Nach Hause kommen zu sich selbst. Tara Brach
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Название: Nach Hause kommen zu sich selbst

Автор: Tara Brach

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783867287340

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СКАЧАТЬ Ich fühlte mich wund und schutzlos und fing an, mich innerlich dafür zu beschimpfen, dass ich etwas gesagt hatte. Wie könnte ich morgen irgendjemandem ins Gesicht schauen? Ich sagte mir, ich sollte sofort aufstehen und Yoga machen. Aber stattdessen begann ich nachzuspüren, was eigentlich wirklich schiefgelaufen war, dass ich mich so schlecht fühlte.

      Plötzlich wurde mir klar, dass dieser innere Prozess nur eine weitere Wiederholung war. Ich versuchte immer noch, die Dinge in den Griff zu kriegen, indem ich darüber nachdachte, indem ich mehr übte, indem ich zu beeinflussen versuchte, wie mich die anderen sehen. Als ich diese falschen Zufluchten erkannte, hielt ich abrupt inne. So wollte ich nicht weitermachen.

      Eine innere Stimme fragte: »Was würde geschehen, wenn ich jetzt nicht versuchen würde, etwas zu ändern?« Ich spürte sofort die Angst in meinem Körper und dann das vertraute Versinken in Schamgefühlen – genau den Gefühlen, die ich, seit ich denken kann, zu vermeiden versuchte. Aber in dem Moment flüsterte dieselbe innere Stimme ganz leise einen vertrauten Refrain: »Let it be. (Lass es zu.)«

      Ich legte mich lang auf den Rücken, atmete ein paarmal tief durch und spürte, wie das Gewicht meines Körpers von dem Futon getragen wurde. Wieder und wieder versuchte mein Verstand, zu entwischen, indem er wiederholte, was ich Stunden zuvor gesagt hatte, oder ausprobierte, was ich sonst noch sagen könnte, um mich zu erklären. Wieder und wieder brachte mich die Absicht »Lass es zu« zurück zu der Angst und der Scham in mir. Während ich die Nacht so allein in der Dunkelheit lag, wurde aus diesen Gefühlen manchmal auch Kummer. Ich war erschüttert, wie viel von meinem Leben – meiner Lebendigkeit, meinem Lieben – verloren ging, wenn ich mich in meinen Gefühlen der Minderwertigkeit verlor. Ich öffnete mich alldem ganz, tief schluchzend, bis der Kummer nach und nach verebbte.

      Ich stand auf, setzte mich auf mein Meditationskissen vor meinem kleinen Altar und war weiterhin aufmerksam. Mein Geist kam auf natürliche Weise zur Ruhe und ich wurde mir mehr und mehr meiner inneren Erfahrung bewusst – einer stillen, von Zartgefühl durchdrungenen Präsenz. Diese Präsenz war ein Seinszustand, der alles einbezog: die Wellen der Traurigkeit, das Gefühl meiner trocknenden Tränen, den Gesang der Grillen, die schwüle Sommernacht.

      In diesem offenen Zustand tauchten wieder Gedanken auf – die Erinnerung an meine Abwehr bei der Arbeitsbesprechung und meine Versuche einer echten Entschuldigung, dann mein Yoga-Unterricht am nächsten Morgen, wo ich versuchte, eine positive, zuversichtliche Energie auszustrahlen. Während ich mir diese Szenen ansah, fühlte ich mich, als würde ich einer Schauspielerin in einem Stück zusehen. Die Schauspielerin versuchte ständig, sich zu schützen, und trennte sich dabei mehr und mehr von sich selbst, von ihrer Authentizität und von der Möglichkeit, sich durch die Verbindung zu anderen unterstützt zu fühlen. Und in jeder Szene sah ich, wie sie immer etwas »tat«, um sich besser zu fühlen, etwas »tat«, um keinen Schmerz zu spüren, etwas »tat«, um Versagen zu vermeiden.

      Während ich da saß und diesem Spiel zusah, hatte ich zum ersten Mal das durchdringende Gefühl, dass ich das nicht wirklich bin. Die Gefühle und Reaktionen dieser Schauspielerin waren mir sehr vertraut, doch sie bildeten nur die Wellen auf der Oberfläche dessen, was ich wirklich bin. Genauso war alles, was in diesem Moment geschah – die Gedanken, die Körperempfindungen des Sitzens auf dem Meditationskissen, die Empfindlichkeit, die Erschöpfung –, Teil von mir, doch es definierte mich nicht. Mein Herz öffnete sich. Wie traurig, so lange in einer derart begrenzten Welt gelebt zu haben, wie traurig, mich so getrieben und einsam gefühlt zu haben!

