249 Abs. 1 HGB bzw. entsprechend den einkommensteuerlichen Regelungen449 gebildet werden dürfen, sind diese deshalb prinzipiell den Rücklagen vorzuziehen. Derartige Rückstellungen spielen im Rahmen der Mittelverwendungsrechnung aber keine Rolle. Denn bei dieser Rechnung geht es um die Mittelverwendung, nicht um die (vorgelagerte) Mittelerzielung.
Auch im Bereich der Vermögensverwaltung dürfen Rücklagen gebildet werden, allerdings – außerhalb der nachfolgend zu diskutierenden sog. freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO450 – nur für die Durchführung konkreter Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen an Vermögensgegenständen i. S. d. § 21 EStG451, also an Vermietungs- bzw. Verpachtungsobjekten im Immobilienbereich. Die Maßnahmen, für deren Durchführung die Rücklage gebildet wird, müssen notwendig sein, um den ordnungsmäßigen Zustand des Vermögensgegenstandes zu erhalten oder wiederherzustellen (z. B. die geplante Erneuerung eines undichten Daches), und sie müssen in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden können.452
Nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO darf ein steuerbegünstigter Krankenhausträger »höchstens ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung« einer sog. freien Rücklage zuführen.
Die Möglichkeit der Bildung derartiger sog. »freien Rücklagen« braucht nach dem Gesetzeswortlaut nicht in die Satzung der steuerbegünstigten Körperschaft aufgenommen zu werden. Satzungsregelungen mit dem Inhalt, freie Rücklagen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO dotieren zu können, sind also grundsätzlich entbehrlich.453
Im Bereich der Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist die Beurteilung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft entweder als Vermögensverwaltung
oder als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Zweckbetrieb hinsichtlich der Rücklagendotierungsmöglichkeiten von besonderer Bedeutung. Je nachdem, ob insoweit Vermögensverwaltung vorliegt oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, sind unterschiedlich hohe Rücklagendotierungen (ein Drittel oder nur 10 %) möglich.
Zu den Überschüssen aus der Vermögensverwaltung rechnen grundsätzlich auch die Überschüsse, die bei der Veräußerung der Wirtschaftsgüter der Vermögensverwaltung erzielt werden. Im Gegensatz zu den laufenden Überschüssen aus der Vermögensverwaltung gehören die sog. Veräußerungsgewinne jedoch nicht zu den zeitnah zu verwendenden Mitteln i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. Sie werden deshalb auch nicht in die Bemessungsgrundlage für die Rücklagenbildung i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO – 1. Alternative – einbezogen454, sondern können in vollem Umfang den nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln zugeordnet werden.
Seit dem 01.01.2000 können darüber hinaus höchstens 10 % der »sonstigen« – d. h. der nicht in der Vermögensverwaltung angesiedelten455 – nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel in eine (weitere) freie Rücklage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO eingestellt werden. Mit dieser (zusätzlichen) Möglichkeit zur Bildung freier Rücklagen wird insbesondere solchen Körperschaften die Gelegenheit geboten, eigentlich zeitnah zu verwendende Mittel anzusparen, die über keine nennenswerten Einkünfte aus Vermögensverwaltung verfügen.456 Außerdem sollten hierdurch offensichtlich auch sog. »Endowments « erleichtert werden, also Weiterleitungen von (eigentlich) zeitnah zu verwendenden Mitteln als Ausstattungskapital an andere steuerbegünstigte Körperschaften.457
Fraglich ist, welche Bemessungsgrundlage bei der Bildung der 10 %-Rücklage anzuwenden ist. Nach Nr. 10 Satz 2 des Anwendungserlasses zu § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist zum einen auf die Gewinne aus Zweckbetrieben und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben abzustellen458 und zum anderen auf die Bruttoeinnahmen des ideellen Bereichs, also z. B. auf die Spenden- und Mitgliedereinnahmen.459 Danach können freie Rücklagen aus dem ideellen Bereich auch dann gebildet werden, wenn der ideelle Bereich mit einer Unterdeckung abgeschlossen hat460, was aber tatsächlich nur ausnahmsweise gegeben sein dürfte, bzw. auch dann, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft insgesamt im Veranlagungszeitraum eine Unterdeckung aufweist.461
Sollten verschiedene Zweckbetriebe unterhalten werden, z. B. neben dem Krankenhaus auch noch ein Altenheim oder ein Mahlzeitendienst (»Essen auf Rädern«) oder eine Kurzzeitpflegeeinrichtung, müssen Gewinne und Verluste dieser Zweckbetriebe zunächst saldiert werden. Darüber hinausgehende Verluste mindern die Bemessungsgrundlage der Rücklage nicht.462
Dies gilt entsprechend für Verluste aus dem einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, z. B. aus einer Lieferapotheke und Besuchercafeteria.463 Ein Verlust aus der Vermögensverwaltung mindert die Bemessungsgrundlage für die freie Rücklage in Höhe von 10 % der sonstigen (zeitnah zu verwendenden) Mittel nicht.464
Es handelt sich bei beiden Varianten des § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO um sog. » freie Rücklagen«. Dies bedeutet, dass die Mittel, die in dieser Rücklage (in diesen Rücklagen) zurückgelegt worden sind, auf Dauer – und damit letztlich bis zur Auflösung oder Aufhebung der steuerbegünstigten Körperschaft – nicht für die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke verwendet zu werden brauchen.
Die »Freiheit« dieser Rücklagen gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO hat letztlich drei Facetten:
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