Название: Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger
Автор: Ralf Klaßmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
isbn: 9783170405028
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5 Gebot der Selbstlosigkeit: Erfordernis der Erstellung einer Mittelverwendungsrechnung
Die Mittelverwendungsrechnung als Nachweis der Erfüllung des Gebotes der zeitnahen Mittelverwendung wird in der Abgabenordnung selbst ausdrücklich nicht gefordert. Die Finanzverwaltung schreibt die Erstellung einer solchen Mittelverwendungsrechnung aber von jeder steuerbegünstigten Körperschaft seit langem vor.435
Es ist angesichts dieser Regelung zu empfehlen, (künftig) zu jedem Bilanzstichtag eine Mittelverwendungsrechnung – wohl in der Form einer steuerlichen Nebenrechnung zum handelsrechtlichen, nach den Regeln der KHBV und des HGB aufgestellten Jahresabschluss436 – zu erstellen, um sie (auf Anforderung) dem zuständigen Finanzamt zum Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung vorzulegen bzw. vorlegen zu können. Darüber hinaus wird empfohlen, in einer erläuternden Anlage oder als weitere Untergliederung die Zusammensetzung der Rücklagen aus steuerlicher Sicht aufzuzeigen.
Problematisch und mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden ist die Erstellung der Mittelverwendungsrechnung erfahrungsgemäß bei der erstmaligen Erarbeitung, und zwar im Hinblick auf die »Technik« ihrer Ableitung aus dem vorhandenen (handelsrechtlichen) Rechenwerk. Ist diese »technische« Hürde überwunden, kann zu späteren Stichtagen die Mittelverwendungsrechnung mit überschaubarem Zeitaufwand fortgeschrieben werden.
Dem Grunde nach stellt die Mittelverwendungsrechnung eine Mittelzu- und Mittelabflussrechnung dar. Sie beruht auf dem Zu- und Abflussprinzip.437 Die Überleitung der Bilanz bzw. der Vermögensaufstellung einer steuerbegünstigten Körperschaft in eine (gemeinnützigkeitsrechtliche) Mittelverwendungsrechnung ist schwierig, weil in der Bilanz nicht, jedenfalls nicht vollständig, erkennbar ist, welche Mittel (Vermögenswerte) bereits für satzungsmäßige Zwecke verwendet worden sind und welche nicht.
Bei einer erstmaligen Erstellung einer Mittelverwendungsrechnung z. B. im Jahre 2021 zum Stichtag 31.12.2020 kann eine Betrachtung des Vorjahres – 2019 – notwendig sein, beispielsweise um feststellen zu können, ob ein zum 31.12.2019 bestehender »Verwendungsrückstand« entsprechend der Bestimmung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO im Jahre 2020 »aufgeholt« worden ist. Möglicherweise ist eine zeitlich noch weiter zurückgehende Betrachtung erforderlich.
Eine solche rückgerichtete Betrachtung kann u. E. höchstens innerhalb der Aufbewahrungsfristen für Jahresabschlüsse gefordert werden. Eine Aufbewahrungspflicht besteht nach der Abgabenordnung nur für maximal zehn Jahre.438 Im Jahre 2021 könnte also eine »Rückrechnung« höchstens bis einschließlich 2010 gefordert werden, sofern der Jahresabschluss zum 31.12.2010 im Jahre 2011 erstellt worden ist. Auf der Basis des Jahresabschlusses zum 31.12.2010 müsste die Mittelverwendungsrechnung bis zum 31.12.2020 fortgeschrieben werden.
In vielen Fällen dürfte eine solche Rückrechnung aber entbehrlich sein, nämlich dann, wenn erkennbar keine »Verwendungsrückstände« aus Vorjahren zu berücksichtigen sind. Es kann dann stichtagsbezogen eine Mittelverwendungsrechnung erarbeitet werden.
