Название: Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger
Автор: Ralf Klaßmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
isbn: 9783170405028
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Zu denken ist im steuerbegünstigten Krankenhaus insoweit z. B. an die Zahlung gesetzwidriger Einweiser-Prämien an niedergelassene Ärzte.
Nach § 31 der Musterberufsordnung der Deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ärzte) ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder für Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Nach § 31a Krankenhausgestaltungsgesetz NRW (KHGestG NRW) ist es Krankenhäusern und ihren Trägern – jedenfalls in NRW – verboten, für die Zuweisung von Patienten und Patientinnen ein Entgelt oder andere Vorteile zu gewähren, zu versprechen, sich gewähren oder versprechen zu lassen.
Als gemeinnützigkeitsrechtlich kritisch können insoweit z. B. Pauschalentgelte für die Einweisung von Patienten oder für die Erbringung von Operationsleistungen, die Forderung einer Beteiligung an der DRG-Pauschale des Krankenhauses durch einen Belegarzt, die Kooperationen im Bereich der prä- und postoperativen Versorgung, die Durchführung ambulanter Operationen durch Vertragsärzte für das Krankenhaus und die Einbindung von Vertragsärzten in das stationäre Leistungsgeschehen anzusehen sein.410
Zu der Frage der (Un-)Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen bei einer steuerbegünstigten Körperschaft hat der BFH in einem aktuellen Urteil vom 12.03.2020 (V R 5/17) Stellung genommen.411 Der Bundesfinanzhof hat in dieser Entscheidung einige für die Praxis überaus wichtige Aussagen getroffen, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen.
Zum einen hat der BFH darauf hingewiesen, dass zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) anzuwenden sind. Eine Mittelfehlverwendung liegt nach diesem Maßstab – vereinfacht gesprochen – dann vor, wenn auch ein gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls diese (Gehalts-) Zahlung nicht bzw. nicht in dieser Höhe vorgenommen hätte. Maßstab des externen Fremdvergleichs – und dies ist die »Richtschnur« für den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter – sind hierbei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von gewerblichen Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen. Der BFH hält es in diesem Zusammenhang für zulässig, in Bezug auf den externen Fremdvergleich auf entsprechende Vergütungs- bzw. Gehaltsstudien (z. B. auf die Gehaltsstudie »GmbH-Geschäftsführervergütungen« der BBE media, auf die der BFH bzw. das FG Mecklenburg-Vorpommern als Vorinstanz412 ausdrücklich Bezug genommen haben) zurückzugreifen.413
In diesem Zusammenhang hat der BFH auch klargestellt, dass es nicht ein einziges angemessenes Gehalt gibt, sondern dass sich die Beurteilung der Angemessenheit innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen kann. Erst wenn die konkrete Vergütung oberhalb dieser Bandbreite liegt, soll ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, mithin ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO, vorliegen.
Ferner können auch (fiktive) Zu- und Abschläge bei der Beurteilung der Angemessenheit vorgenommen werden. Dies kann z. B. dann in Betracht kommen, wenn der betreffende Geschäftsführer – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – neben seiner eigentlichen Geschäftsführungstätigkeit zusätzlich auch noch für einen Dritten als Geschäftsführer tätig wird (im Streitfall für den Gesellschafter der klagenden GmbH). Aufgrund des zusätzlichen zeitlichen Einsatzes des Geschäftsführers für das Dritt-Unternehmen und der damit einhergehenden nur eingeschränkten Verfügbarkeit des Geschäftsführers für seine »originäre« Geschäftsführungstätigkeit hält der BFH einen angemessenen Abschlag auf die durch Fremdvergleich ermittelte Vergütung für gerechtfertigt.414
Schließlich hat sich der BFH, soweit ersichtlich, erstmals zu der Frage positioniert, ob beim Entzug der Gemeinnützigkeit die Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips anzuwenden sind. Das Schrifttum hat sich in der Vergangenheit schon länger dafür ausgesprochen, dass die Versagung des steuerbegünstigten Status – als »qualitativer Sprung«415 – überhaupt nur dann in Betracht kommen kann, wenn es sich um eine nach Ausmaß und Gewicht erhebliche Pflichtverletzung im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) handelt. Bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften, so die Literatur, solle eine Entziehung der Steuervergünstigung grundsätzlich ausscheiden (sog. Bagatellvorbehalt).416 Dieser Auffassung hat sich der BFH nunmehr angeschlossen, jedenfalls in Bezug auf geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO.
Der BFH hat in diesem Zusammenhang allerdings auch eine konkrete betragsmäßige Größenordnung benannt, ab der aus seiner Sicht eine gemeinnützigkeitsrechtliche Mittelfehlverwendung vorliegen soll. Insoweit hat das Gericht betont, dass eine Mittelfehlverwendung von über 10.000,00 nicht mehr als geringfügig angesehen werden kann, sodass in diesem Fall ein Entzug der Gemeinnützigkeit droht bzw. zwingend zu erfolgen hat.
Es steht zu erwarten, dass die Entscheidung des BFH im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird, was zur Folge hat, dass es für die Finanzverwaltung bindend und damit zwingend anzuwenden ist. Gegebenenfalls wird zusätzlich auch ein erläuterndes BMF-Schreiben veröffentlicht – bzw. eine Ergänzung im AEAO vorgenommen – werden, welches sich zur konkreten Anwendbarkeit des BFH-Urteils äußern wird.
Auch wenn die o. g. BFH-Entscheidung in ihren grundsätzlichen und Aussagen ausdrücklich zu begrüßen ist, da sie in vielen Punkten endlich Rechtsklarheit schafft, steht andererseits leider zu befürchten, dass die Finanzverwaltung insbesondere die o. g. (starre) Grenze für eine Mittelfehlverwendung in Betriebsprüfungen als willkommenes »Druckmittel« einsetzen wird, um anderweitige steuerliche Sachverhalte in ihrem Sinne gegenüber dem steuerbegünstigten Krankenhausträger durchzusetzen.
4 Gebot der Selbstlosigkeit: Gebot der zeitnahen Mittelverwendung
Das Gebot der Selbstlosigkeit beinhaltet auch das Erfordernis, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zeitnah zu verfolgen.
Der Beachtung der zeitnahen Verwendung aller Mittel für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke kommt derzeit in der Praxis eine zentrale Bedeutung zu. Der Gesetzgeber hat dies im Rahmen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes vom 21.03.2013 durch eine Zusammenfassung der diesbezüglichen Ausführungsregelungen in § 62 AO (»Rücklagen und Vermögensbildung«) zum Ausdruck zu bringen versucht.417 Die Finanzverwaltung weist ihrerseits in ihren Veröffentlichungen hierauf explizit hin.418
Dies ist in § 55 Abs. 1 Nr. 5 EStG ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben. Die Ergänzung des § 55 Abs. 1 AO um die genannte neue Nr. 5 stellte keine Rechtsänderung dar; auch vorher wurde – ohne dass dies in der Abgabenordnung ausdrücklich geregelt war – das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung als Ausprägung des Gebotes der Selbstlosigkeit angesehen, und zwar auf der Grundlage der BFH-Rechtsprechung.419
Eine »zeitnahe Verwendung« in diesem Sinne ist gegeben, wenn die Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten СКАЧАТЬ