Rückkehr zu Gott. Jörg Gabriel
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СКАЧАТЬ 1252, dem Orden in den nächsten zwanzig Jahren keine weiteren Frauenklöster zu unterstellen. Damit gab sich der Orden nicht zufrieden: Die durch frühere päpstliche Maßnahmen geschaffenen Zustände sollten rückgängig gemacht werden. In der Bulle vom 26. September gab der Papst nach:

      „Er habe sich davon überzeugen lassen, dass der Orden in der Durchführung seiner wesentlichsten Aufgabe: der Predigt, vor allem gegen die Ketzer, behindert und beeinträchtigt werde durch die Verpflichtungen, die ihm Innozenz selbst in Berücksichtigung der dringenden Wünsche der Frauenklöster auferlegt habe. Da die große Aufgabe des Ordens den Vorrang habe und die Bedürfnisse der Frauenklöster auch auf anderem Wege erfüllt werden könnten, so entbindet der Papst den Orden von allen Verpflichtungen gegen die ihm inkorporierten oder kommittierten Frauenklöster mit Ausnahmen von S. Sisto in Rom und Prouille.“456

      Damit verloren die Frauenklöster alles, wofür sie gekämpft hatten. Zwar wurden ihnen nicht alle Rechte genommen, die ihnen durch die Inkorporation teilhaftig geworden waren, doch auf die Seelsorge durch die Dominikaner hatten sie fortan keinen Anspruch mehr. Diese Sachlage war für die Frauenklöster inakzeptabel. Sie bestürmten den Papst und die Kurie leidenschaftlich.457 Mit dem Tod des Generaloberen Johannes von Wildeshausen verloren die Gegner der Cura-Pflicht dann jedoch eine bedeutende Stütze. Bis zum nächsten Generalkapitel (1254) gab es nun keine offizielle Ordensleitung. Dagegen kehrte Kardinal Hugo von St. Cher, selbst Dominikaner, als Legat aus Deutschland zurück. Hugo, der zwei Jahre in Deutschland verbrachte, kannte die Situation dort sehr genau. Und er war der religiösen Frauenbewegung zugetan. Zugleich war er aber auch ein Förderer dominikanischer Interessen in Deutschland. Er war für die Kurie deshalb der richtige Mann, um das Verhältnis zwischen Orden und Frauenklöstern neu zu ordnen. Kardinal Hugo erreichte zunächst eine Art „Stillhalteabkommen“, d.h. die Seelsorge sollte in allen Frauenklöstern zunächst in der bisherigen Weise weiter erfolgen. Auf dem zukünftigen Generalkapitel in Budapest (1254) sollten dann weitere Vereinbarungen verhandelt werden.458 Die Verhandlungen zogen sich bis zum Generalkapitel von 1256 (Paris) hin. Aber immerhin führten die bisherigen Verhandlungen zu dem Ergebnis, dass der Orden die Seelsorge in den Frauenklöstern weiterhin zu übernehmen bereit war, die vor 1254, ehe also Kardinal Hugo mit der Neuordnung beauftragt wurde, durch einen Generalmagister oder ein Generalkapitel in den Orden aufgenommen worden waren. Was der Kardinal jedoch nicht ahnte: Die Zahl solcher Frauenklöster war sehr viel geringer als angenommen, vor allem in Deutschland. Der Beschluss von 1256 bildete also keine rechtskräftige Grundlage für die Wiederaufnahme deutscher Frauenklöster in den Orden.459 Auf dem Generalkapitel von 1257 (Florenz) forderte der Kardinal daher, eine endgültige und feste Entscheidung zugunsten der Frauenklöster, auch derer, die nicht durch den Generalmagister oder durch ein Generalkapitel in den Orden aufgenommen waren. Drei aufeinanderfolgende Generalkapitel haben diesem Beschluss zugestimmt:

      „Seit 1259 war es also endgültig entschieden, dass alle früher dem Orden unterstellten Frauenklöster wieder Anspruch auf seine Seelsorge hatten.“460

      Darüber hinaus wurde beschlossen, „dass künftig Frauenklöster nur nach Zustimmung von 3 Generalkapiteln dem Orden unterstellt werden können.“461 Damit hatten die Frauenklöster ihren Anspruch auf dominikanische Leitung und Seelsorge durchgesetzt. 1267 wurde dieser Beschluss von Papst Clemens IV. (1265 – 1268) sanktioniert, indem er die Bulle von 1252, in welcher dem Orden die Cura-Pflichten erlassen worden waren, außer Kraft setzte.462

