Название: Tore zur Freiheit
Автор: Andrea Dinkel-Tischendorf
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783964420077
isbn:
Das amüsierte mich, denn auch in diesem Leben war mein Vater ein Schwerenöter, und meine Mutter hatte schwer darunter zu leiden, dass er nicht treu sein konnte. Nun verstand ich auch die bittere Rivalität zwischen meinem Stiefvater und meinem leiblichen Vater.
Alles bekam nun einen Sinn. Ich wurde zurückgeführt zu einem Moment, den ich mit meinem Stiefvater gehabt hatte. Wir saßen damals an einem warmen Sommertag draußen im Garten. Plötzlich entdeckte ich Wut in den Augen meines Papas. Ja doch, er blickte mich für wenige Sekunden fast hasserfüllt an, und ich weiß noch, wie erschrocken ich darüber gewesen war. Jetzt verstand ich diesen Moment. Seine Seele erinnerte sich wohl an die Zeit zurück, als ich ihn verlassen hatte. Es muss eine große Schmach gewesen sein, galt er doch als der Dorfpatron!
Ich erinnerte mich zudem daran, wie mir mein leiblicher Vater Briefe geschrieben hatte, und nachdem ich sie gelesen hatte, dachte ich oft kopfschüttelnd: »Wie komisch er schreibt, fast so, als wäre ich seine Auserkorene und nicht seine Tochter!« Wie Schuppen fiel es mir von den Augen, alles fügte sich zusammen.
Mayas Sitzung für mich heilte meine offenen Wunden. Ich fühlte buchstäblich, wie die alten Schuldgefühle, auch meiner Mutter gegenüber, von meinen Schultern abfielen, so als wären zehn Kilo Ballast von ihnen genommen worden. Ich fühlte mich befreit. Meine Mutter aus dem Jenseits und ich hatten uns gegenseitig vergeben, und das Resultat war spürbarer Frieden in mir. Auch meinem Vater konnte ich vergeben. Und so bat ich auch ihn innerlich um Vergebung.
Unser nächstes Treffen zeigte eine deutliche Veränderung, und das, was uns als Menschen verband, nämlich die Liebe, konnte wieder frei fließen.
Tief in meinem Inneren fühlte ich, was Mayas Seele zu tun vermochte. Welche transformierende Wirkung und Heilung eine solche Sitzung auf einen Menschen haben kann. Mayas Seele zeigte den Seelen, die ›wissen‹ wollten, das Leben auf, das Missverständnisse, Unfrieden und Schmerzen verursacht hatte. Im Spiegel ihres Lichtes war es den betreffenden Seelen möglich, sich gegenseitig zu vergeben. Der daraus resultierende Frieden kam einer wohltuenden inneren Ruhe gleich. Maya verstand es, die Umstände, welche die Liebe in einem Menschen reduzierten, hinfortzuwehen, als wären sie nicht mehr als eine staubige Wolke, die das Herz verdunkelte. War die Wolke fort, brach das Licht automatisch wieder durch.
Noch hatte ich keine Ahnung, dass diese Sitzung die Initialzündung für meine mediale Tätigkeit werden sollte. Es hatte dank Mayas Hilfe ein innerer Durchbruch stattgefunden, und das eigene Erleben brachte mich zu der Erkenntnis, dass es doch viel mehr Menschen geben müsste, die aufgrund ihrer Fähigkeit, mit dem Jenseits zu kommunizieren, anderen Heilung schenken konnten.
Ich denke, es war auch Mayas Wunsch, dass ich zu diesen Menschen zählen sollte, denn von diesem Zeitpunkt an ›sah‹ ich plötzlich wieder Verstorbene. Es passierte einfach. Ich sah sie zwar nicht mit den Augen, wie ich sie als Kind auf eher materielle Weise wahrgenommen hatte, aber auf subtilere Art in der Aura der Menschen.
Das geschah am Anfang tatsächlich zu Heilzwecken, wenn mich Seelen aus dem Jenseits darum baten, für sie bei ihren Angehörigen um Vergebung zu bitten. Dann sah ich beispielsweise während einer Heilsession den verstorbenen Vater einer Teilnehmerin hinter ihr stehen, der sagte: »Sie hat ihr Magengeschwür wegen mir. Willst du sie bitte in meinem Namen um Vergebung fragen?«
So begannen meine Kontakte mit Aufträgen aus den anderen Welten, die ich wiederum meist während der Heilarbeit erhielt. Eine Pforte schien geöffnet, und wann immer es notwendig wurde, spazierten die Seelen einfach hindurch.
