Название: Selbstbewusst ist das neue Sexy
Автор: Sophia Faßnacht
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783831269648
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»Ich darf mich nicht trauen, denn ich werde hinfallen. Ich werde mir wehtun. Also sollte ich es lassen«, könnten mögliche Glaubenssätze sein, die ein Kind daraufhin entwickelt. Es wird im Vertrauen in sich selbst verunsichert. Wenn das Kind seine körperlichen Möglichkeiten hingegen testen kann, kann es sehr wohl sein, dass es hinfällt und ausrutscht. Es wird sich vielleicht auch wehtun und eine Schramme am Knie erleiden, aber es hat zum einen im besten Fall einen verlässlichen Helfer an seiner Seite, der es tröstet, verarztet und ihm Aufmerksamkeit schenkt, zum anderen hat es eine der wichtigsten Lebens- und Lernerfahrung gemacht: »Ich kann mich ausprobieren, und dabei falle ich vielleicht hin, und das tut weh. Aber ich kann auch wieder aufstehen. Ich kann es noch einmal versuchen.« Unser Körper ist also unser erster Lehrmeister.
Manchmal – und das lässt sich nicht vermeiden – werden Kinder von anderen Kindern oder von Erwachsenen mit Bewertungen konfrontiert, die ihre körperliche Erscheinungsform und ihre körperliche Leistung betreffen: »Die Laura ist zu dick, die wird nicht in unser Team gewählt. Der Ben kann den Ball nicht richtig fangen. Mann, die Clara ist immer viel zu langsam.« Jeder von uns hatte schon einmal einen Lehrer, der uns mit Härte und Unverständnis begegnet ist, anstatt uns das Gefühl zu geben, dass wir alles im Bereich des Möglichen erreichen können.
Diese kritischen Stimmen und die Botschaft, die sich daraus ergibt, können irgendwann zu unserem eigenen Kritiker werden. Man weiß aus der Entwicklungspsychologie, dass wiederkehrende bremsende, aber auch verletzende Kommentare dazu führen können, dass Kinder Ängste entwickeln und sich im Verlauf dieser Ängstlichkeit neuen Erfahrungen und Anforderungen in Bezug auf ihre (körperliche) Leistung verschließen und ihnen letztlich aus dem Weg zu gehen versuchen. Wird dem nicht gegengesteuert, wird das Kind jetzt nicht liebevoll an die Hand genommen, wird ihm jetzt nicht gezeigt, dass es sich weiterhin ausprobieren darf, ohne sich mit bestimmten Leistungsansprüchen zu überfordern, kann es bereits hier dazu kommen, dass es seinen Körper mit einem negativen Bild von sich selbst in Verbindung bringt …
Wir sind keine Ballettmädchen!
Eine unserer ersten Erfahrungen mit »Body-Shaming« hatten wir beide tatsächlich im Ballett. Das Ballett ist ja so ein Klassiker unter den Kleinmädchenträumen. Zumindest in unserer Kindheit war es noch so, dass Mädchen ganz klassisch in den Ballettunterricht wollten, Jungs hingegen zu Hobbys wie Fußballspielen oder Judo tendierten. Eigentlich soll das Erlernen eines Tanzes für ein Kind ja Spaß machen. Nun ist gerade das Ballett aber natürlich auch eine Tanzart, bei der es viel um körperliche Leistung geht – und um Schönheit, um Perfektion. Nicht nur im Tanz selbst, sondern auch in Form eines schlanken, grazilen Körpers. Wer diesem »Perfektionsanspruch« nicht gerecht wird, kann schnell das Gefühl bekommen, nicht dazuzugehören …