      Jetzt musste sich der Orden noch zwei wichtigen Aufgaben widmen: Er musste – erstens – eine einheitliche Konstitution für alle Frauenklöster schaffen, wie bereits die Bullen von 1245 gefordert hatten; es musste – zweitens – bestimmt werden, welche der Frauenklöster überhaupt rechtmäßig Anspruch auf die Zugehörigkeit zum Orden hatten.463 Eine andere wichtige Sorge war die wirtschaftliche Sicherung der Klöster: Die Frauenklöster sollten wirtschaftlich auf eigenen Füssen stehen können. Ausreichende Mittel für den Unterhalt mussten vorhanden sein. Ein Kloster aber, das nicht über eine sichere wirtschaftliche Grundlage verfügte, durfte nicht in den Ordensverband aufgenommen werden. Außerdem durfte die einem Kloster zugewiesene Höchstzahl der Schwestern nicht überschritten werden.464

      Der Anschluss an den Dominikanerorden brachte für die deutschen Frauenklöster zwar die wirtschaftliche Sicherheit, doch die ursprüngliche Armutsbewegung

      „ging unter der organisatorischen Sicherung des Ordens in Gemeinschaftsform über, die den Einzelnen ein sicheres Auskommen gewährleistete und das religiöse Leben ordnete und disziplinierte. Ein großer Teil der Frauenbewegung in Deutschland hat dadurch ein neues und endgültiges Gepräge erhalten.“465

       III. Ein fruchtbarer Dialog

      Dieses feste Gepräge war zugleich die Voraussetzung für die Entfaltung der „deutschen Mystik“.466 Denn in Taulers – und ebenso in Meister Eckharts oder Heinrich Seuses – Einstellung zum geistlichen Leben in der Welt spiegelt sich ein lebendiger und fruchtbarer Dialog zwischen den Laienbewegungen, Frauen und Männer, und den für ein tieferes religiöses Leben empfänglichen und aufgeschlossenen kirchlichen Kreisen wieder, die aber auch die Unterweisung durch glaubwürdige Kleriker suchten.467

      Voraussetzung für diesen Dialog von Frauen und Männern, von monastischer, scholastischer und einer auf Erfahrung beruhenden (mystischen) Theologie war die Tatsache, dass die Frauen nicht die lateinische Theologensprache beherrschten.468 Dem Drang nach religiöser Unterweisung konnte nur angemessen begegnet werden, wenn die Prediger – wie Johannes Tauler – in der Volkssprache den Glauben verkündeten und lehrten.469 Diese „volkssprachliche Theologie“470 ist nicht unabhängig von der traditionellen Theologie entstanden, sondern im Dialog mir ihr.471 Die Frauen dieser neuen Richtung suchten nach theologischer Unterweisung. Keinesfalls wollten sie sich von der Kirche abspalten. So konnten sich Laienspiritualität, monastische und scholastische Theologie gegenseitig befruchten und ergänzen: Um sich in der Kirche die notwendige Anerkennung und Autorität zu verschaffen, übernahm die volkssprachliche Theologie im Laufe der Zeit „verschiedene Stilformen aus der scholastischen und monastischen Theologie.“472 So wurde eine große Anzahl von Texten mystischen Inhalts auf Lateinisch verfasst, „aber in Form eines Lateins, von der man sagen kann, sie spiegele nach Verfasserschaft, Stil und Inhalt die neue volkssprachliche Theologie wider.“473 Andere Texte wurden ins Lateinische übersetzt, obwohl dies ausgesprochen schwierig war, da die meist von scholastisch nicht Gebildeten in der Volkssprache zum Ausdruck gebrachten inneren Erfahrungen nicht adäquat in die formelle und exakte Gelehrtensprache übersetzt werden konnten. Auf der anderen Seite waren die Volkssprachen, z.B. das Deutsche, noch nicht so weit entwickelt, um mit dem präziseren Latein mithalten zu können.474 Latein war jedoch damals immer noch eine „Weltsprache“. Auch die Predigten Taulers konnten nur deshalb in Europa so populär werden, weil sie von dem Kartäuser Laurentius Surius 1548 ins Lateinische übersetzt worden waren.475 Und wenn wir Johannes Taulers in der Volkssprache gehaltene Predigten lesen, stellen wir fest: Der Dominikaner versteht es, seine Zuhörer in einem praktischen spirituellen Weg im Alltag zu unterweisen, indem er dabei auch auf die Lehre der Theologie seiner Zeit zurückgreift.476

      361 Vgl. Grundmann 1977, 174. Zur religiösen Frauenbewegung Siehe: Stölting 2005; McGinn 1999; Ruh 1993; Bynum 1995, 136 – 153; Hauschild I 1995, 314 – 319; Langer 1987.

      362 Vgl. Grundmann 1977, 178; Brief des Lütticher Klerus an Papst Lucius II., Fredericq I 1889ff., 32f.

      363 Grundmann 1977, 176.

      364 Siehe auch in diesem Kapitel: I.

      365 Vgl. Grundmann 1977, 176.

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