      Trance und Erwachen sind beide natürlich

      Wenn wir in Trance sind und uns in einer Emotion wie Angst, Scham oder Ärger verfangen haben, weiß unsere innere Intelligenz, dass etwas nicht im Lot ist. Eine Zeit lang, möglicherweise sogar jahrzehntelang, denken wir vielleicht irrtümlicherweise, »etwas stimmt mit mir nicht« oder »etwas stimmt nicht mit der Welt« und wir müssten unsere Unvollkommenheiten reparieren und uns irgendwie vor Fehlschlägen schützen. Allmählich oder plötzlich erkennen wir dann die eigentliche Ursache des Problems in unserer fehlgeleiteten Wahrnehmung unserer Selbst. Wir erkennen, dass wir in der Identität eines kleinen, isolierten, mangelhaften Selbst gelebt haben. In diesem Moment des Erkennens mögen wir versucht sein, einer weiteren Täuschung zu unterliegen: »Mit mir stimmt etwas nicht, weil ich immer wieder in diese Trance verfalle.« Doch mit jedem Erwachen von Bewusstheit, mit jedem Gewahrsein und Zulassen dessen, »was geschieht«, löst sich unsere eingeengte Identität weiter auf, und wir entspannen uns mehr in unsere natürliche Ganzheit hinein.

      In jener Nacht an meinem Altar fiel ein altes Selbstbild von mir ab. Aber wer war ich dann? In jenen Augenblicken spürte ich, dass sich die Wahrheit dessen, was ich war, nicht in einer Idee oder einem Bild meiner selbst erfassen ließ. Sie lag vielmehr in dem Zustand der Präsenz selbst – in der Stille, der wachen Offenheit –, die sich wie Heimat anfühlte. Mich durchflutete ein Gefühl der Dankbarkeit und Ehrfurcht, das mich seitdem nie wieder ganz verlassen hat.

      Seitdem habe ich von vielen Wegen des Erwachens erfahren, und zu den meisten von ihnen gehört ein formelles oder informelles Aufmerksamkeitstraining. Eine Freundin von mir lernte in einem Malkurs, jenseits aller Ideen von »Bäumen« oder »Wolken« in eine geheimnisvolle Welt sich ständig wandelnder Formen, Schattierungen und Essenzen zu schauen. Sie erklärte: »Statt als Beobachterin eine bestimmte Art von Baum zu sehen, war da einfach diese subjektive Innigkeit lebendiger Strukturen, Farben … Ich war Teil eines Tanzes der Lebendigkeit.« Eine Mutter berichtete, wie sich ihr Gewahrsein nach einem Kurs zum Dialog mit Jugendlichen veränderte. Während sie ihrer Tochter zuhörte, löste sie sich bewusst von ihren Vorstellungen darüber, wie ihre Tochter sein sollte, und ließ einfach den Klang ihrer Stimme und den Blick aus ihren Augen auf sich wirken und spürte nach, was das Herz ihrer Tochter wohl mitteilen wollte. Dieses wertfreie Zuhören erweiterte auch ihr eigenes Selbstgefühl: »Ich war nicht mehr in der Rolle der kritischen Mutter gefangen – endlich ein frischer Wind!«

      Eine regelmäßige Meditationspraxis ist der zuverlässigste Weg, unsere Aufmerksamkeit darin zu schulen, die Trance zu bemerken – das Auftauchen der vertrauten, tiefsitzenden Geschichten von Schuld und Versagen, von alten Ängsten, Ärger oder Depression. In den folgenden Kapiteln zeige ich, wie wir uns darin üben können, immer wieder zur Präsenz zurückzukehren, und wie die Erkenntnis dessen, wer wir sind, uns immer bewusster werden lässt. Im Laufe der Zeit werden wir immer schneller erkennen, wann wir uns in der Trance verloren haben, und wir werden wissen, dass die Anschuldigung unserer selbst oder anderer oder der Welt oder das Streben nach Kontrolle oder Perfektion kein Ausweg sind. Das Leiden der Trance wird uns vielmehr daran erinnern, in den gegenwärtigen Moment heimzukehren und uns mit der umfassenderen Wahrheit dessen, was wir sind, zu verbinden.

      Die Erfahrung, zu unserem wahren Selbst zu erwachen, ist schwer zu beschreiben. Der indische Lehrer Sri Nisargadatta sagt dazu: »… in der Erkenntnis fühlen Sie sich vollständig, erfüllt, frei … und doch nicht immer fähig, zu erklären, was passiert ist … Sie können es nur in negativen Begriffen ausdrücken: ›Mit mir ist nichts mehr verkehrt.‹« Wenn sich die Schleier der Trance lüften, erleben wir immer noch, wie die Freuden und Nöte, die Hoffnungen und Ängste unseres kleinen Raumanzug-Selbst kommen und gehen, aber wir definieren uns nicht mehr über sie. Wir nehmen die Dinge nicht mehr so persönlich, wir meinen nicht mehr, dass »mit uns etwas nicht stimmt«. Stattdessen fangen wir an, der Unbefangenheit und Güte jenes Wesens zu trauen, das unsere Trance uns nicht erkennen ließ. Wir erleben dies als eine enorme Erleichterung und einen Geschmack von Freiheit.

       Geführte Meditation

      Die Meditation der Herzensgüte (das Pali-Wort Metta bedeutet »Freundschaft, liebevolle Zuwendung« und wird auch oft mit »liebende Güte« übersetzt) ruft uns unsere Verbundenheit mit allem Leben ins Bewusstsein. Sie beginnt in der Regel mit einer fürsorglichen Hinwendung zu uns СКАЧАТЬ