Kapitel 1 ‒ Das Jenseits
Nachdem das Tor zum Jenseits durch Mayas Hilfe wieder geöffnet war, stellte ich überwiegend Kontakte zu Verstorbenen her, um den Trauernden mit Hilfe der entsprechenden Durchsagen Trost zu spenden; um sie wissen zu lassen, dass es ihren Lieben auf der anderen Seite gut ging, was meistens der Fall war; und um den Angehörigen Frieden zu schenken. Unzählige Male hörte ich von einem Verstorbenen: »Bitte sage ihr oder ihm, es tut mir leid, dass ich nie gesagt habe, wie sehr ich sie oder ihn liebe. Willst du das bitte für mich tun?«
Es ist unglaublich, dass man diesen Satz so oft zu hören bekommt. So stellen diese Verbindungen auch immer die Möglichkeit dar, von der einen oder anderen Seite um Vergebung zu bitten, was oft ein wichtiger Aspekt dieser Gespräche darstellt ‒ ob nun ein Mensch auf dieser Ebene zurückbleibt oder auf die andere Seite hinübergegangen ist. Schuldgefühle können von beiden Seiten kommen, und so gibt es meist große Erleichterungen seitens der Seelen im Diesseits oder der Seelen im Jenseits. Manchmal kommt es während Lebzeiten nicht dazu, dass sich Menschen aussprechen oder etwas Wichtiges ausdrücken können. Das ist dann ihre Gelegenheit, Frieden zu schließen.
Mir kommt eine Witwe, die mich um einen Jenseitskontakt mit ihrem verstorbenen Mann bat, wieder in den Sinn. Ich begleitete sie in mein Sitzungszimmer. Als ich zum CD-Player ging, um eine schöne, ruhige Einstimmungsmusik abzuspielen, hörte ich bereits die Stimme ihres verstorbenen Mannes: »Sage ihr, dass sie endlich kein Schuldgefühl mehr haben soll!«
Obwohl ich noch nicht wirklich eingestimmt war, übermittelte ich der Frau diese Durchsage. Sie fing augenblicklich an zu weinen. »Genau deshalb bin ich zu dir gekommen! Ich habe furchtbare Schuldgefühle in mir, weil ich meinen Mann mit einem anderen betrogen habe, bevor er gestorben ist.«
»Er weiß davon, Herzchen«, sagte ich zu ihr, »und er versteht dich vollkommen. Er hat es dir nicht übel genommen. Er sagt, er war nicht immer der einfachste Mensch, und auch seine Art hätte dich in die Arme eines anderen getrieben. Er möchte, dass du dir endlich selbst vergibst. Er hat es schon lange getan.«
Ich durfte sehen, wie sich die Schatten auf der Seele der jungen Witwe verflüchtigten und die Sonne wieder hindurchbrach. Beim Abschied wirkte sie erleichtert.
Angst und Schuldgefühle versperren den Weg zur wahren Freiheit, doch den geliebten Seelen auf der anderen Seite ist es meist ein Bedürfnis, dass wir frei und glücklich leben. Sie tun ihr Möglichstes, um ihren Hinterbliebenen das Gefühl der Schuld zu nehmen.
Schuldgefühle haben viele unterschiedliche Ursachen. Oft kommt es vor, dass in Menschen ein Schuldgefühl sitzt, weil sie nicht zum Todeszeitpunkt anwesend waren, um den Heimkehrenden die Hand zu halten, aber sehr oft bekam ich von den Verstorbenen zu hören: »Sage ihr oder ihm, ich wollte nicht, dass sie oder er dabei ist. Sie hätten es als viel schlimmer empfunden als ich selbst. Mein Übergang war leicht, auch wenn es nicht so ausgesehen hat.«
Häufig kam es vor, dass die Angehörigen mehrere Tage am Bett ihres Mannes, Vaters oder ihrer Mutter verbrachten, um im Sterbeaugenblick für sie da zu sein, und just in dem Moment, als sie für kurze Zeit das Zimmer verließen, wählte die Seele des Heimkehrenden diesen für sie perfekten Moment.
Angst vor Verstorbenen?
Manche Menschen fürchten sich vor Verstorbenen. Das kommt meiner Meinung nach daher, weil sich die Gesellschaft nicht mit dem Thema Sterben beschäftigt, was ja schließlich unser aller Schicksal ist. Und dennoch ist es so, dass wir uns stets im gegenwärtigen Sein zwischen Leben und Sterben befinden.
Wie viele Atemzüge, die gleichzeitig Sterben und Neugeburt darstellen, liegen eigentlich zwischen dem Zeitpunkt, wenn wir in diesen Körper eintreten, und dem Moment, wenn wir ihn wieder verlassen? Jeder getane Atemzug erinnert uns an unsere Vergänglichkeit, und zugleich bietet uns jeder neue Atemzug ungeahnte Möglichkeiten. Eine Neugeburt sozusagen im Sekundentakt. СКАЧАТЬ