Praktische Hilfestellung zur Ausgestaltung einer Mittelverwendungsrechnung gibt der Anwendungserlass des Bundesfinanzministers zur Abgabenordnung im Übrigen nicht. Üblicherweise wird seitens der Vertreter der Finanzverwaltung auf die insoweit grundlegende Darstellung von Thiel in der Zeitschrift »Der Betrieb« aus dem Jahre 1992 verwiesen.439
Diese Veröffentlichung fasst die grundlegenden Überlegungen im Zusammenhang mit einer Mittelverwendungsrechnung zusammen. Sie enthält auch einzelne Aspekte, die bei der »technischen« Darstellung der Mittelverwendung zu beachten sind. Sie hat sich für eine praktische Umsetzung allerdings vielfach als (zu) kompliziert erwiesen.
Für die Praxis wird ein praktikables und einfaches Modell benötigt, das ganz allgemein für die Ableitung der Mittelverwendungsrechnung aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss durch Krankenhausverwaltungen (oder ihre steuerlichen Berater) genutzt werden könnte. Einen Vorschlag hierzu enthält die Veröffentlichung von Buchna/Leichinger/Seeger/Brox.440
Für Krankenhausträger, die nach den Regeln der Krankenhausbuchführungsverordnung buchführungspflichtig sind, für die also im Bereich der handelsrechtlichen Rechnungslegung das in § 11 EStG verankerte Zu- und Abflussprinzip keine Rolle spielt, ist ein solcher Vorschlag, der von der Bilanz einer steuerbegünstigten Körperschaft ausgeht, von besonderem Interesse.
Im Rahmen der Mittelverwendungsrechnung ist für sämtliche in einem Kalenderjahr zugeflossenen Mittel eines steuerbegünstigten Krankenhausträgers (z. B. Spenden, Beiträge, Mitglieder- bzw. Gesellschafterumlagen, Zuschüsse, Zulagen, Überschüsse aus Vermögensverwaltung, Gewinne aus Zweckbetrieben, Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben) darzustellen, wofür sie verwendet worden sind. Hierbei ist zusätzlich auch ein etwaiger Überhang nicht verwendeter Mittel aus Vorjahren einzubeziehen. Letzteres wiederum hat zur Konsequenz, dass eine Mittelverwendungsrechnung nicht willkürlich zu irgendeinem Bilanzstichtag aufgestellt werden kann, sondern fortlaufend auf der Grundlage der Mittelverwendungsrechnung für das jeweilige Vorjahr fortgeschrieben werden muss.
Möglicherweise hat sich im Vorjahr – wohl ausnahmsweise – ein » Verwendungsüberhang« ergeben, der konsequenterweise durch Kreditaufnahme finanziert worden ist. Auch ein solcher »Verwendungsüberhang« müsste im Rahmen der Mittelverwendungsrechnung berücksichtigt werden.
Im Übrigen ist bei der Aufstellung der Mittelverwendungsrechnung zu berücksichtigen, dass bestimmte zugeflossene Mittel (ausnahmsweise) nicht zeitnah zu verwenden sind. Hierauf ist im Einzelnen im vorangegangenen Kapitel (unter B.IV.4.) eingegangen worden. Diese nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegenden Mittel sind im Rahmen der Mittelverwendungsrechnung vorab herauszurechnen.
Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass zum Jahresende »Mittel« in nicht unerheblicher Höhe noch verfügbar sind. Sofern diese Mittel im folgenden Kalenderjahr verausgabt werden, ist das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, wie dargestellt, erfüllt. Ob es zu einer solchen (zeitnahen) Mittelverwendung im Folgejahr kommt, kann im Zeitpunkt der Erstellung der Mittelverwendungsrechnung möglicherweise aber noch nicht exakt festgestellt und/oder dargelegt werden. In jedem Fall kann aber angegeben werden, ob und ggf. in welcher Höhe Mittel für konkrete Vorhaben zurückgelegt werden können oder sollen.
Das Zurückbehalten von Mitteln ist in § 62 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 AO441 unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Der Gesetzgeber spricht insoweit von der Zulässigkeit von Rücklagenbildungen, mit denen »Vermögensbildung« betrieben werden kann.442 Hierbei ist zu beachten, dass der im Gemeinnützigkeitsrecht genutzte Begriff der Rücklagen mit dem Rücklagenbegriff des Handelsrechts inhaltlich nicht übereinstimmt. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass im Handelsrecht Gewinnrücklagen nur dann dotiert werden können, wenn die entsprechenden Gewinne (»Mittel«) auch vorhanden sind.443 СКАЧАТЬ