»Bei mir war es so, dass ich tatsächlich gar nicht von außen kritisiert wurde, sondern mich im Vergleich mit den anderen Kindern in der Ballettklasse immer zu dick gefühlt habe. Ich war zu diesem Zeitpunkt eigentlich ein normalgewichtiges Kind, ein wenig pummelig vielleicht. Ich kam mir neben den anderen wie ein Trampeltier vor. Ich dachte immer: ›Ich bekomme das einfach nicht so grazil wie die anderen hin.‹ Da habe ich mich das erste Mal in meinem Körper nicht wohlgefühlt, obwohl ich ja wirklich noch ein kleines Kind war. Der Druck, die Bewegungen genauso fein ausgeführt hinzubekommen wie die anderen, genauso groß oder schlank und gazellenhaft wie die anderen zu wirken, es aber einfach nicht zu sein, hat mir das Gefühl gegeben, falsch zu sein, so, wie ich war. Klar, wir orientieren uns als Kinder sehr stark an unserer Umgebung. Auf einmal war Leistung gefordert, auf einmal wurde das Augenmerk auf ›Schönheit‹ gelegt. Ich habe das Ballett dann aufgegeben, weil mir der Druck den Spaß an der Sache genommen hat.«
»Ich wollte unbedingt ins Ballett. Die rosa Tütüs und weißen Strumpfhosen sahen ja auch toll aus. Meine ersten Stunden verliefen eigentlich auch ganz gut. Bis dann eines Tages der Spagat auf dem Lehrplan stand. Egal, wie sehr ich mich bemühte: Ich konnte es einfach nicht. Ich war einfach nicht so gelenkig wie die anderen Mädchen. Ich war zwar schlank, aber immer sehr groß und hatte immer einen kräftigen Körperbau. Die Ballettlehrerin hat mich dann dazu gedrängt, einen Spagat zu machen, und ich habe fürchterlich geweint. Ich konnte es eben nicht. Ich weiß noch, dass sie sauer wurde und irgendetwas gesagt hat, das mir ein wirklich schlechtes Gefühl gegeben hat. Nach dieser Stunde ist die Ballettlehrerin zu meiner Mutter gegangen und hat ihr ans Herz gelegt, dass sie mich aus dem Ballettunterricht nehmen soll – ich sei der berühmte Elefant im Porzellanladen. Meine Mutter war traurig über die Umgangsweise der Lehrerin, ich habe geweint und fühlte mich wirklich schrecklich. Der Rosa-Mädchentraum von Ballett war für mich ab diesem Zeitpunkt geplatzt.«
Aus der heutigen erwachsenen Perspektive stellt sich das Ganze natürlich abgemildert dar. Nicht jedes Mädchen ist ein Ballettmädchen, sondern es findet sein Glück beim Reiten oder Boxen. Und manch ein Junge tanzt vielleicht lieber Ballett, als auf dem Fußballplatz zu stehen. Wir konnten andere Bereiche finden, in denen wir uns ausprobieren und Erfolge erzielen konnten – so, wie Verena es zum Beispiel später in der Leichtathletik getan hat.
Trotzdem: Vielleicht machen gerade deshalb viele Mädchen schlechte Erfahrungen im Ballett, weil hier eben auf zwei Bereiche geachtet wird, mit denen wir in unserer Gesellschaft auch später immer wieder konfrontiert werden: Leistungsdenken auf der einen und Schönheit auf der anderen Seite. Eine Balletttänzerin muss sehr schlank sein, zumindest kennt man das so. Sie muss viel Schweiß und eiserne Disziplin aufbringen, viele Tränen vergießen, bis sich alles zu dem perfekten Bild vereint, das wir später auf der Theaterbühne sehen. Es ist ein immenser Druck, mit dem sich ein Balletttänzer während der gesamten Karriere konfrontiert sieht.
Wir sind keine Balletttänzerinnen geworden – und das ist okay so. Obwohl das Ballett ein Mikrokosmos für sich ist, sind die Gefühle, die diese Erfahrungen in uns ausgelöst haben, trotzdem wichtig, denn sie verdeutlichen etwas, über das wir gern sprechen möchten: Das Gefühl, nicht okay zu sein, so, wie man ist. Der Druck, den wir uns selbst machen und der von unserem Umfeld auf uns einwirkt. Und: Wie man sich von diesen Gefühl allmählich lösen kann und es durch ein gesundes, liebevolles Verhältnis zu sich selbst ersetzt. #selbstbewusstistdasneuesexy
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